Hallo Gerhard,
auch ich ärgere mich oft darüber, daß es manchen Hundehalter anscheinend gar nicht interessiert, was sein unangeleinter Hund so alles anstellt, und bei Hundebegegnungen werden sie oft erst dann vorsichtig, wenn der Kontrahent ihres Hundes um einiges größer ist als ihr eigener Hund. Mir sind schon einige Welpen und Junghunde deswegen gebissen worden, auch sind meine Hunde beim Arbeiten (z.B. Fährte suchen) schon oft gestört oder gar angegriffen worden. Auch unser Schäfer hat sich schon häufiger beschwert, daß manche Leute ihre Hunde "zum Spielen" zwischen seine arbeitenden Hütehunde laufen lassen. Es ist schon unglaublich, was einem da alles passieren kann.
Trotzdem bin ich davon abgekommen, andere Hundehalter, egal wie sehr mich ihr Verhalten aufregt, anzuzeigen, selbst wenn mich ihr Hund irgendwo mit Krallen oder Zähnen leicht verletzt hat. Letztendlich hat der Boxer nicht Dich, sondern Deinen Hund beißen wollen, und Dich nur versehentlich erwischt. Schlimm genug, daß das seinem Besitzer anscheinend egal war, aber schlimmer ist es für uns alle, wenn solche „Bagatellverletzungen" (Sorry, aber das ist so etwas nun mal für mich) dramatisiert werden. Hier in unserer Stadt sind die Ärzte schon so weit, bei einem markstückgroßen blauen Fleck ohne Hautabschürfung eine „schwere Bißvereltzung eines Schäferhundes" zu attestieren! Je mehr von solchen Bagatellverletzungen gemeldet werden, desto mehr schneiden wir Hundehalter uns ins eigene Fleisch, denn erst sind es nur bestimmte Rassen, die unter den neuen VO’s leiden müssen, danach alle großen Rassen (wenn gewisse Leute merken, daß nicht nur Pit Bull Zähne besitzen, sondern auch Boxer und Golden Retriever) und danach alle Hunde (auch kleine Hunde können z.B. Kleinkinder schwerst Verletzungen zufügen). Wir leben halt inzwischen in einer Welt, die total verrückt spielt. Auf der einen Seite werden erwachsene Menschen, die ein Kind vergewaltigen und anschließend umbringen, nur zu 4 jahren Haft verurteilt (und nach 2 Jahren laufen sie wieder frei herum), auf der anderen Seite wird ein einjähriger Hund, der jemandem, übrigens ohne aggressive Absichten, einen blauen Fleck zufügt , zu lebenslangem Maulkorb- und Leinenzwang verdonnert.
Im Falle des Boxers würde ich persönlich zur Gegnwehr greifen. Auch wenn ich meine, daß dieses eher der Halter des Hundes verdiehnt hätte, würde ich diesem Hund das nächste mal z.B. mit einem Pfefferspray bewaffnet gegenüberstehen. Wie gesagt, eigentlich müßte der Halter das Zeug abkriegen, aber den Boxer bringt das eine Mal auch nicht um und der Halter wird vielleicht vorsichtiger werden (aber bloß nicht ganz versprühen, denn vielleicht wird es noch zur Abwehr des wutschnaubenden Halters benötigt…). Außerdem wird der Boxer dadurch vielleicht sogar generell vom raufen abgehalten, auch bei anderen Hunden.
Warscheinlich möchtest auch Du nicht, daß plötzlich in den Schlagzeilen der örtlichen Presse erscheint „Boxer fällt im Wald wehrlosen Menschen an", denn irgendwo trifft das ergebnis dieser Schlagzeilen auch Dich und Deinen kleineren Hund. Aber so etwas wird schnell daraus gemacht, schließlich haben wir das Sommerloch und die Kampfhundedebatte hat ja eine gute Vorlage gegeben. Ich selbst bin gestern im Spiel von meiner 4 Monate alten Hündin, die noch ihre Welpenzähnchen hat, etwas unsanft erwischt worden: zwei recht tiefe Kratzer, ca. 3 cm lang, und heute Morgen war der Arm an dieser Stelle ziemlich dick. Ich werde damit nicht zum Arzt gehen, und auch wenn mich ein fremder Hund in gleicher Weise erwischt, ist das für mich eine Bagatelle, wo ein bischen Jod draufkommt und dann ist’s gut. Sicher, Du konntest 2 Wochen nicht ins’s Fitness-Studio, aber das hättest Du doch auch nicht gekonnt, wenn Du Dir den selben Kratzer beim Kirschenpflücken an der Rinde des Baumes zugezogen hättest. Oder wärst Du damit einfach nicht zum Arzt gegangen und hättest dann gar nicht gewußt, daß Du damit nicht trainieren darfst?
Fragende Grüße
Antje