Hallo Diana,
du hast Recht, dir Sorgen zu machen aber noch keinen Grund zum Verzweifeln. Wie dir andere bereits empfohlen haben ist ein Weg zum Tierarzt auf jeden Fall zu empfehlen, um krankheits- oder verletzungsbedingte Aggression auszuschließen. Zusätzlich solltet ihr auch selbst über ein paar Tage Berührtests an allen Körperteilen, Ohren etc. machen um eine eventuelle Abwehr festzustellen.
Wenn keine Krankheit/ Entzündung etc. vorliegt ist es aber viel wahrscheinlicher dass euer Hund jetzt mit seinen zwei Jahren "bossig" wird, ein Verhalten, das sehr häufig bei Rüden dieses Alters vorkommt. Ich schildere mal kurz einen typischen Werdegang: Ein Rüde in Einzelhaltung mit normalem Durchsetzungsvermögen, der in einer freundlichen Hundegruppe immer wieder spielt, hat nicht, wie es in einem echten Rudel üblich ist, einen "Vorgesetzten", der ihn auf den Boden der Tatsachen zurückholt (Vater, Alpha-Rüde, ranghöheres Tier) und ihm seine Grenzen zeigt. Je verträglicher und duldsamer die anderen Hunde sind, desto mehr steigt dem jungen Rüpel seine vermeintliche Straffreiheit zu Kopf und er wähnt sich schon als der Rudelking. Möglicher Rangverlust durch konkurrierende andere Hunde werden dann als Bedrohung angesehen und der Heißsporn will sich durchsetzen. Hat er, wie in diesem Beispiel, die meist nur angedeuteten Imponier- und Durchsetzungsgebärden nicht gelernt, kann es zu einem bösen Kampf kommen, wenn er auf einen weniger duldsamen Zeitgenossen trifft, schließlich ist seine Selbstüberschätzung ja lange Zeit ins uferlose gewuchert (oft, wenn auch nicht immer bewusst, gefördert von den Haltern, die ihm das Zusammentreffen mit dominanten Rüden, die ihn mores gelehrt hätten, "ersparen" und unwillkürlichen Unterstützungen seines Durchsetzungstriebes).
Was kann man/ muß man machen? Es ist die Frage, was ihr erreichen wollt. Soll sich der Hund weiterhin unter Artgenossen tummeln können, kommt ihr um eine Umerziehung nicht herum. Im Prinzip gibt es da zwei Wege, den der reinen Erziehung und den der Kastration + Erziehung. Mit einer Kastration erreicht man häufig (aber durchaus nicht immer) dass dem Hund ein wenig "Brennstoff" für sein ins Kraut schießen verloren geht. Mit geeigneter Erziehung kann man ihn dann in die Gruppe zurück sozialisieren. Die reine Erziehungsmaßnahme ist aufwendiger, ich halte sie aber im Prinzip bis auf Härtefälle für besser:
1. Und das gilt generell: Wenn du das Rudelleittier bleiben willst/ werden willst, ist es dein absolutes Recht, die Aggressionen der Rudelmitglieder zu kontrollieren (in diesem Falle deine Pflicht!!). Insbesondere an der Leine mußt du deinen Hund unter Kontrolle bringen können, sonst zerrt er dich nämlich bald in Teufels Küche. So sehr ich für motivationsorientierte Ausbildung bin (und davon auch nicht abrücke), in einem solchen Fall der Intervention kommst du um eine angemessene Strafe nicht herum. Je nach Verhalten des Hundes kann das Leinenruck, gebrülltes nein, umwerfen und unterordnen/ unten halten sein, so lange, bis der Hund aufhört. Dann aber, mindestens ebenso wichtig, muss der Hund bestätigt werden, Lob/Spiel/Leckerli, sobald er das, was er nicht darf nicht mehr tut. Ihr müsst ihm ein alternatives, lobgestärktes Verhaltensangebot machen. Ein guter Übungsplatz für so was ist zum Beispiel vor dem Zaun eines Lieblingsfeindes eures Hundes. Immer wieder dran vorbei, bis er durch Intervention und positive Bestärkung weiß was ihr von ihm wollt.
Das Kontrollieren der Aggression eures Hundes an der Leine ist die eine Sache, die zweite ist das Verhalten in der Gruppe. Ein guter Übergang wäre nach erfolgreichem ersten Teil (ca. 1 Woche) der Übergang in die Gruppe, in der er sein neues Verhalten weiter festigen soll.
Die dritte Stufe wäre dann ein stufenweises Zusammenführen mit weiteren Hunden, ich würde mit einem einzigen anfangen (im Garten oder so) und ihn für unauffälliges Verhalten/ Spielen loben. Ansätze von Unterdrückung sind aber sofort zu ahnden!! Ich empfehle zu dem Zweck, den Hund sofort aus dem Spiel zu nehmen (ohne Schimpfen oder so, du weißt nicht, was der Hund sich darauf für einen Reim macht), anleinen und ab nach Hause. Lernziel des Hundes: bin ich bossig ist das Spiel zu Ende. Schimpfen und trennen haben oftmals einen gegenteiligen Erfolg, der Hund wird durch die zur Schau gestellte Aggression noch angestachelt, also nichts sagen und auch nicht sauer sein.
Generell heißt es: Eueren Hund sticht vermutlich der Hafer, deswegen ist er aber eigentlich kein schlechter Kerl und ihr solltet ihm auch nicht zürnen, sondern ihn einfach und ohne viel emotionale Umstände wieder auf Kurs bringen.
Ich habe das selbst mit einem Rüden in unserer Bekanntschaft erlebt, nach wenigen Wochen war das Ganze kaum noch ein Thema, heute spielt er selig und problemfrei im Kreis seiner Lieben.
Risiken und Nebenwirkungen: Im Falle, dass dein Hund aus Angst (wenn möglicherweise auch versteckt) so handelt, ist eine Intervention nicht angesagt. Angst kann durch Einfordern der Rangordnung nicht kuriert werden, es deutete aber in deiner Erklärung nichts auf Angst hin (falls es sich doch als solche rausstellt, sag bitte bescheid).
Beste Grüße und alles Gute Antje