Aggression gegenüber Menschen :: Hundeerziehung + Soziales

Aggression gegenüber Menschen

von Martina(YCH) am 14. August 2003 21:46


Hallo!
Habe hier schon ähnliche neue Themen gesehen, kann unser Problem aber nicht damit gleichstellen....
Vor ca. 5 Tagen kamen 2 Radfahrer so schnell um eine Ecke gebogen, dass der erste fast mich umfuhr, und der zweite gerade noch vor meinen Hunden stoppen konnte. Balu (1 1/2, kastriert, der helle ;O)) rannte daraufhin kläffend hinter den sofort weiterfahrenden Radlern her.... Benni blieb gelassen.Konnte leider nicht sehen, warum und wo er stoppte, da `ne weitere "Ecke" im Weg war. Am nächsten Tag kamen 2 Jogger aus einem Parallelweg, Balu rannte über ein ausgetrocknetes Flußbett und stellte die beiden (rannte erst hinterher, setzte auch noch mal nach und verbellte dann). Mein anderer Hund blieb ruhig.Die beiden Jogger waren so schlau und blieben stehen, nach 2-3 mal rufen kehrte Balu zu mir um, ich schickte ihn ins Platz.
Nun führe ich ihn an der Schleppleine, 1x wäre er auch wieder hinterher gerannt, lief also in die Leine (mit Geschirr).
Bin nun seitdem jeden Abend mit ihm unter Leute gegangen (leicht besuchte Biergärten...) und heute in die Stadt. Uns kam ein Kind auf Inlinern entgegen, Balu sprang von meiner rechten Seite kläffend nach links zum Kind. Seine Handlung ist dabei überschießend, also nicht vorher erkennbar, unheimlich schnell und seine Belle sehr hektisch und aggressiv. Ich blieb ruhig, machte aber einen Schnauzgriff und "Pfui ist das". Danach kamen immer mal einige Radfahrer an uns vorbei- keine Reaktion... Tja, dann war es wiedr so weit: Der zweite aus einem dreier Grüppchen, gleiche Reaktion von Balu...... Meine Reaktion auch, wie zuvor beschrieben.
Noch was zur Vorgeschichte von Balu:
8 Wochen, Balu wirkt sehr gelassen, nimmt seine Umwelt sicher entgegegen.
4 Monate Wespenangriff, ca. 20 Stiche, Balu bekommt Kortison
7 Monate Balu hat einen Allergieschock auf ein Enzym (gegen Infektion im Mund), 1 Nacht in der Tierklinik, als wir gingen war Balu halb bewußtlos
Balu kann schlecht alleine bleiben, nur mit Benni zusammen, etwas nervöser
8-9 Monate Balu kann kaum mehr laufen, schwerste HD, Goldimplantation, schlägt sofort an, trotzdem noch ab und zu Schmerzen?!
Balu langsam hektischer, kläfft öfter, zu Hause ruhig, Eifersucht auf Benni (1/2 Jahr älter), beißt ihn draußen in Schwanz, wirft den großen zu Boden (Verletzungen), zu Hause keine Rebellion, Benni bleibt "Bestimmer"
Balu sehr auf "Hundedamen" fixiert, immer nervöser, kläfft nun Besuch an, wenn er rein kommt
Balu 14 Monate wird kastriert, schlägt schnell an, läuft nicht mehr zu jedem Hund, immer noch sehr nervös (sieht draußen aus wie hyperaktiv, keine innere Ruhe)
Eifersucht steigert sich draußen immer mehr, wir stärken bennis Rang (höhere Liegeplätze, strikte Aufmerksamkeitstrennung)
Balu rennt plötzlich aggressiv zu Pferden und mobbt unterwürfige Hunde,
Schleppleinentraining, Bachblüten
Den aktuellen Stand kennt ihr ja von oben.
Ich habe nun in einer Woche`wieder eine Einzelstunde (Fr. Gräfenstein, Duisburger Tierheim), die ich für sehr kompetent halte. Sie bringt auch 2 fremde Personen mit, ich denke es werden Problemsituationen nachgestellt...
Vielleicht habt Ihr erste Ideen, schreibe auch gerne noch mal was zu Balus Eifersucht gegen Benni....
Ach ja, vielleicht noch was zu Balus Erziehung ung Sozialisation-
Ich selber bin mit Hunden groß geworden (Schäferhund-Zucht), habe auch 2 ausgebildet. Ich weiß, das heißt nichts, aber ich bilde mir ein, dass mein Wissen auf ziemlich neuen Stand ist ( nicht mehr SV-Manier!!). Beide Hunde haben die Welpenstunde besucht, waren in Zoos, Bahnhof etc., besuchen nun diverse andere Gruppen (Benni Agility, hat Hundeführerschein), Balu (Kunststücke, Unterordnung), haben jeden Tag Kontakt zu Artgenossen und wenn ich es schaffe auch jeden Tag etwas für`s Köpfchen.... Ich bin daher echt ratlos, weiß nicht was schiefgelaufen ist. Was würdet ihr gesundheitlich alles checken lassen, was ist mit Genetik und wie gehts nun weiter???
Bin über viele Antworten echt dankbar, da ich doch ziemlich fertig bin. Verlier so langsam das Vertrauen in Balu....
grüße, Martina


von Antje & Dark Angels(YCH) am 15. August 2003 06:31

Hallo Martina,

ich kann deine Gefühle gut nachvollziehen. Wie es scheint hast du dich intensiv mit Hunden beschäftigt, in Theorie und Praxis. Das Problem, das man dann leicht kriegt (ging mir auch schon so) ist, je mehr Handlungsalternativen man sich schafft, desto mehr ist man geneigt, immer und überall zu handeln; dann kommt es vor, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht.
Balus Einschätzung der Situation ist ja verständlich: Schnelle Annäherung von Fremden kann bedrohlich sein. Also mach ich demjenigen klar: "so nicht, Freundchen". Was machst du in der Situation? Du bestätigst ihm, dass da was ist. Du reagierst nämlich immer auf die Situation und stellst damit fest, da ist was. Dass du ihm situativ klar machst, in der Situation nicht, spielt für den Hund keine Geige. Beobachte mal, was ein Hund macht, wenn er irgendwo herumläuft, wo er keine Schwierigkeiten erwartet. Beobachtet er da die Bäume, ob sie heute nicht doch auf ihn zuspringen? Mitnichten. Was nicht wichtig und nicht bedrohlich ist, wird ignoriert. Das wäre auch der Weg, mit Balus Einschätzung der Situationen umzugehen: Demonstriere ihm, dass da nichts an der Situation dran ist: Ignoriere sie (und ihn) demonstrativ. (Das geht natürlich zum Übern erst mal nur an der Leine, ignorieren wenn er schon 50 m von dannen ist, wird er kaum merken:-)). Du machst ihm damit klar, dass es in dieser Situation nichts, aber auch gar nichts gibt, was man beachten müsste. Kümmer dich nicht darum, ob er bellt oder zieht, geh weiter und schau demonstrativ in andere Richtungen (das ist vor allem eine Übung für dich, damit du nicht doch immer wieder in die Problemrichtung schaust), zieh ihn ohne irgendwelche Einwirkungen einfach weiter mit, kein Kommentar, kein rucken, kein gar nix.

Das hat bei uns Wunder bewirkt. Aber auch für uns war es erst mal schwer, aktiv "nix zu tun" :-))

Viel Glück und beste Grüße

von Martina(YCH) am 15. August 2003 08:49

Hallo Antje!
Hmm, bin ehrlich gesagt über das "ignorieren" am Grübeln. Meine Frage ist dabei "Wird das Ignorieren Balu beeinflussen, denn er hat doch trotzdem Erfolg. Schließlich verschwinden ja die Radler etc. nach seinem Angriff. Wo liegt dann die Motivation um es zu ändern?"
Bei dem Kind auf Inlinern gestern war es z.B. so, dass ich mich gerade mit einer Freundin unterhalten habe und das Kind gar nicht gesehen habe, also auch keine Spannungen bei mir waren...und trotzdem hatte sich Balu nun mal dieses "junge Gefährt" ausgesucht.
Ist es nicht für ihn einsichtiger, wenn ich positives Verhalten belohne, als auch "Nicht-Angst-haben" belohne und den Angriff ruhig (meine ohne schreien und hektische bewegungen von mir)bestrafe?
Grüße, Martina

von Susanne & Zasko(YCH) am 15. August 2003 10:17

Hallo Martina,

Ich schreibe jetzt mal nur etwas zu deiner letzten Frage, denn ihr werdet ja in den Einzelstunden auch entsprechend üben und ich bin im Grunde derselben Meinung wie Antje. Nicht erwünschtes Verhalten ignorieren, erwünschtes Verhalten bestärken. Mehr dazu kommt gleich in einer Antwort auf deine Antwort an Antje.

:Was würdet ihr gesundheitlich alles checken lassen, was ist mit Genetik und wie gehts nun weiter???

Was mir als allererstes durch den Kopf schoß, als ich das Posting gelesen habe: Schilddrüse!!! Es klingt nach einer Schilddrüsen-Unterfunktion. Charakterisch dafür ist überschießendes, aggressives Verhalten ohne Vorwarnung, je nach Ausprägung entweder immer in bestimmten Situationen auftretend oder aber auch so, dass sehr ähnliche Situationen mal toleriert werden und mal nicht. Aber dann praktisch in einer "alles oder nichts" Mentalität. Du solltest also auf alle Fälle die Schilddrüse überprüfen lassen. Sybille hat letztens im Gesundheitsforum die Werte die bestimmten werden sollten aufgeführt und einen Link zu einer sehr informativen Seite gesetzt, ich setz' dir mal 'nen Link zum Posting von Sybille.
Ansonsten würde ich auch die Nebennierenrinden-Hormone (v. a. Cortison-Wert) und evtl. Testosteron bestimmen lassen.

Liebe Grüße
Susanne & Zasko

von Antje & Dark Angels(YCH) am 15. August 2003 10:48

Hallo Martina,

der Knackpunkt ist ja der: du belohnst (oder strafst) ja Verhalten. Das heißt, du machst aus der Situation etwas, worauf der Hund reagieren will. Das heißt umgekehrt auch, der Hund "sucht" förmlich nach solchen Situationen, in denen er gelobt werden kann, beachtet also immer und auf jeden Fall ähnliches Verhalten.
Mit dem Ignorieren machst du ihm als Vorbild klar, "Da gibts nichts zu beobachten", "das ist normal". Natürlich funktioniert das nicht, sobald du nur einmal, wie du es jetzt mit dem Kind beschrieben hast, zufällig nicht drauf geachtet hast. Wichtig ist ja auch nicht, ob du die Situation im Vorwege nicht hast kommen sehen, sondern vor allem, wie du reagierst, wenn die Situation da ist und dein Hund schon bellt. Auch und gerade dann ist das ignorieren wichtig.
Ich habe Ernst mit seinem Problem "Kläffender Kleinhund" hier im Forum ebenfalls dazu geraten und wie bei uns auch hat sich nach einigen Tagen eine erhebliche Besserung eingestellt siehe "Kleinhund kläfft nicht mehr". Wenn du erst mal versuchst, absichtlich zu ignorieren, siehst du, wie oft wir in solchen Situationen interagieren, mit den anderen Leuten kommunizieren, Verhaltensentwicklung beobachten usw. Kein Wunder dass unsere Hunde denken, da ist weiss gott was los.

Beste Grüße Antje

von Susanne & Zasko(YCH) am 15. August 2003 11:00

Hallo Martina,

ich häng' mich mal mit ein

: Hmm, bin ehrlich gesagt über das "ignorieren" am Grübeln. Meine Frage ist dabei "Wird das Ignorieren Balu beeinflussen, denn er hat doch trotzdem Erfolg. Schließlich verschwinden ja die Radler etc. nach seinem Angriff. Wo liegt dann die Motivation um es zu ändern?"

Es gibt letztendlich zwei Ansatzpunkte bei dieser Strategie. Der eine Ansatzpunkt ist, dass er lernen soll, dass da gar nichts schlimmes ist, dazu m u s s t du ihm vermitteln, dass alles okay ist, also darfst du in keiner Weise reagieren, denn dich interessiert das ja gar nicht.
An diesem Ansatzpunkt kannst du immer und überall arbeiten.

Der zweite Ansatzpunkt ist, ihm zu zeigen, dass er eben keinen Erfolg hat, dass kannst du aber nur mit gestellten Situationen. Wie das ablaufen kann, hab' ich ja schon ein paarmal beschrieben und deinem Ursprungsposting nach, hast du ja hier auch schon einiges von den Threads gelesen. Und wenn deine Trainerin noch Leute mitbringen will, dann schätze ich mal, dass sie genau an diesem Punkt arbeiten will. Warte doch mal ab, was sie vor hat und was sie dir für unterwegs rät. Es gibt bei solchen Fällen mehrere Strategien, die auch immer vom Hund und Halter abhängig sind. Hier im Forum kann man nur allgemein raten, ein guter Trainer vor Ort kann die Motivation mit einbeziehen. Ich bin allerdings der Meinung, dass eine Mischung von verschiedenen Strategien nichts außer Verwirrung bringt. Deshalb der Rat: Warte erst mal ab, was bei den Einzelstunden herauskommt.

Liebe Grüße
Susanne & Zasko

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