Hallo,
jetzt, wo ich doch wild entschlossen bin, mir später mal einen eigenen Hund anzuschaffen, lese ich hier und in anderen Foren gerade intensiver.
Richtungswechsel, wenn der Hund an der Leine zieht - auf diesen Tipp stoße ich immer wieder. Bin ich schon damals drauf gestoßen, als ich ab und an mit dem Beagle unserer Nachbarn spazieren gegangen bin. Der kannte damals noch keine Hundeschule und hörte leider auf fast gar nichts und ich ging auch nicht täglich mit ihm raus, sondern nur ab und an.
Der Beagle war - ist - übrigens ganz schön groß und er ist stark!!! Ich musste ihn damals, als er knapp 1 Jahr alt war, schon ganz schön gut halten und erinnere mich noch an eine Situation im Winter, wo ich mit meinen glatten Schuhen schlichtweg von ihm Gassi gezogen wurde, ohne mich dagegen wehren zu können. Ich schlidderte einfach hinter ihm her. Es muss für ihn anstrengend gewesen sein, immerhin bringe ich auch meine 50kg auf die Waage - aber der Schnee und die Glätte erleichterten ihm vermutlich einiges an Arbeit und minderten keineswegs seinen Spaß.
An trocknen Tagen versuchte ich es mit plötzlichem Umdrehen. Richtungswechsel, wie ich es in vielen Foren gelesen habe. Soweit die Theorie.
Was für ein Spaß!! Ich glaube, genau das war es, was der Beagle sich dabei dachte! Er zeigte sich extrem flexibel, raste schwanzwedelnd an mir vorbei und zog dann halt in die andere Richtung. Aber er zog.
Wir gingen keinen Meter - Richtungswechsel war ja wieder und wieder angesagt. Das Spiel hätte sich - glaube ich - unendlich oft wiederholt, und vermutlich wäre mir irgendwann bis zum Kotzen schwindelig geworden. Ihm nicht.
Arg übertrieben ist das wirklich nicht. Meine Konsequenz - ich glaube sehr wohl, dass das wichtig ist - habe ich irgendwann nach 5 Minuten aufgegeben, denn sonst hätten wir uns wirklich bis zum Erbrechen im Kreis gedreht. Aber dann lese ich wieder, wie gefährlich das ist. Leuchtet mir auch ein. Der Hund lernt dadurch: Irgendwann - ich muss nur doll genug ziehen - gibt sie schon nach. Aber ich kann mich doch wirklich nicht endlos lange im Kreis drehen?!
Oft bin ich mit ihm auch gelaufen, aber er hatte wesentlich mehr Kondition als ich. Es hat ihm einen Heidenspaß gebracht, und egal, wieviel wir gerannt waren, oder wie lange - nach Hause wollte er noch lange nicht. Immer auf dem Rückweg fing dann der Spaß mit: In-die-Leine-beißen an.
Gerade habe ich gelesen, dass man das ignorieren soll. Ehrlich gesagt, ich hatte Angst, dass er mal daneben treffen könnte. Passiert das denn nie???? Kann ich mir gar nicht vorstellen. Wenn da so ein Hund plötzlich hochspringt, ein einziges, ausgelassenes Powerbündel mit scharfen Zähnen, dann kann der doch irre leicht mal die Hand treffen, oder ist Euch das nie passiert?
Er hat mich nie gebissen - aber ich bin dann sofort ängstlich und vorsichtig geworden und eigentlich habe ich nachgegeben. Habe lieb mit ihm gesprochen, habe ihm manchmal ein Leckerli gegeben und ihn Sitz machen lassen (das klappte meist), ihn gestreichelt.... um ihn irgendwie wieder runter zu kriegen. Aber dann konnte ich leider doch nur 5-10 Schritte gehen - und schon biß er wieder herzhaft in die Leine rein, sprang hoch und höher und kam meiner Hand immer ein Stück weit näher. Bis zum nächsten Leckerli....
Aber was wäre denn die Alternative? Meine Finger als Leckerli-Ersatz? Das kann es doch auch nicht sein.
Ich gehe schon lange nicht mehr mit ihm weg, weil die Besitzer ihre Arbeitszeiten umstellen konnten und selbst dazu kommen, regelmäßig mit ihm raus zu gehen. Aber trotz Hundeschule, die er inzwischen besucht hat und trotz des Umstands, dass meine Nachbarn kräftiger sind als ich.... wenn ich sie Gassi gehen sehe, fühle ich mich immer unweigerlich an den Wintertag mit meinen rutschigen und glatten Schuhen erinnert. Der Hund dürfte jetzt so ungefähr 4-5 Jahre alt sein. Die Nachbarn hängen nach wie vor an der straff gespannten Leine und werden konsequent (der Hund ist wirklich konsequent!) hinterher gezogen.
Der Labrador - in den ich mich gerade wirklich verliebt habe (siehe "Mein Erster Hund"
ist da wesentlich pflegeleichter gewesen. Es war so angenehm, mit dem mit oder ohne Leine zu gehen.
Trotzdem: Die Theorie zum Thema An-der-Leine-ziehen scheint mir so gaaaaaanz anders als die Praxis.
Und was, wenn ein Hund da so richtig seinen Spaß dran hat? Das kann doch auch super spannend sein? Warum sollte er durch so ein lustiges Spiel eigentlich lernen, dass ICH ihm sage, wo es längs geht? ER bestimmt doch, wie oft ich mich im Kreis zu drehen habe. Und irgendwann wird einem entweder schlecht oder man muss aus irgendwelchen Gründen halt doch nach Hause.
Gerne wüde ich deswegen später einen älteren Hund aufnehmen, den ein Anderer schon mal etwas vor-erzogen hat. Irgendwie denke ich auch, dass die Hunde aus Tierheimen - manche werden ja als nur lieb und dankbar und anhänglich beschrieben - wirklich so sind, wie sie beschrieben werden. Oder ist das völlig naiv?
Viele Grüße
Anila