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Werde ich es in den Griff bekommen?

geschrieben von Anila 
Werde ich es in den Griff bekommen?
29. März 2009 00:35
Hallo,

doofe Frage eigentlich in einem Forum, in dem mich niemand kennt. Aber das ist die Frage, die ich mir immer wieder derzeit stelle.

Ich interessiere mich stark für einen Hund, der allerdings schon 3 Jahre und somit ausgewachsen ist, und der alles andere als klein ist, es ist wohl ein Schäferhund-Hovawart-Mix. Wenn er neben mir auf dem Sofa sitzt, überragt er mich um einen ganzen Kopf.

Meine Tochter und ihre Freundin haben ihn aufgegabelt, als er alleine auf Tour gegangen ist und ich hatte ihn somit schon etwas kennenlernen können, bevor er am nächsten Tag ins TH kam. Er ist freundlich zu Jedermann, lässt sich problemlos überall anfassen und sucht die Nähe der Menschen. Er ist freundlich zu anderen Hunden, Joggern, Fahrradfahrern, Kleinkindern - halt zu Jedermann.

Das bestätigen auch die Mitarbeiter aus dem TH und das ist für mich - neben der Tatsache, dass er katzenverträglich sein soll, die wichtigste Vorrausetzung, die er somit erfüllt.

Der Vorbesitzer hat den Hund schweren Herzens zur Vermittlung freigegeben, weil er - krankheitsbedingt - nicht mehr genügend Zeit für den Hund hatte. Die Grunderziehung wurde vermutlich aus diesem Grund schon länger vernachlässigt. Zwar kennt der Hund die Grundkommandos, aber die größte Baustelle ist sicherlich, dass er wie ein Berserker an der Leine zieht. Die ersten Meter sind einfach nur peinlich: Noch ein Windstoß - und ich, die ich nämlich nicht mehr auf die Waage bringe als der Hund - würde wie ein Drachen hinter ihm her segeln und vom Boden abheben. Nach einigen Metern - bzw. nach ca. einem halben Kilometer legt sich die erste Aufregung und manchmal hängt die Leine dann sogar locker durch. Die Mitarbeiter aus dem Tierheim fliegen übrigens ebenfalls die ersten Meter hinter ihm her, und das schon seit über einer Woche und andere Interessenten, die es lt. TH vor mir gegebem hat (und die kräftiger gebaut waren als ich) haben sich davon abschrecken lassen!

Traue ich mir zuviel zu, wenn ich meine, ausgerechnet ihn aufnehmen zu können? Meine Erfahrungen beschränken sich derzeit auf 2 ganz gut erzogene Labradore, mit denen ich regelmäßig rausgehe und auf sehr viele Fachbücher, die ich gelesen habe. Aber es wäre mein erster eigener Hund. Den Willen, mit ihm zu arbeiten bringe ich mit, Konsequenz und Disziplin auch. Nächste Woche werde ich täglich mit ihm zur Probe rausgehen, dann werde ich meine Entscheidung treffen.

Es wäre bei einem klaren "Ja", wenn ich das Gefühl hätte, das Leineziehen ein wenig in den Griff zu bekommen. Oder ist es unrealistisch, innerhalb einer Woche kleine Anzeichen in Richtung Fortschritt sehen zu wollen? Sollte ich vom ersten Tag an das Stop-and-Go-Prinzip anwenden? Oder wäre das zu frustrierend, womöglich kontraproduktiv, da ich (noch) nicht seine Bezugsperson bin?

Soll ich ihn am Anfang nach herzenslust ziehen lassen und belohnen, sobald er es mal nicht tut?

Oder schleift sich dann schon was für "später" ein, wo ich das vielleicht (nee, bestimmt) abstellen möchte?

Wie würdet Ihr diese Probewoche nutzen? Welche Erwartungen sind realistisch, welche sind unrealistisch? Wie lange wird es dauern, bis man einen 3jährigen Hund leinenführig bekommt? Ich kann mir nicht vorstellen, dass er auch seinen Besitzer IMMER so hinter sich hergezogen hat, deswegen glaube ich, dass er sich die eine oder andere Unart zugelegt hat, als der Besitzer nicht mehr soviel Zeit für den Hund hatte, aber ich gehe davon aus, dass der Hund vielleicht alles auch schon mal kannte. Wissen tue ich das nicht.

Viele Grüße
Anila

29. März 2009 09:14
Huhu,

klingt nach einem naja nicht ganz einfachen Problem. Da es dein erster eigener Hund wird scheint alles bis auf Größe und das Ziehen natürlich ganz gut. ABER: Was ist, wenn der Hund doch mal Aggressionen gegenüber anderen Hunden zeigt? Dann hast du keine Chance ihn zu halten. Und das bringt schnell schlimme Gefahren.
Ich würde es bei einem so starken Hund wahrscheinlich von Anfang an mit Halti probieren. Meist lässt das Ziehen dann schnell nach und es lässt sich einfacher Arbeiten. Wobei ich halt immer der Meinung bin, dass man einem Hund körperlich gewachsen sein muss. Und das bist du eindeutig nicht. Ich persönlich würde mir diese Last nicht aufladen.
Gehe zur Zeit selbst mit drei Hunden spazieren (alle zusammen...). Mein Hund (Labbirüde 8 Jahre) läuft dabei brav an der Leine, geht an anderen Hunden ohne Probleme vorbei und kann meist frei laufen. Der andere Rüde (Huskymix (sehr groß) ca. 11 Jahre) läuft auch brav an der Leine, wobei er auch mal Ermahnungen bei anderen Hunden braucht und nie von der Leine kann. Und die Hündin dazu (Münsterländermix 6 Jahre). Sie zieht wie dämlich an der Leine, ich arbeite seit einem halben Jahr mit ihr, einzeln, wenn meine Freundin mit mir zusammen geht und auch nach dem gemeinsamen Spaziergang nochmal mit ihr alleine. Ich kann kaum einen Fortschritt erkennen, da einfach nie jemand ihr Grenzen setzt. Ich gehe jetzt, wenn ich mit den dreien Unterwegs bin und sie an der Leine bleiben muss (aufgrund des Jagdtriebes) führe ich sie mit dem Halti. (Obwohl sie recht klein ist.) Aber sonst ist es einfach kein Spaziergang sondern eine Qual.
Das soll dir nur aufzeigen, dass es echt lange dauern kann bis sich etwas bessert und das echt anstrengend werden kann. Also ich würde mir das ganze sehr, sehr gut überlegen.

LG Frieda

29. März 2009 15:19
Hallo Anila,

es sieht so aus, als hättest du einen Traumhund gefunden.

Quote Anila:
Ich interessiere mich stark für einen Hund, der allerdings schon 3 Jahre und somit ausgewachsen ist, und der alles andere als klein ist, es ist wohl ein Schäferhund-Hovawart-Mix.
Er hat also die Zeit der großen Neugier und der vielen Überraschungen schon fast hinter sich.
Quote :
Meine Tochter und ihre Freundin haben ihn aufgegabelt, als er alleine auf Tour gegangen ist und ich hatte ihn somit schon etwas kennenlernen können, bevor er am nächsten Tag ins TH kam. Er ist freundlich zu Jedermann, lässt sich problemlos überall anfassen und sucht die Nähe der Menschen. Er ist freundlich zu anderen Hunden, Joggern, Fahrradfahrern, Kleinkindern - halt zu Jedermann.
Herz, was willst du mehr!
Wenn der Hund allein unterwegs war, hat er Lebenserfahrung und kann offensichtlich Situationen sehr gut selber einschätzen. Lass dich auf ihn ein. Schau, was er tut und lässt.
(Vielleicht bist du ja auch auf das Buch "Das Geheime Leben der Hunde" von Elisabeth Marshall-Thomas gestoßen. Es wäre für dich vielleicht interessant.)
Quote :
Der Vorbesitzer hat den Hund schweren Herzens zur Vermittlung freigegeben, weil er - krankheitsbedingt - nicht mehr genügend Zeit für den Hund hatte. Die Grunderziehung wurde vermutlich aus diesem Grund schon länger vernachlässigt.
Was ist Grunderziehung?
Wenn man z.B. nicht gut laufen kann, ist es ein großer Vorteil, wenn man den Hund nicht an der Leine führen muss. So könnte er doch perfekt den Freilauf gelernt haben?
Quote :
Zwar kennt der Hund die Grundkommandos, aber die größte Baustelle ist sicherlich, dass er wie ein Berserker an der Leine zieht. Die ersten Meter sind einfach nur peinlich:
Das ist z.B. bei Tierheimhunden normal. Und da gibt es einen ganz einfachen Tipp. Erst mit dem Hund mitlaufen. Hat er alles Wesentliche erkundigt, dann fängt man mit dem Fußgehen an. Click und Futter helfen dabei ungemein.
Quote :
Die Mitarbeiter aus dem Tierheim fliegen übrigens ebenfalls die ersten Meter hinter ihm her, und das schon seit über einer Woche und andere Interessenten, die es lt. TH vor mir gegebem hat (und die kräftiger gebaut waren als ich) haben sich davon abschrecken lassen!
Auch das ist überaus normal. Unser erster Hund, er war damals schon acht Jahre alt, hat Interessenten, überwiegend ältere Damen, im Zickzack über die Straße gezogen. Meine Frau war nicht wesentlich schwerer als er. Bei ihr ging er perfekt an der Leine. Bei mit hat er gezogen. Ich habe es lernen müssen.
Quote :
Den Willen, mit ihm zu arbeiten bringe ich mit, Konsequenz und Disziplin auch. Nächste Woche werde ich täglich mit ihm zur Probe rausgehen, dann werde ich meine Entscheidung treffen.
Streiche das Wort arbeiten aus der Beziehung zu dem neuen Hund. Ihr wollt Verständigung lernen. Danach die Welt gemeinsam erobern.
Quote :
Oder ist es unrealistisch, innerhalb einer Woche kleine Anzeichen in Richtung Fortschritt sehen zu wollen?
Ich könnte jetzt gemein sein und sagen, dass 20 Minuten reichen. Aber dazu muss man die Regeln kennen.
Quote :
Soll ich ihn am Anfang nach herzenslust ziehen lassen und belohnen, sobald er es mal nicht tut?
Nach Herzenslust ziehen lassen auf keinen Fall. Nimm eine etwa 6m lange Bandleine (Nylon). Die kann schmucklos und selbstgemacht sein. Dann suche einen Weg mit Laternenpfählen. Arrangiere es so, dass er auf der anderen Seite vorbei geht. Sage seinen Namen und bleibe stehen. Am Laternenpfahl brauchst du keine Kraft, den Hund zu halten. Du wartest einfach, bis er sich in deine Richtung in Bewegung setzt. Dann click und Futterstück und danach gehst du flott zum nächsten Punkt, der ihn interessiert.
Er wird, wenn es nicht weiter geht, ungläubig schauen. Wenn er sich nach der Prozedur schüttelt, dann ist etwas angekommen bei ihm.
Der rote Faden für dich ist einfach auf folgenden Nenner zu bringen:
Der Hund kann deutlich machen, wohin er gehen möchte. Dann gibst du erkennbar dein Einverständnis. Versucht er es durch Ziehen, geht nichts. (Zur Not wirfst du einen Klappanker aus. winking smiley)
Es ist kein Problem der Leinenführigkeit. Es ist ein Problem der Verständigung. Im übrigen geht dabei der Bindungsaufbau rasend schnell.
Quote :
Wie würdet Ihr diese Probewoche nutzen? Welche Erwartungen sind realistisch, ...
Sei einfach neugierig auf den Hund. Er soll unterwegs auf seinen Namen durch Aufnehmen von Blickkontakt reagieren. Das ist die wesentliche Voraussetzung für den Rest.

tschüß martin

29. März 2009 15:33
Hallo Anila,
vielleicht ist es ja der Hund, welcher auf EUCH gewartet hat......
Wenn du mit den Rasseeigenschaften von Schäferhund und Hovawart klar kommst, bekommst du auch die Leinenführigkeit in den Griff. Meiner hat damals sofort das Stop & Go begriffen. Es gibt ja auch professionelle Hilfe.....
Vielleicht kannst du die Probezei auch etwas verlängern (obwohl man eigentlich sofort merkt, ob die Chemie stimmt).
LG
Yvonne

29. März 2009 22:21
Hallo,

also erstmal an Euch alle: Vielen Dank für den Zuspruch!! Gefühlsmäßig fahre ich Achterbahn und pendle zwischen einer großen Freude und dem Gedanken, vielleicht den Traumhund gefunden zu haben - aber auch genau den Bedenken, die Frieda nämlich anspricht - und die meiner Meinung nach durchaus bedenkenswert sind. Wenn Rudi mit Kraft in die Leine springt, werde ich ihn nicht halten können!

Es scheint aber andererseits auch so zu sein, wie Martin es schreibt: Der ist nicht das erste Mal alleine unterwegs und er scheint Konflikten aus dem Weg zu gehen.

Martin, an dich habe ich noch eine Frage: Du schreibst einmal: Mit einem TH-Hund läuft man erstmal mit, und dann erst, wenn sich die erste Aufregung gelegt hat, kann man mit ihm ein paar Übungen machen (das Wort "Arbeit" ist für mich persönlich übrigens nicht negativ besetzt). Das leuchtet mir ein.

Dann sagst du aber auch: Auf keinen Fall soll man ihn nach herzenslust ziehen lassen - und du gibst ein ebenfalls einleuchtendes Beispiel mit Laternenpfeilern.

Aber "erstmal mitlaufen" bedeutet doch, dass er auf diesen paar Metern oder Kilometern eben doch nach Herzenslust zieht?

Das ist für mich ein Widerspruch. Tut mir leid, wenn ich vielleicht begriffsstutzig bin. Beides leuchtet mir absolut ein - nur kriege ich die beiden Puzzlestücke zeitlich nicht zusammen gesetzt, weil es für mich Widersprüche zu sein scheinen.

Vielleicht sollte ich meinen Kopf auch einfach besser mal etwas ausschalten?

Mit dem fast 10jährigen Labrador, mit dem ich regelmäßig am Sonntag rausgehe, klickere ich auch. Er hat es wahnsinnig schnell kapiert und der Clicker ist ein Hilfsmittel, was mir wirklich sehr hilft. Als ich den Labrador kennengelernt hatte, hat er mich komplett ignoriert - und jetzt dreht er sich oft um, kommt zu mir und ist neugierig auf alles, was ich mache.

Ich werde im TH mal fragen, ob ich während der Probezeit den Klicker einführen darf.

Viele Grüße
Anila

30. März 2009 09:33
Grüß Dich Anila,

Quote Anila:

Wenn Rudi mit Kraft in die Leine springt, werde ich ihn nicht halten können!
Das wird schon richtig sein. Aber wenn es überraschend geschieht, holt dich auch ein sehr viel kleinerer Hund von den Beinen.
Quote :
Der ist nicht das erste Mal alleine unterwegs und er scheint Konflikten aus dem Weg zu gehen.
Das ist der Punkt. Der Hund hat keinen Anlass, in die Leine zu springen. Die meisten Zerrer wurden irgendwann längere Zeit halbherzig von z.B. anderen Hunden ferngehalten. Und so lernten sie, ihre Kraft einzusetzen.
Quote :
Martin, ... Du schreibst einmal: Mit einem TH-Hund läuft man erstmal mit, und dann erst, wenn sich die erste Aufregung gelegt hat, kann man mit ihm ein paar Übungen machen . Das leuchtet mir ein.

Dann sagst du aber auch: Auf keinen Fall soll man ihn nach herzenslust ziehen lassen - und du gibst ein ebenfalls einleuchtendes Beispiel mit Laternenpfeilern.

Aber "erstmal mitlaufen" bedeutet doch, dass er auf diesen paar Metern oder Kilometern eben doch nach Herzenslust zieht?
Das war nicht klar ausgedrückt. Ich habe mir Turnschuhe angezogen und bin die kurzen Strecken von einm zum nächsten Hot-Spot einfach mitgejoggt. Auf dem Rückweg zum Tierheim, in dem der volle Futternapf wartete, habe ich dann die ganzen Fußgeh-Übungen gemacht.
Quote :
Vielleicht sollte ich meinen Kopf auch einfach besser mal etwas ausschalten?
Das ist eine ganz ausgezeichnete Idee. Du hattest dich in der Vergangenheit abgefüttert, mit allem, was man über Hunde weiß. Jetzt ist es an der Zeit, deine Intuition im Zusammensein mit dem Hund zu schärfen. Beobachten, registrieren, probieren, Gemeinsamkeit empfinden.
Quote :
Mit dem ... Labrador, ..., klickere ich auch. Er hat es wahnsinnig schnell kapiert und .... Als ich den Labrador kennengelernt hatte, hat er mich komplett ignoriert - und jetzt dreht er sich oft um, kommt zu mir und ist neugierig auf alles, was ich mache.
Das entspricht ganz meinen Erfahrungen. Damit hast du aber auch ein hervorragendes Vortraining für dich selber absolviert.

Quote :
Ich werde im TH mal fragen, ob ich während der Probezeit den Klicker einführen darf.
???
Du fragst doch auch nicht, ob du NEIN sagen sollst oder PFUI, wenn er etwas aufnimmt? Es ist deine Art, eine Kommunikation aufzubauen.
Quote :
(das Wort "Arbeit" ist für mich persönlich übrigens nicht negativ besetzt)
Nein, das ist es für mich auch nicht. Aber im Zusammenhang mit Hunden ist das Wort für mich verdorben worden.

tschüß Martin