Hallo Martin (und Ihr Anderen),
ich berichte mal von meinem heutigen Ringkampf!
Der Hund war heute noch nicht draußen und er wurde mir am Tor übergeben. Er saß direkt davor (wäre bestimmt besser, wenn ich zuerst rausginge. Er würde mich allerdings dann halt sofort über den Haufen rennen). Jedenfalls: Die Pflegerin öffnet das Tor und wir fliegen raus.
Ich war die ersten 10 Minuten(!) nur damit beschäftigt, nicht hinzufallen und dafür zu sorgen, dass wir nicht auf die Fahrbahn gezogen werden. Ich konnte den Hund nicht kontrollieren und war nach 10 Minuten auch ehrlich gesagt schon ganz nass geschwitzt und außer Atem. Wenn ich es mal schaffte, dass er wirklich gar nicht vorwärts kam, wurde er etwas ruhiger. Ich sagte "Fein", machte einen Schritt nach vorn und er raste wieder los, so dass ich immer etliche Schritte hinterhergezerrt wurde und erst mein Gleichgewicht wieder finden musste. Ich weiß nicht, was ich da hätte anders machen müssen oder können.
Dummerweise ist meine Zeit begrenzt. Wenn ich das 3-4 Stunden durchhalten würde, würde er vielleicht kapieren, dass er nicht durch Ziehen ans Ziel kommt und er würde trotzdem noch auf seinen Spaziergang kommen. Bei meiner begrenzten Zeit wollte ich ihm den Spaziergang nicht ganz vorenthalten.
Nach ca. 10 Minuten wurde er ruhiger, es war kein Kämpfen mehr, die Leine war "nur" noch meist straff, aber immerhin so, dass ich ihn, wenn es noch stärker wurde, bremsen konnte. Leckerchen hat er gar keine angenommen (vielleicht war er gerade gefüttert worden?), mein Klicker kam daher nicht zum Einsatz (ich kenne es so, dass man ihn erstmal einführt mit: Klick + Leckerchen - bis der Hund weiß: Nach dem Klick kommt eine Belohnung. Danach belohne ich auch mit anderen Dingen). Als der Rudi etwas ruhiger wurde, habe ich mal versucht, ihn für einen Stock zu begeistern und den ein wenig geworfen - aber der interessierte ihn auch nicht.
Ich habe dann versucht, Suchspiele mit ihm zu machen (Leckerchen versteckt). Er hat kurz an der Stelle geschnüffelt, ist dann aber sofort zur nächsten Schnüffelstelle gezogen (im wahrsten Sinne des Wortes). Im Wald habe ich die Laternenpfeiler-Methode ausprobiert, allerdings nur mit der 2m-Leine. Sobald der Hund angebunden war, war er sofort ruhig. Offenbar kennt er das und weiß: Jetzt geht gar nichts vorwärts. Und er akzeptiert das. Er guckte interessiert in der Gegend herum, hat sich aber nicht von mir anlocken lassen, ist auch nicht zu mir gekommen, hat nicht einmal in meine Richtung geschaut! Damit habe ich nicht gerechnet.
Als er dann irgendwann mal flüchtig in meine Richtung geguckt hat, habe ich ihn mit Weitergehen belohnt, die Methode dann aber nicht weiter verfolgt. Hätte ich? Obwohl er sich möglicherweise hingesetzt und einfach abgewartet hätte? - Wie gesagt - meine Zeit war ja nun mal auch begrenzt, ich bin ja berufstätig.
Auf dem Rückweg war er immerhin so entspannt, dass ich die Leine nicht mehr doppelt genommen hatte, sondern ihn an der 2m-Leine habe laufen lassen. Bin auch mal mit ihm gejoggt, ohne Angst zu haben, er würde jetzt rasen und ich kann uns nicht mehr bremsen. Dann bin ich immer wieder stehen geblieben (er hat jetzt nicht mehr so gezogen) und habe ihn gelockt. Er ist zu mir gelaufen und wir sind dann wieder ein Stück gejoggt. Oft genug musste ich aber lange warten, bis er kam. Von einer prompten Reaktion kann keine Rede sein.
Als wir wieder zum TH kamen, zog er aber wieder sehr stark. Ich musste nun auch ins Büro, war doppelt so lange wie geplant mit ihm unterwegs und war zeitlich nicht in der Lage, ganz konsequent nur dann weiter zu gehen, wenn die Leine ganz durchhängt. Zu halten war er jetzt trotzdem ganz gut - aber ehrlich gesagt nicht, weil er was kapiert hat, sondern weil er ein wenig laufen konnte.
Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass er keinen Jagdinstinkt hat (wie man mir sagte), denn der geht wie ein Staubsauger immer mit der Nase am Boden durch den Wald, schnell atmend. Dass er meinen Katzen nicht nachjagen würde, würde ich momentan nicht drauf ankommen lassen wollen.
Dass er wirklich keine Katzen jagt, glaube ich erst, wenn ich es gesehen habe. Ich werde weiterhin die nächsten Tage ins TH gehen, aber wenn es täglich bei einem Ringkampf bleibt, dann nehme ich ihn nicht mit zu mir. Der TH-Leiterin habe ich das gesagt und wenn sich, während ich noch täglich komme, jemand findet, der einfach besser passt, dann ist das so. Und für den Hund besser, als wenn ich ihn wieder zurück bringen würde. Na ja, für mich wären es dann ein paar praktische Erfahrungen mehr - auch das ist was wert.
Ich kann schlecht einschätzen, wieviel Auslastung der eigentlich braucht. Am Samstag hatte er ja auch sehr gezogen zu Beginn. Nicht ganz so wie heute - und da kam er gerade von seinem Spaziergang zurück!
Wie kann ich es anstellen, die ersten Minuten besser zu gestalten? Selbst, wenn es mir gelänge, zuerst durch das Tor zu gehen - ich bin sicher, der würde sofort in irgendeine Richtung an mir vorbeisausen. Er rennt dann wirklich einfach los - und ich glaube, mit aller Kraft, die er hat und mehr als mein eigenes Gewicht kann ich ihm dann ja nicht entgegen setzen.
Was ich schwierig fand, war auch, dass ich nicht in der Lage war, seine Aufmerksamkeit irgendwie zu mir zu richten (jedenfalls nicht während der ersten 20 Minuten). Allerdings hatte das auch bei Max etwas gedauert. Aber der hat ja nie so gezogen und er ließ sich von allem Anfang für Suchspiele begeistern oder ab und an mal Ball werfen (mache ich selten, wg. seiner HD). Auf jeden Fall hatte der schnell raus, dass ich doch irgendwie ganz super spannend bin. - Wenn der allerdings eine frische Reh- oder Hasenfährte aufnimmt, dann hört er nicht. Und vom Verhalten her - vom Abschnüffeln des Bodens, vom begierigen Verfolgen von Spuren - da sehe ich zwischen Max und Rudi gar keinen Unterschied, während ich vielen Hunden begegne, die ganz anders durch den Wald laufen. Also: Kein Jagdinstinkt bei Rudi - glaub ich nicht.
Was hätte ich heute alles besser und anders machen können? Was könnte ich morgen besser machen? Wie komme ich insbesondere besser über die ersten 500, absolut unkontrollierbaren Meter?
Viele Grüße
Anila