Hallo Facelle,
erstmal: Toll, dass du Lou so toll sozialisiert hast! Ich finde ihr Verhalten erstmal eigentlich ganz normal, insbesondere, wo sie ja von einem Hund sogar mal gebissen wurde. Da gibt es viele Hunde, die dann gleich die ganze Rasse oder alle ähnlich aussehenden Hunde in einen Topf werfen und auf die aggressiv oder angstaggressiv reagieren, und das tut Lou nicht.
Dass Lou nun für alles die Verantwortung übernehmen will, glaube ich nicht. Ich glaube daher auch nicht, dass du in diesem Falle an deiner Rudelführung arbeiten musst. Ich finde, sie zeigt eine normale hündische Reaktion - nur gefällt uns Menschen die halt nicht.
Grob gesehen gibt es 2 Varianten:
Variante 1
Du kannst dieses Verhalten unterbinden. Z.B., indem du genau in dem Moment, wo du schon merkst, dass sie anfängt, sich gleich aufzuregen, scharf "Hey" sagst und wenn sie kein besonders sensibler Hund ist, kannst du sie auch etwas anstupsen. Das ist eine körperliche Zurechtweisung und sie wird darauf überhaupt nicht gefaßt sein und höchstwahrscheinlich ihre Aufmerksamkeit auf dich lenken. Jetzt kannst du sie loben und belohnen.
Das ist somit eine Strafe, die sie für ihr Verhalten bekommt und die muss auf den Hundetyp angepaßt sein. Die darf natürlich nicht so sein, dass sie danach völlig verschreckt ist, aber sie muss schon so sein, dass sie auch Wirkung zeigt. Beim nächsten Mal dürfte dann ein "Hey" genügen.
Variante 2
Gerade, wenn der Hund eher unsicher und sehr sensibel oder sogar aus Angst sich so verhält, wie er es tut, würde ich diese Variante wählen.
Du hältst den Abstand so, dass sie sich noch nicht in irgendein Verhalten hineinsteigert, dass sie also ansprechbar bleibt.
Trainiere mit ihr das "Schau-Kommando", bei dem sie dich ansehen soll. Damit kannst du die Aufmerksamkeit auf dich lenken, und gerade, wenn der Feind "in Sicht" ist, auch ein langes Fixieren unterbrechen. Wenn du bemerkst, dass sie sich gleich aufregen wird, sagst du "Schau" und belohnst sie mit Leckerchen.
Nun habt Ihr nur 2 Feinde. Wenn ein Hund jeden Hund angeht, kann man auf die Weise das ganze Futter zu Trainingszwecken einsetzen. Futter gibt es dann immer dann, wenn der Feind auftaucht.
Dann hat man etwas, was mit viel Freude verbunden ist und etwas, was mit viel Angst/Wut verbunden ist. Wichtig ist auch hier wieder, dass der Hund noch gut ansprechbar ist. Die Emotion Angst/Wut ist sonst schnell stärker als jede Ablenkung. Wenn er noch gut ansprechbar ist, dann ist das Futter und alles Positive, was damit verbunden ist, stärker.
Es geht nicht von heute auf morgen, aber irgendwann bedeutet das Gekläff vom Giftzwerg (der ja außerdem völlig harmlos ist, er sitzt ja hinterm Zaun und kann nicht wirklich was tun): Hey, gleich gibt's was Leckeres!
Ich selbst habe einen unsicheren Hund, der aber prophylaktisch schon mal mindestens einen Scheinangriff startet oder auch mal schnappt. Früher sei er jeden Hund angegangen und hätte auch gebissen, aber man hatte schon mit ihm gearbeitet, bevor ich ihn bekam. Er hatte schon mehrere Besitzerwechsel und eine Zeitlang auch bei jemandem gelebt, die derzeit sehr in den Schlagzeilen steht wegen tierquälerischer Haltung.
Mit meinem Hund habe ich mit der Variante 2 gute Erfolge erzielt. Als ich ihn bekam, hatte er allerdings schon große Fortschritte gemacht und da, wo viel Ausweichmöglichkeiten und viele Hunde sind, ist er ganz entspannt. Wenn wir allerdings lange Zeit in seinem Revier keine fremden Hunde treffen, dann sind insbesondere Rüden immer noch ein Problem.
Aber mittlerweile fixiert er sie nicht mehr, er rennt auch nicht mehr vor, sondern er kommt zu mir, schaut mich an und wartet auf seine Belohnung. Bis ich dann die Belohnung herausgekramt habe, ist der Hund schon längst vorbei, oder er ist einfach gar nicht mehr so schlimm, denn da er ihn nicht schon minutenlang fixieren konnte, hat er sich ja gar nicht erst so sehr in irgendeine Aufregung hinein gesteigert.
Wichtig ist bei beiden Varianten, dass du es möglichst gar nicht einmal zum Bellen kommen lässt, sondern vorher schon - wenn du die allerersten Anzeichen von Aufregung registrierst - reagierst.
Viele Grüße
Anila