Hallo Morgaine und Juliane, plus wehrte Mitleser,
eigentlich sollte ich an meinen Büchern sitzen, aber es zog mich wie magisch zum Rechner...
:Kann es sein, daß er "richtiges Unterwerfen" noch lernen muß? Und meint ihr, daß er das in unserer Gruppe lernen kann? Er traut sich ja kaum noch, mitzuspielen, wobei er heute eigentlich kein einziges mal richtig untergebuttert wurde. Vielleicht doch alles eine Frage der Zeit?
Ich könnte mir gut vorstellen, daß er "richtiges Unterwerfen" noch lernen muß, und das kann er in einer Gruppe, die er schon kennt wahrscheinlich streßfreier. Gebt ihm etwas Zeit, er wird bestimmt wieder mit den anderen Kontakt aufnehmen und nach und nach rauskriegen, wie er es anstellen muß damit sie mit ihm spielen und ihn nicht gleich unterwerfen. Sollten die anderen ihn aber ständig rundmachen ohne das er vorher Kontakt aufgenommen hat, ihn also nicht ignorieren solang er einfach nur da ist, wäre es wohl angebrachter die Gruppe aufzulösen. Auch ein sozial unangepaßter Hund hat ein Recht auf Unversehrtheit, er lebt ja nicht in freier Wildbahn.
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:Weist du vielleicht, was das mit dem Gefiepe auf sich hat? Ich erlebe das nämlich oft und beobachte, das mein Hund bei einem solchen Verhalten meist den anderen Hund zumindest anknurrt. Würde ich in dem Moment stehen bleiben, würde es sofort zu einem Kampf kommen (ist schon oft vorgekommen, nur laufe ich meist weiter, wie gesagt). Nur habe ich noch nie etwas Stichfestes über diese Art vom Verhalten gehört oder gelesen, obwohl ich es eigentlich als typisches Problemverhalten einschätzen würde, wegen der Häufigkeit, mit der es vorkommt und weil es immer derselbe Ablauf ist. Ich kann es also soweit einschätzen, wie ich es beobachtet habe, bzw. was passiert,wenn..., aber kann mir absolut keinen Reim darauf machen, was es bedeutet.
Ich kann mich auch nicht erinnern, jemals speziell zu diesem Fiepsen etwas gelesen zu haben, und ich hab glaube ich schon viele Bücher durch. Ich hab es auch selbst noch nicht besonders beobachtet, bzw. gehört. Dafür kenne ich eine ähnliche auch öfters auftretende Situation, der fremde Hund kommt folgendermaßen auf meinen zu. Der erste Eindruck ist Unterwürfigkeit (Kopf abgeduckt, Ohren leicht nach hinten, Rücken leicht krumm, Rute tief gehalten und verhaltend wedelnd), andererseits fixiert er aber meinen mit dem Blick (was wiederum eine Drohung ist). Früher blieb mein Hund relativ entspannt stehen, der andere kam ganz ran, stupste manchmal sogar noch kurz in den Maulwinkel, um im nächsten Moment zu versuchen bei meinem aufzureiten. Heute wird mein Hund stocksteif, wenn er einen anderen Hund derart kommen sieht und knurrt ihn an. Ob irgendwer dabei fiept kann ich nicht sagen, da ich i.R. sofort einen Bogen gehe, wenn mein Hund auf einen anderen trifft. Früher bin ich auch oft stehen geblieben, in der beschriebenen Situation hat es dann meistens kurz gescheppert zwischen den Kontrahenten (meist ist der fremde dann wieder abgehauen), auch da kann ich mich nicht an fiepen erinnern, aber ich hab auch nicht drauf geachtet. Alle Hunde, die das von mir beschriebene Verhalten zeigten, waren nicht älter als zwei Jahre.
Ich hab aber schon gehört, daß Hunde Unterwüfigkeitsgesten gezielt anwenden, um bestimmte Ziele einfacher zu erreichen. Wenn man betont unterwürfig beschwichtigend daher kommt, kann man dem (bereits satten) Chef schonmal den Knochen entwenden, völlig selbstsicher oder mit Drohung klappt das nicht so gut.
Fiepsen verbinde ich mit Welpen, vielleicht ist es auch eine Beschwichtigungsgeste (klingt erstmal logisch, ist aber nur eine Idee von mir).
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:ENTSCHULDIGE BITTE! Ich habe irgendwie überhaupt nicht in Erwägung gezogen, das sich der Kleine untypisch oder unnormal verhält.
Da über den Kleinen eigendlich nicht viel geaues gesagt war, hatte ich mich an der Beschreibung von Youri, als völlig normalverträglich orientiert. Und daher war ich davon ausgegangen, daß der Kleine irgendwas gemacht haben mußte, was Youri mehr oder weniger zu dieser für ihn fast untypischen Reaktion zwang.
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Normalverhalten - Problemverhalten
Normalverhalten ist für mich alles, was auch unter natürlichen Bedingungen vorkommt, also im Extrem auch das Töten von sozial unangepaßten Artgenossen.
Problemverhalten ist für mich alles was mir im Umgang/Zusammenleben mit dem Hund als Problem erscheint oder auch dem Hund selbst Probleme macht, das können auch Teile des Normalverhalten sein. Wieder das Beispiel Artgenossen-Tötung, das kann ich nicht erlauben, da ich Ärger mit den Besitzern bekomme und mein Hund behördlich verordneten Leinen- /Maulkorbzwang. Weniger drastisch: Anspringen von Personen, eigentlich Normalverhalten, da der Hund ordentlich begrüßen will, Problemverhalten, da er Leute beschmutzt, erschreckt, gefährdet.
Es gibt natürlich auch Problemverhalten, dem kein Normalverhalten zugrunde liegt, das also genetisch-, krankheits- oder erfahrungsbedingt ist.
Man sieht, ich bin auch kein Vertreter der "niemals-eingreiffen" Fraktion, es kann immer spezielle Umstände geben, wo nichts anderes möglich ist.
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Ich hatte doch versprochen, noch etwas über Rangordnung und Dominanz zu schreiben:
(Es entstammt hauptsächlich meinen Notizen vom Seminar bei Frau Quandt, entsprechende Aussagen findet man aber auch bei anderen Autoren)
Manche Lebewesen müssen, um ihr eigenes Überleben zu sichern, in Sozialverbänden leben. In solchen Verbänden konkurrieren aber alle um genau dieselben Ressourcen, daher haben sie auch ein hohes Aggressionspotential.
Da offene Aggression aber leicht zu Verletzungen und in der Natur somit zum Tod führen, wurden sie durch ritualisierte Verhaltensweisen ersetzt. Ritualisierte Aggression nennt man Dominanz, ritualisierte Angst Unterwürfigkeit, beides zusammen Sozialverhalten.
Ranghoch sind solche Tiere, die am besten mit diesen ritualisierten Gesten arbeiten, offene Aggression ist meist ein Zeichen von Unsicherheit und niedrigem Rang (Ausnahme s.u.). Je aggressiver ein Tier agiert, desto gefährdeter ist es, desto weniger dominant ist es.
Aggressionen kommen im Wolfsrudel fast ausschließlich zur Ranzzeit vor, sie beruht auf den hormonellen Umstellungen. In dieser Zeit finden auch die meisten Führungswechsel statt. Dabei wird das Alpha-Tier jedoch nie vom Beta-Tier angegriffen, sondern von noch rangtieferen Rudelmitgliedern. Verliert Alpha den Kampf, so rückt das Beta-Tier in die Alpha-Position auf. Da Alpha und Beta sich außer im Alter oft kaum unterscheiden, wäre es für Beta viel zu riskant, einen Beschädigungskampf zu suchen in dem es tödlich verletzt werden könnte.
Rangordnung hat also nichts damit zu tun, wer sich in einzelnen Auseinandersetzungen durchsetzt, sondern mit Intelligenz und gutem Sozialverhalten.
Dominantes Verhalten allein ist kein Zeichen von hohem Rang (s.o.), das Alpha-Tier kann andere auch durch plakativen Gebrauch von Demutsgesten zu bestimmten Handlungen (z.B. Fellpflege) animieren.
Je höher ein Tier in der Rangordnung steht, über desto mehr Ressourcen (Futter, Liegeplatz, Fortpflanzungsmöglichkeit, etc.) verfügt es. Erst wenn es diese oder sich selbst bedroht fühlt, wird es dominantes Verhalten zeigen und nur in Ausnahmefällen, wenn dies nicht reicht und die Ressource es wert ist, aggressiv reagieren. Ein sattes Alpha-Tier hat keinen Grund Futter zu verteidigen.
Alpha-Tiere sind souverän, lassen sich nicht provozieren und zwingen keinen etwas zu tun, maximal sie und ihre Ressourcen in Ruhe zu lassen.
Kein Alpha-Wolf zwingt ein anderes Rudelmitglied mit auf die Jagd zu gehen. Hat der andere keine Motivation, z.B. Hunger, kann er auch am Bau bleiben. Der Mensch, der seinen Hund zwingt etwas zu tun, demontiert seine eigene Führungsposition.
Viele Haushunde sind dominant und schätzen sich selbst ranghöher als den Besitzer. Dennoch kommt es in den wenigsten Fällen zu Aggressionsproblemen, da die Hunde und ihre Besitztümer meist nicht vom Menschen bedroht werden. Bsp.: Sie dürfen auf "ihrem" Sessel sitzen bleiben, da für die Menschen genug andere vorhanden sind. Sie dürfen "ihr" Futter oder Spielzeug verteidigen, da es als ihr "normales" Recht angesehen wird, oder sind ständig so satt, daß es ihnen egal ist, wenn der Knochen weggenomen wird. Probleme tauchen erst dann auf, wenn der Hund Sachen verteidigt, die der Mensch ihm nicht zu billigt.
Ob ein Hund gut auf seine Hör- oder Sichtzeichen reagiert ist von der Rangordnung völlig unabhängig, sondern liegt an der Motivation und der bereits erfolgten Verknüpfung der Signale.
Hunde streben nicht grundsätzlich die Alpharolle an, haben sie einen Halter der diese Rolle gut ausfüllt, sind sie mit ihrer Position zufrieden. Nur wenn der Besitzer mehr oder weniger eklatante Führungsmängel zeigt, bleibt dem Hund nichts anderes übrig, als selbst diesen Posten zu übernehmen. Aber auch dann treten Probleme erst auf, wenn er Ressourcen beansprucht, die wir nicht abgeben wollen.
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Uff, das war´s zunächst, sobald möglich erzähle ich noch wie gewünscht von mir bekannten Hunden mit Schwierigkeiten im Sozialverhalten.
Bis denn,
Anke