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Dominanzproblem?

geschrieben von Sandra W.(YCH) 
Dominanzproblem?
19. November 1998 15:06

Hallo Zusammen,

eine Kollegin von mir schilderte mir folgendes Problem mit
ihrem 5 Jahre alten Mischlingsrüden (etwa kniehoch):

Ihr Mann wollte dem Hunde heute morgen nach dem Gassi gehen
die Pfoten sauber machen, da sie voll Schnee waren und sich
an den Pfoten so kleine Eisbällchen gesammelt haben. Robby hat
ihn angeknurrt und die Zähne gefletscht und in den Jackenärmel
von Herrchen gebissen. Vor ca. 1 ½ Jahren ist das schon mal
passiert. Allerdings wesentlich heftiger. Da hatte Robby,
jedesmal wenn man an seine Pfoten wollte, nach demjenigen gebissen.
Wenn man ihn strafen wollte, ist er nur noch aggressiver geworden.
Es war wohl so schlimm, daß die Familie überlegte, ob sie ihn weggeben,
da sie auch Angst hatten, ihn mit den Kindern allein zu lassen.
Die Kollegin erzählte mir, daß Robby dann vorübergehend wo anders
untergebracht wurde. Als er dann wieder zurück war, ist das (bis heute)
nicht wieder passiert.

Ich habe gefragt, ob er irgend etwas an den Pfoten habe.
Die Antwort ist nein, er ist lediglich einer von den Hunden,
die ständig auf ihren Pfoten rumkauen. Beim Tierarzt oder im
Hundesalon läßt er sich anstandslos (unterwürfig) gefallen, daß
an ihm bzw. seinen Pfoten rumgefrimelt wird.

Meiner Meinung nach hat der Hund ein eindeutiges Dominanzproblem.
Bzw. die Halter.
Noch zur Info: Robby ist extrem aggressiv gegenüber jedem Rüden.
Spaziergänge sind laut meiner Kollegin immer Streß.

Bevor ich meiner Kollegin Ratschläge gebe, möchte ich gerne
Eure Meinung (Vorschläge) dazu kennen.

Vielen Dank schon mal,

Gruß Sandra


20. November 1998 20:03

Hallo Sandra,

warum leckt denn Robby dauernd seine Pfoten? Das müßte wohl erst geklärt werden, bevor man von einem Dominanzproblem spricht. Es könnte sein, daß er das aus Langeweile macht oder weil er Schmerzen hat (wobei Lecken aus Langeweile auch irgendwann zu Schmerzen führt). Normal ist Pfotenlecken sicher nicht. Kannst Du Dir vorstellen, wie weh das tut, wenn die Haut an Deinen Händen durch ständiges Waschen (Lecken) geschädigt ist, dann draußen Eis rankommt und Dir das jemand abreißt?
Was soll der arme Hund denn machen?
Kurzfristig würde ich die Pfoten nur in lauwarmen Wasser auswaschen, und dann zum Tierarzt gehen, um das Grundproblem zu klären.
Wenn das Beißen tatsächlich nur in dieser Situation vorkommt, hat das nichts mit Dominanz zu tun.

Grüße
Regine

21. November 1998 14:45

Hallo Regine,

:warum leckt denn Robby dauernd seine Pfoten?
grinning smileyas müßte wohl erst geklärt werden, bevor man von einem Dominanzproblem
:spricht. Es könnte sein, daß er das aus Langeweile macht oder weil er
confused smileychmerzen hat (wobei Lecken aus Langeweile auch irgendwann zu Schmerzen
führt). Normal ist Pfotenlecken sicher nicht.

Laut Aussage meiner Kollegin hat der Tierarzt an den Pfoten von Robby nichts
feststellen können. Sie hat das natürlich schon untersuchen lassen. Ich habe
sie auch gefragt, ober genug Auslauf usw. hat und ob er in die Familie integriert
ist. Ihre Antwort lautete ja.


:Was soll der arme Hund denn machen?
:Kurzfristig würde ich die Pfoten nur in lauwarmen Wasser auswaschen,
:und dann zum Tierarzt gehen, um das Grundproblem zu klären.

Das mit dem warmen Wasser habe ich ihr auch vorgeschlagen. Beim Tierarzt
war sie schon. s.o.


Übrigens, meine Hündig leckt auch an ihren Pfoten. Ich habe den Tierarzt
schon ein paar mal nachgucken lassen. Sie hat nichts an den Pfoten. Und
langweilig ist ihr auch nicht. Sie hat am Tag mindestens 2 Stunden Auslauf
und hat Gesellschaft von 2 Menschen und noch einem Hund. Darüber habe ich
schon oft nachgedacht, woran das liegen könnte, daß sie ihre Pfoten als
eine Art "Dauerlutscher" ansieht.

Jetzt weiß ich allerdings immer noch nicht was ich meiner Kollegin raten soll?

Gruß Sandra

21. November 1998 16:58

Hallo Sandra,

Pfotenlecken kann verschiedene Ursachen haben: Schmerz, Verhaltensstörung, Übersprungshandlung, schlechte Angewohnheit (vergleichbar dem Fingernägelkauen des Menschen). Ich würde versuchen, die Situation erstmal durch das Waschen nach dem Spaziergang zu entspannen und dann daran arbeiten, daß der Hund mich in allen Situationen an seine Pfoten läßt. Vielleicht hat er auch sehr viele Haare zwischen den Ballen, dann tut das Rausziehen von Eisklumpen ja auch weh (bei meinem schneide ich die Haarbüschel mit einer Babynagelschere kürzer im Winter). Außerdem würde ich den Hund jedesmal belohnen, wenn ich seine Beine und später seine Pfoten berühren kann. Das kann eine Weile dauern, aber der Hund wehrt sich ja in aller Regel nicht grundlos, sondern weil er irgendwann mal (das kann lange her sein) Schmerzen hatte. Beschleunigen kann man dieses "Umlernen" mit Clickern oder mit TellingtonTouch. Vielleicht gibt es in Eurer Nähe jemanden, der Euch das zeigen kann, übers Clickern kannst Du hier im Board nachlesen. Etwas einfacher kann es werden, wenn das Pfotenputzen bei Robby jemand macht, mit dem er noch keine schmerzhaften Erfahrungen in dieser Hinsicht gemacht hat, weil dann alle entspannter sind. Mein Hund hat vor einem halben Jahr eine sehr schmerzhafte Augenoperation gehabt und bekam 6x täglich Tropfen und Salbe von mir. Nach 4 tagen ist einer der Fäden umgeschlagen und hat ihm die Hornhaut zu 2/3 zerkratzt, das macht entsetzliche Schmerzen.
Mirco ist immer noch verspannt, wenn ich mit den Händen in die Nähe seiner Augen komme und wenn er heute Tropfen braucht, lasse ich das nach Möglichkeit jemand anderen machen.
Vielleicht könnt Ihr auch darauf achten, nur dann ein Spiel anzufangen, wenn Robby nicht an seinen Pfoten leckt, damit er nicht dafür belohnt wird.
gruß
Regine

21. November 1998 17:17

Hallo Regine,

als mir die Kollegin von ihrem Hund erzählte, war auch mein erster
Gedanke, das er etwas an den Pfoten haben muß, was ihm Schmerzen verursacht.

Sie stritt dies zwar ab, aber ich denke auch, daß Robby nicht ohne Grund
nach seinem Herrchen beißt.

Ich werde ihr auf jeden Fall von Deinen Ratschlägen erzählen.

Schönes Wochenende wünscht

Sandra

26. November 1998 17:09

Hallo Sandra

Ich bin neu hier und renne fasziniert durch Eure Fragen und Antworten.

Doch zu Robby. Die Frage Dominanzaggression oder nicht stellt sich mir bei dieser Schilderung nicht. Meist führt der Verdacht Dominanz ohne saubere Anleitung zu einer Lösung nur zur Frontenverhärtung, will sich der Mensch dann doch meist mit Aggression seinerseits durchsetzen. Da Hund und Mensch aber auch in dieser Situation aneinander "vorbeireden", ist die Katastrophe vorprogrammiert.

Da ist mir eine Problemlösung à la Clicker doch viel lieber. Ich glaube, Deine Kollegin könnte ganz gut mal einige Zeit in die Clicker-Seiten auf dieser Website investieren und wenn sie das Konzept begriffen hat, wie folgt vorgehen:

1. an der Schulter berühren, click/treat (treat = Belohnung)
2. am Oberschenkel berühren, do.
3. fester berühren wie bei 1 und 2, dann click/treat
4. dies öfters mal machen im Haus, draussen, wo es in den Sinn kommt
5. sich immer mehr den Pfoten nähern, bis man die sogar sanft drücken kann ohne dass der Hund auch nur "misstrauisch" dreinschaut
6. geht Deine Kollegin zu weit, 2 Schritte retour

Du siehst schon, nix Dominanz. Die Erwartungshaltung des Hundes wird geändert. Es geht übrigens wirklich ausgezeichnet und das Verhältnis zum eigenen Tier entspannt sich somit generell ein wenig. Es darf aber auf keinen Fall der Versuch gemacht werden, gleich mit den Pfoten anzufangen. Die sind "vorbelastet".

Unsere Vorstellung von Dominanz und die Konsequenzen, die wir daraus ziehen, schaden meist allen Beteiligten und nehmen den Spass an der Hundehaltung. Dominanz ist für den Hund an ganz anderen Orten zuhause und in unserem Wörterbuch sollte es endlich durch Führungsqualität, Verantwortung übernehmen etc. ersetzt werden. Das neue Fachwort dafür ist sowieso Resource Holding Potential und heisst soviel wie die Fähigkeit haben, die Mittel (des Wohlbefindens) für sich zu beanspruchen.

PS: Anstelle des Klickers kann man für solche Situationen ruhig ein Schnalzgeräusch oder ähnliches nehmen. Jedes beliebig und jederzeit wiederholbare Geräusch oder ganz kurzes Wort, z.B. YES, geht.

Viel Spass beim Umdenken wünsche ich Deiner Kollegin und Dir bei der Überzeugungsarbeit

Es grüsst
Roswitha