Liebe Veronika,
so mancher, der mit seinem Hund arbeiten möchte (z.B. Agility oder Turnierhundsport) wäre begeistert, einen so triebstarken Hund wie Deine Wicki zu haben. Um das allerdings genießen zu können, mußt Du einen Weg finden, diesen Trieb zu lenken - und zu unterbrechen.
Für mich wäre der erste Schritt, Wicki beizubringen, ihre Beute auszugeben, wann immer und wie oft immer Du das willst. Im Augenblick scheint es so zu sein, daß Wicki Herrin der Beute und damit auch Herrin über das Spiel ist. Ich kann aus Deiner Meldung nicht ersehen, wie gut Wicki insgesamt untergeordnet ist, würde aber vermuten, daß die Rangordnungsverhältnisse sich insgesamt stark zugunsten Deiner Hündin verlagert haben. Ich habe unter [
www.hunde.com] unter der Rubrik Magazin einen Artikel mit dem Thema "Hat Ihr Hund Sie gut im Griff?" veröffentlicht. Vielleicht magst Du da mal reinschauen und für Dich überprüfen, ob davon etwas auf Euch zutrifft?
Zunächst würde ich jegliche Spiele im Freien, wo sich Wicki jederzeit Deiner Einwirkung entziehen kann, einstellen. Das Training startet zuhause im Wohnzimmer, wo Du Wicki u.U. auch noch anleinen solltest. Wähle als Beute einen großen (kaputtgebissenen) Ball oder einen Zerrstrick, auf jeden Fall etwas, was nicht von vornherein völlig in Wickis Maul verschwindet. Dann wirf es ihr und fordere sie mit einem Kommando (z.B."Bring"
es zu Dir zu bringen. Das geht am Einfachsten, wenn Du sie an der Leine "einholst". Hast Du sie bei Dir, wird gelobt, als sei sie freiwillig gekommen, dann kommt das Kommando "Aus". Bewaffne Dich dabei entweder mit einem supertollen Leckerle oder einer zweiten Beute, die Du ihr dabei hinhältst. Jetzt hat Wicki ein Problem: Wenn Sie das Ding aus Deiner Hand haben will, muß sie das aus der Schnauze loslassen. Da Du die Leine in dem Moment loslassen kannst, wo Wicki starkes Interesse an der neuen Beute zeigt, hast Du jetzt beide Hände frei. Mit der einen greifst Du nach der Beute in ihrer Schnauze, mit der anderen wedelst Du möglichst animierend vor derselben rum. Dabei sagst Du immer wieder freundlich "Aus". Sobald sie losläßt, ziehst Du die Beute aus ihrem Maul und nimmst blitzschnell BEIDE Hände auf den Rücken. Dabei lobst Du Wicki. Nach ganz kurzer Zeit zeigst Du ihr kurz die neue Beute und wirfst sie dann (oder gibst ihr das Leckerle, je nachdem). Diese kurze Verzögerung ist wichtig, da sie die Vorübung dafür ist, daß Wicki lernt, daß ab nun DU die Herrin über Beute und Spiel bist. Das Ganze machst Du vier bis fünf Mal, beim letzten Mal stopfst Du Dir beide Beuteteile beim Hinter-den-Rücken-Nehmen hinten in die Jeans, Pulli drüber, Ende. Nun kommt das Kommando "Schluß", das Du konsequent durchhältst, egal, wie Wicki sich aufführt. Dreh Dich einfach weg und ignoriere sie. Gar nicht weiter rumschreien und dauernd "Schluß!" brüllen, einmal nachdrücklich und ruhig reicht. Der Rest ist Ignorieren. Auch wenn sie hochspringt, bellt und schnappt, tu einfach stur so, als sei sie gar nicht mehr da.
Solange Du nämlich auf ihr Getue reagierst, bestimmt immer noch SIE die Fortsetzung der Zuwendung. Dabei macht es keinen Unterschied, ob Du spielst oder schreist. Hat Wicki schließlich aufgegeben, wartest Du noch ein paar Minuten und machst das Ganze nochmal, aber diesmal nur zweimal. Von nun ab läuft jegliche Form von Zuwendung für die nächste Zeit ausschließlich durch Deine Initiative: Kommt Wicki von sich aus zum Streicheln oder Spielen, ignorierst Du sie völlig. Erst wenn sie aufgegeben hat, rufst Du sie zum Schmusen oder Spielen her. Es ist durchaus möglich, daß sie dann nicht kommt. Das ist kein "Schmollen", sondern eine Dominanzfrage: Der Boß bestimmt nämlich Zeitpunkt und Dauer der Zuwendung - und wenn das bisher sie war, wird Wicki diese Regelung auch nicht so ohne weiteres aufgeben wollen. Für Dich heißt das, daß Du sie nach einer solchen Verweigerung erst recht weiter ignorierst. Verlaß Dich drauf: Wenn Du stur bleibst, wird sie sich irgendwann fügen. Genau so machst Du es mit dem Beenden: Streichelst Du Wicki, dann höre auf, bevor sie von sich aus geht. Sag "Schluß" und schalte auf igno.
Ähnliches gilt für Begrüßungsrituale. Kommst Du nach Hause und Wicki begrüßt Dich, dann grüßt Du nur ganz kurz und freundlich zurück, um sie für ihre Freude zu belohnen. Dann kommt das "Schluß" und Ignorieren. So wird Wicki nach und nach lernen, daß Du das Sagen hast. Die Begleiterscheinung wird sein, daß Du Wicki aus jedem Spiel, das Du später wieder draußen mit ihr spielst, herausholen kannst, wenn oder besser noch bevor sie überreagiert.
So, das wars fürs Erste, liebe Grüße
Jutta