Hallöchen,
ich gebe zu , ich ärgere mich immer wieder: ich muß immer alle Überredungskunst und (strenge) Überzeugungskraft aufwenden, damit Rio (Hovawart) ihr Spielzeug wieder hergibt. Spielen wir im Garten, wird alles Spielzeug unter einen Baum geschleppt. Dort wird dann entweder gewartet, wie ich reagiere, oder sie kaut adrauf rum. Ich weiß, daß sie gerne weiterspielen möchte, aber ignorieren hilft einfach nicht. So hartnäöckig sie sonst sein kann, sie bringt mir ihr Spielzeug nicht, auch wenn ich sie ignoriere. Auch draußen ist es ähnlich: Sie läßt aller Spielzeug 2 Meter vor mir liegen, und wartet, bis ich sie energisch auffordere, es mir zu geben. Dann bringt sie es, dreht aber immer den Kopf weg, und würde am liebsten davonrennen (und ich hinterher). Sie hat einen recht starken Beutetrieb, so daß sie unseren Schlauch (ein Stück Gartenschlauch, erin hervorragendes Spielzeug, da es nicht splittert) am liebsten beutelt, oder mit mir darum kämpft. Was mache ich falsch? Sie weiß, glaube ich, eigentlich, was ich von ihr will. Stöcke werden auf dem Weg grundsätzlich halbiert oder zerlegt, direkt bringen tut sie sie mir nie. Wie kann ich sie motivieren?
Eva

Liebe Eva,

Du schreibst, daß Rio gerne weiterspielen möchte, trotzdem bringt sie das Spielzeug nicht. Ich denke, Rio spielt bereits weiter, nur anders, als Du es Dir vorstellst. Wärst Du ein Hund, würdest Du nämlich hinterherlaufen und versuchen, Rio die Beute abzujagen. Dazu versucht sie Dich zu bewegen, indem SIE versucht, das Spielzeug für Dich interessant zu machen. Sie schleppt es weg, kaut drauf rum, um Dir zu zeigen, daß sie da was gaaanz tolles hat. Wenn zwei Hunde spielen, bringt jedenfalls kaum einer seine Beute dem anderen, um sie ihm dann kampf- und widerstandslos zu überlassen. Mag sein, daß er sie dem anderen Hund vor die Füße legt, aber bevor der zupacken kann, hat der Erste sie schon wieder geschnappt und rennt damit weg.

Das ist wohl derzeit Rios Spielverhalten. Was noch dazu kommen könnte, ist folgendes: Wenn Du der erklärte Boß in Eurem Rudel bist, wagt Rio es u.U. nicht, mit ihrer Beute zu eng in Deine Nähe zu kommen. Bei einem dominanten Hund müßte sie nämlich damit rechnen, daß der sich dann sofort auf sie stürzt und ihr die Beute äußerst unsanft abnimmt. Für diese Theorie spricht, daß Rio den Kopf abwendet, wenn Du ihr die Beute abnimmst. Die Aufforderung mit strenger Stimme könnte dieses Verhalten verstärken. Um das in Deinem Sinne zu ändern, könntest Du es mal mit einer Ersatzbeute versuchen. Wirf Rio ein Spielzeug, und wenn sie auf dem Rückweg zu Dir damit abdrehen will, wedele mit der Ersatzbeute rum und laufe rückwärts von Rio weg. Kommt sie, sagst Du "Aus", indem Du ihr gleichzeitig die andere Beute zeigst. Sobald Rio die erste losgelassen hat, fliegt die zweite.

Allerdings kann es Dir passieren, daß Rio beim Anblick der Ersatzbeute die erste Beute sofort fallen läßt und ohne sie angedüst kommt. Wenn sie das tut, mußt Du anders aufbauen. Dazu übst Du am besten zuerst im Garten mit einer angeleinten Rio. Nimm ein Spielzeug, an dem sie auch mit Dir zerren kann und mach Rio damit erst ein bißchen an, so daß sie es wirklich haben will. Wenn Du Dir das Leinenende (ideale Leinenlänge: 5m) an den Gürtel bindest, hast Du beide Hände frei. Laß Rio ein bißchen zerren, unterbrich durch "Aus", mach sie wieder heiß und wirf dann die Beute weg (Achtung: Leinenreichweite berücksichtigen, Rio soll auf keinen Fall in die Leine rennen). Wenn Du während des Spiels anfeuernd mit ihr sprichst und dann beim Werfen im gleichen Tonfall "Briiiings!" oder sowas rufst, wird sie sich sicher draufstürzen. Sobald Rio die Beute hat, ruf wieder motivierend "Briiiiings!", klatsche vielleicht dabei in die Hände und geh rückwärts dabei. Jeder Schritt, den Rio mit Beute in Deine Richtung macht, wird mit "Feiiiin Brings!" bestätigt. Die Leine verhindert, daß Rio mit Beute abhaut. Ideal ist, wenn es Dir gelingt, Rio allein durch Motivation und Rückwärtsgehen zu Dir zu holen. Klappt das nicht, dann hol sie langsam an der Leine her, aber immer mit motivierender, fröhlicher Stimme. Wenn sie dicht bei Dir ist, wird sie so gelobt, als sei sie völlig freiwillig gekommen. Nun kommt die Ersatzbeute ins Spiel, die Rio das Hergeben versüßt. Wichtig ist, daß Du solange mit Leine übst, bis Rio zuverlässig kommt. Sie sollte nicht wieder die Erfahrung machen, daß sie mit der Beute abhauen kann. Ebenfalls wichtig, daß Du sie immer freundlich motivierst. Nur so lernt Rio, daß das Herkommen und Beute abgeben etwas Angenehmes ist. Es kann auch hilfreich sein, mit Beginn dieser neuen Übung ein neues Kommando als das bisher verwendete einzuführen, so daß Rio quasi nochmal komplett neu anfangen kann.

Für alle Arbeiten an der langen Leine empfehle ich übrigens immer ein Brustgeschirr, damit der Hund niemals die Erfahrung machen muß, am Hals irgendwo hingezerrt zu werden oder im Eifer des Gefechtes ins Halsband zu rennen. Und noch was: Vorsicht mit Stöcken, sie können sehr gefährlich werden. Zum einen geraten bei dem unkontrollierten Herumkauen schnell mal Splitter zwischen die Zähne oder ins Zahnfleisch, wo sie böse Entzündungen verursachen können. Und zum anderen, balancieren nicht alle Hunde den Stock so aus, daß er waagerecht im Maul ist. Oft hängen an einer Seite zwei Drittel über, der Stock gerät aus dem Gleichgewicht und bohrt sich möglicherweise bei vollem Galopp mit der überhängenden Seite in den Boden. Das andere Ende wird dann dem Hund gewaltsam ins Maul oder sogar in den Hals gerammt, was böse enden kann.

Liebe Grüße,

Jutta