Liebe Nina,
mit 10 Monaten ist Dein Hund in der Pubertät. Das bedeutet, daß er jetzt immer häufiger ausprobiert, ob er denn wirklich immer tun muß, was Du sagst. Soviel zum Trost: Diese Phase geht vorbei, Du darfst nur nicht aufgeben, sondern solltest konsequent (und möglichst gelassen) weiterarbeiten.
Frage: Wie rufst Du denn, wenn Du Deinen Hund beim "Hier" abrufst (Tonfall, Lautstärke, Körperhaltung)? Und wie rufst Du, wenn Du Deinen Hund von etwas Interessantem abrufen willst? Ich vermute, daß es da ziemliche Unterschiede gibt. Du weißt, daß Dein Hund beim "Hier" freudig und zuverlässig kommt. Dementsprechend freundlich und motivierend wirst Du ihn rufen, ganz im Vertrauen darauf, daß er angeflitzt kommt. Anders, wenn "Gefahr" am Horizont auftaucht. Da hast Du die Erfahrung gemacht, daß Dein Hund nicht unbedingt kommt und somit das Vertrauen in ihn verloren. Entsprechend alarmiert klingt vermutlich Dein Rufen. Deinem Hund signalisierst Du damit "Vorsicht, da passiert gleich was!" Er müßte dumm und taub sein, wenn er dieses Signal nicht verstehen würde. Und natürlich muß er dann unbedingt schauen, WAS denn da Tolles zu sehen ist. Oft hat eine bestimmte Art des Rufens auch auf die Menschen, die entgegenkommen eine gewisse Wirkung: Sie vermuten, der Hund sei nicht unter Kontrolle und vielleicht sogar gefährlich und reagieren ebenfalls beunruhigt. Damit wecken sie wiederum erst recht das Interesse Deines Hundes.
Wenn das für Dich so in etwa stimmt, wäre mein erster Tip, für Dich selbst das Heranrufen zu trainieren. Am besten zunächst in Situationen ohne "Feindberührung", in denen eigentlich gar kein Anlaß fürs Rufen besteht. Rufe bewußt freundlich und motivierend. Vermutlich wird Dein Hund erst mal gucken, was denn los sein könnte. Dann dreh Dich auf dem Absatz um und gehe in die entgegengesetzte Richtung davon. Kommt er jetzt angedüst, wird er mordsmäßig gelobt, kriegt vielleicht ein Leckerle oder (noch besser) ein kurzes Spiel mit Dir und darf dann wieder laufen. Wichtig: Nur einmal rufen und dann gehen. Du kannst aus den Augenwinkeln schielen, ob er kommt, aber bleibe möglichst weder stehen, noch dreh Dich um oder rufe nochmal. So lange Du dafür zuständig bist, den Kontakt zu ihm aufrecht zu erhalten, hat er nämlich keine Veranlassung, selber zu schauen, wo DU denn bleibst. Wenn Du das immer wieder übst, lernt Dein Hund zwei Dinge: 1. Ich muß auf Frauchen aufpassen, sonst verliere ich sie. 2. Herkommen ist klasse, da wird gelobt und gespielt.
In diesem Alter ist ein solches Vorgehen ziemlich erfolgversprechend. Laß Dich nicht entmutigen, wenn es im Ernstfall nicht auf Anhieb klappt. Fremde Menschen und vor allem Hunde üben einen sehr starken Reiz aus, dem Du einen stärkeren entgegensetzen mußt. Am besten ist es, zu schaffst diesen "Ernstfall" selber, indem Du eine bekannte Person bittest, den Spaziergänger zu spielen. Wenn Dein Hund ihn nicht näher kennt, ist es einfacher. Die Person kriegt den Auftrag, den Hund völlig zu ignorieren und ihn auch nicht anzuschauen. Du übst das Rufen-Weggehen-Spiel. Und wenns klappt, natürlich mit viiiiieeeeel Lob.
Was Du gleichzeitg üben kannst, ist das "Platz" zunächst aus der Bewegung (also während er an der Leine neben Dir geht), dann aus der Entfernung. Wenn es Dich interessiert, wie das aufgebaut wird, laß es mich wissen.
Viel Erfolg und liebe Grüße,
Jutta