Hallo Ingrid,
ich bin zwar Frau, aber es liegt wohl nicht an meinem breiteren Gesäß, dass ich verstehe, was Du meinst ;-).
Gehen wir mal aus dieser Pro- und Antisüdhundediskussion raus und betrachten uns, was Du beschreibst.
Ich finde die Aussage, alle Südhunde sind sozial und verträglich zwar auch gefährlich, da zu pauschal, modetrendintensiv und das einzelne Individuum nicht berücksichtigend.
Aber, wir alle sprechen ja immer wieder von zumindest Tendenzen, die bestimmte Hundeschläge mit sich bringen. Ich meine sowas wie: Die Terrier sind in der Regel kernig, die Schäferhunde arbeitsfreudig, die Dobermänner sensibel, die Bulldoggen gemütlich. In gewisser Weise ist da ja auch was dran, es sind zumindest Anlagen, weshalb ein Agility-Fanatiker wohl kaum einen Owtscharka wählen sollte.
Die typischen Spanier sind zu einem großen Teil (nicht alle) zärtlich (es ist einfach das beste Wort, auch wenns komisch klingt), innerartlich eher verträglich und haben eine zurückhaltend gewinnende Art.
Das hat aber nichts mit der Sonne und dem blauen Meer zu tun, sondern lässt sich ganz unromantisch erklären.
Zum einen steckt in dem meisten spanischen "Strandläufern" ein nicht unerheblicher Anteil an Podencoblut. Wer sich mal mit der Rasse beschäftigt, stellt fest, dass ihnen genau diese katzenhafte Zärtlichkeit zueigen ist und auch die Ader zur Verträglichkeit.
Zum anderen haben diese Hunde über Generationen hinweg lernen müssen, sich irgendwie unauffällig durchzumogeln. Eine vorsichtige, zurückhaltende und beschwichtigende Art, sich dem Menschen zu nähern, ist lebensnotwendig, um doch hin und wieder mal einen Brocken zu erbetteln. Wer das am besten kann, lebt auch am längsten und bringt die meisten Nachkommen durch. Ich denke, dass sich das mittlerweile durchaus genetisch etabliert hat und die Veranlagung zu dieser "gewinnenden Art" oftmals gegeben ist.
Viele der Hunde dort leben außerdem in losen halbwilden Verbänden und sind aufeinander angewiesen. Und wenn es nur um das friedliche Zusammenleben an der Müllhalde geht. Ein funktionierendes Sozialverhalten, begleitet von einem komplexen Ausdrucksverhalten sind also ebenfalls Voraussetzung zum Überleben. Wer das nicht drauf hat, lebt nicht lange. Dieses reichhaltige Ausdrucksverhalten, welches bei einigen Hunderassen tatsächlich zunehmend verkümmert, erleichtert diesen Hunden auch bei uns die Begegnung mit fremden Artgenossen.
Auch die Bereitschaft zu Aggression (mal abgesehen von Futteraggression) muss möglichst niedrig gehalten werden, da sie sich in dieser Umgebung äußerst unökonomisch auf den Energiehaushalt auswirkt.
Es ist also durchaus kein Ammenmärchen, wenn man die "Spanier" so beschreibt, wie Du es tust (Wobei man schon beachten sollte, dass es darunter auch viele Herdenschutzhunde, Huskies, Mastinos etc. gibt).
Aaaaber, das waren jetzt nur die positiven Seiten. Um das Bild zu vervollständigen, sollte man auch erwähnen, dass die typischen Vertreter in der Regel auch einen sehr hohen Jagdtrieb haben, dass sie oft ängstlich oder misstrauisch gegenüber fremden Menschen sind, dass es sehr eigenständige und urtypische Hunde sind, die sich nicht einfach ausbilden lassen.
Der nicht zu verleugnende Modetrend, sich einen unproblematischen Spanier anzuschaffen, ist äußerst bedenklich. Denn sie sind oft alles andere als Anfängerhunde. Man muss schon ein Mensch sein, der es liebt, einen eigenständigen und ausgeprägten Individualisten in sein Leben zu lassen. Man muss eine Menge Kompromisse machen können und bereit sein, sich umfassend mit Canidenverhalten zu beschäftigen, um ein zufriedenes Zusammenleben auf beiden Seiten zu erreichen. Man muss schon damit rechnen, dass man fast einen Paria zuhause unter dem Wohnzimmertisch liegen hat.
Menschen, die nicht bereit sind, diese speziellen Bedürfnisse zu berücksichtigen und zu erfüllen, sind mit einem "Südländer" vermutlich hoffnungslos überfordert und er mit ihnen. In diesem Fall wäre es schon besser, seine Familie um einen Hund zu erweitern, der seit Jahren und Genrationen auf unsere Bedürfnisse hin "gezüchtet" (ich spreche hier jetzt nicht nur von Rassehunden) wurde.
Das wollte ich nur mal gesagt haben.
Liebe Grüße
Conny