Positivkonditionierung - Mißverständnis?
01. April 1999 11:23

Hallo Elke,


Ich glaube, den Unterschied zwischen Erziehung und Ausbildung schon mehrfach verdeutlicht zu haben. Die Erziehung lehrt nicht Soll-Verhalten auf Aufforderung, sondern schränkt Fehlverhalten ein, um ein vernünftiges Zusammenleben zu ermöglichen - sie vermittelt die unumstößlichen "Rudelgesetze". Die Ausbildung fordert zu gewünschtem Verhalten auf Aufforderung auf.
Positive Konditionierung kann ergo auch keine Erziehungshilfe sein, da sie nicht zum Verständnis des Verbotes führt, sondern Fehlverhalten durch Ablenkung und Ersatzhandlung zu umgehen versucht.
Bestes Beispiel sind hochkonditionierte Sporthunde, die in einem spezifischen Trainingsablauf perfektes Verhalten zeigen, dieses aber eben nicht auf Alltagssituationen umsetzen, da sie die omnipotente Einschränkung durch das Verbot nicht kennen, sondern nur die fallspezifische Ersatzhandlung verinnerlicht haben.
Man kann erziehen, ohne ausbilden zu müssen - und man kann ausbilden, ohne erzogen zu haben. Es ist jedoch so, daß ich mit einem gut "Erzogenen" Hund, der keinerlei Ausbildung hat, immer gut zurechtkommen werde - andererseits mit einem gut "Ausgebildeten" Hund, der keine, oder nur unzureichende Erziehung genossen hat, immer wieder Probleme haben werde.
Es ist auch nicht so, daß ich Wissenschaft ablehne - Gott bewahre - lediglich bin ich ein Skeptiker, was die "Erkenntnisse" der einzelnen Forschungen betrifft, da diese immer nur Interpretationen sind.
In unserer Wissenschaftsverliebtheit vergessen wir nur zu leicht, daß Vieles eben nicht meßbar und katalogisierbar ist. Die neuesten Erkenntnisse von Heute, können Morgen schon widerlegt sein und lese ich fünf Abhandlungen zu einem Thema, bin ich mit fünf Erkenntnissen konfrontiert.
Es gibt nur sehr wenige feste Größen in Erkenntnissen der Verhaltenskunde und diese reichen vollkommen aus, für ein vernünftiges Verständnis. Alles Andere ist detailbesessene Effekthascherei, die niemanden weiterbringt.
Das Schlimme ist, daß wir nur noch glauben wollen, was uns irgendein Wissenschaftler sagt, ohne zu überdenken, was das denn wirklich bedeutet - bzw. ohne zu merken, daß wir diese Aussagen teils vollkommen fehlinterpretieren.
Mein liebstes Schmunzelbeispiel ist hier der wissenschaftlich anmutende Aufdruckstempel auf vielen Körperpflegeprodukten. Da steht: "Dermatologisch getestet".
Was heißt denn das? - Es bedeutet nichts anderes, als daß ein Hautarzt dieses Produkt "getestet" hat. Über die Qualität und Verträglichkeit des Produktes sagt es aber gar nichts aus.
Ich kann also auch Schwefelsäure als dermatologisch getestet verkaufen - da hat der Dermatologe halt festgestellt, daß sie ätzend ist und Löcher in die Haut frißt. - Das muß ich aber nicht dazuschreiben.
Ich hoffe, Du verstehst, worauf ich hinaus will.

Liebe Grüße

Daniel


01. April 1999 12:07

Hallo Daniel,


: Ich glaube, den Unterschied zwischen Erziehung und Ausbildung schon mehrfach verdeutlicht zu haben
Entschuldige meine Frage, aber ich verfolge das Forum noch nicht sehr lange.

Die Erziehung lehrt nicht Soll-Verhalten auf Aufforderung, sondern schränkt Fehlverhalten ein, um ein vernünftiges Zusammenleben zu ermöglichen - sie vermittelt die unumstößlichen "Rudelgesetze". Die Ausbildung fordert zu gewünschtem Verhalten auf Aufforderung auf.
: Positive Konditionierung kann ergo auch keine Erziehungshilfe sein, da sie nicht zum Verständnis des Verbotes führt, sondern Fehlverhalten durch Ablenkung und Ersatzhandlung zu umgehen versucht.
: Bestes Beispiel sind hochkonditionierte Sporthunde, die in einem spezifischen Trainingsablauf perfektes Verhalten zeigen, dieses aber eben nicht auf Alltagssituationen umsetzen, da sie die omnipotente Einschränkung durch das Verbot nicht kennen, sondern nur die fallspezifische Ersatzhandlung verinnerlicht haben.
: Man kann erziehen, ohne ausbilden zu müssen - und man kann ausbilden, ohne erzogen zu haben. Es ist jedoch so, daß ich mit einem gut "Erzogenen" Hund, der keinerlei Ausbildung hat, immer gut zurechtkommen werde - andererseits mit einem gut "Ausgebildeten" Hund, der keine, oder nur unzureichende Erziehung genossen hat, immer wieder Probleme haben werde.

Deine Definitionen kann ich gut nachvollziehen. Jetzt verstehe ich auch, andere Beiträge, die Du geschrieben hast. Allerdings würde ich eine Ausbildung ohne Erziehung (im Rahmen Deiner Definition eher anlehnen). Schaut man allerdings in Standardwerke der Pädagogik (allgemein, nicht auf Hundeverhaltensforschung ...) sind diese Begriffe etwas definiert. Und ich glaube, darum haben sich auch einige Mißverständnisse zwischen Dir und anderen Forumsteilnehmern entwickelt.
Die allgemeine Pädagogik unterscheidet nämlich nicht zwischen Ausbildung und Erziehung. Dort gibt es nur den Begriff der Erziehung, bestimmte Erziehungsziele und bestimmte Erziehungsmethoden. Zu den Methoden gehört z.B. die Konditionierung. Nach dieser Definition stellt Deine Form der Erziehung auch eine Form der Konditionierung dar. Du konditionierst ein bestimmtes Kommando oder Verbot. Eine andere Methode ist z.B. verstehendes Lernen. Hier wird nicht konditioniert, sondern über die Akzeptanz bzw. das Verstehen des Grunds für ein Verbot, dieses vermittelt. Ich denke, Du wirst mir zustimmen, daß diese Methode bei Hunden aussichtslos ist, da der Hund nicht darüber nachdenken kann, warum er xy falsch gemacht hat.

: Es ist auch nicht so, daß ich Wissenschaft ablehne - Gott bewahre - lediglich bin ich ein Skeptiker,
Hier stimme ich Dir voll zu. Denn nicht alles, was als wissenschaftliche Erkenntnis verkauft wird, ist auch gleichzeitig gut. Man muß in diesem Zusammenhang immer genau schauen, wie xy zu diesen Erkenntnissen gelangt ist. Gerade auf dem Tiermarkt, nicht nur bei Hunden, wird häufig sehr pseudo-wissenschaftlich gearbeitet. Allerdings gibt es bestimmte Lerntheorien, die allgemein anerkannt sind und von vielen Wissenschaftlern gestützt werden. Obwohl diese auch immer wieder neuen Erkenntnissen angepaßt werden. Darum würde ich eine Theorie, die sich mit der Zeit verändert nicht gleich als negativ ablehnen. Denn genau dieses ist ja der Sinn der wissenschaftlichen Forschung. Und Veränderungen und neue Erkenntnisse bringen einen selber doch auch weiter. Das soll nicht heißen, daß man nur weil ein neues Buch auf den Markt kommt, gleich alles Altbewährte in die Ecke legen sollte.
Doch schon die kritische Prüfung, auch vielleicht eine selbstkritische Prüfung bringt einen doch auch selber weiter. Und dieses ist auch ein Ziel der wissenschaftlichen Beschäftigung.

: Mein liebstes Schmunzelbeispiel ist hier der wissenschaftlich anmutende Aufdruckstempel auf vielen Körperpflegeprodukten. Da steht: "Dermatologisch getestet".
: Was heißt denn das? - Es bedeutet nichts anderes, als daß ein Hautarzt dieses Produkt "getestet" hat. Über die Qualität und Verträglichkeit des Produktes sagt es aber gar nichts aus.
: Ich kann also auch Schwefelsäure als dermatologisch getestet verkaufen - da hat der Dermatologe halt festgestellt, daß sie ätzend ist und Löcher in die Haut frißt. - Das muß ich aber nicht dazuschreiben.
: Ich hoffe, Du verstehst, worauf ich hinaus will.
Was dein Beipiel betrifft, denke ich, daß jeder, der sich ernsthaft mit Wissenschaft auseinandersetzt, sich automatisch auch mit Sprache beschäftigt. Und "dermatologisch" bedeutet nicht mehr und nicht weniger als Du oben geschrieben hast. Eine solche Aussage ist pseudo-wissenschaftlich; es wird Wissenschaftlichkeit durch wissenschaftliche Terminologie vorgegaukelt.

So ich wünsche Dir frohe Ostern Elke
: Liebe Grüße
:
: Daniel
:

01. April 1999 14:06

Hallo Elke,

Ursache vieler Mißverständnisse ist auch vor Allem der Begriff Konditionierung schlechthin.
Sehr viele Leser dieses Forums verwenden diesen Begriff in direkter Übertragung auf die positive Konditionierung über Clicker oder Ähnliches. Aus diesem Grunde verwende auch ich den Begriff meist einseitig.
Wenn Du meinen Ansatz über den Abbruch logisch verfolgst, wirst Du feststellen, daß hier in praktisch allen Situationslagen der Hund sicher abgerufen werden kann, da ich eben nicht über die konditionierte Ersatzhandlung arbeite.
Im Rudel gibt es keine Kommandos für erwünschtes Verhalten, sondern nur klare Zeichen für Unerwünschtes. Das Erwünschte wird durch den Integrationswillen und Nachahmung erreicht.
Führe doch mal für Dich einen ganz einfachen Test durch - dann wirst Du genau verstehen, worauf ich hinaus will.
Hat Dein Hund gelernt, auf Kommando Sitz und Platz zu machen ist das recht einfach nachvollziehbar.
Gib ihm einfach in irgendeiner Situation das Kommando: "ssssst" - er wird sich setzen. Wiederhole es und er wird sich hinlegen. In der Leinenführigkeit, wird er sich auf "sssst" neu orientieren. "Sssst" ist nun aber überhaupt kein Kommando, sondern ein einschränkender Warn- und Korrekturlaut, woraufhin der Hund versucht, einen vermeintlichen Verhaltensfehler zu korrigieren (Reagiert der Hund nicht ansatzweise, wie beschrieben, so hast Du sicherlich ein immenses Dominanzproblem). Hast Du das eine Weile mit ihm praktiziert, wirst Du feststellen, daß Du damit besser und leiser zurechtkommst, als mit Kommandos. Dieses wiederum hängt damit zusammen, daß Kommandoausführungen vom Hund eigentlich nicht verstanden werden und ihm grundsätzlich fremd sind. Das ist auch der Grund, warum konditionierte Kommandos immer wieder übergangen/übertreten werden.
Der Hund wird nie verstehen, daß dies oder jenes richtig ist - vielmehr versteht er: "Alles Andere wäre jetzt falsch". Die Integration im Rudel ergibt sich aus der Intention, so wenig wie möglich falsch zu machen - nicht aus der Absicht, so viel wie möglich richtig zu machen, da Belobigung rudelintern nicht stattfindet. Auch Jagderfolg im Rudelverband bedeutet nicht Belobigung, sondern Sättigung - Jagdmißerfolg bedeutet "Strafe" durch Hunger.
Für den Sozialverbund bedeutet es: Je weniger Fehler, desto mehr Integration und Sicherheit.
Der Hund ist ein sehr natürliches Wesen und somit auch Minimalist. Er wird nicht versuchen, durch übertriebenes Sollverhalten sich zu integrieren - sondern vielmehr durch die Vermeidung von Fehlverhalten, was ihm viel weniger abverlangt.
Dazu muß ich ihm verständlich machen, was Fehlverhalten ist.

In der leider humanisierten Hundeausbildung aber, ist kein Platz für das immense Anpassungspotential des Hundes. Die Anerkennung wird ihm selbstverständlich zuteil, weswegen ich ihn auch mit Futter zum Wohlverhalten locken muß.
Ein wesens- und artgerecht gehaltener Hund aber, wird immer um Anerkennung kämpfen müssen, da sie abhängig von seiner Integrationsfähigkeit ist.
Und genau dieser Hund wird am Meisten bedacht sein, Fehlverhalten zu vermeiden.

Der pseudohumanistische Ansatz, allein durch die Förderung des Erwünschten, das Unerwünschte einzudämmen ist ebenso irrwitzig, wie deplaziert, da weder Hund noch Mensch aufgrund ihrer Sozial- und Verhaltensstruktur dieses erfolgreich umsetzen können.

Darüber sollten vor Allem die "unverbesserlichen" Positivkonditionierer einmal nachdenken.

Dir wünsche ich schöne Feiertage - genauso, wie allen Anderen natürlich auch.

Daniel


01. April 1999 14:50

Hallo Daniel,

:Ich glaube, den Unterschied zwischen Erziehung und Ausbildung schon mehrfach
:verdeutlicht zu haben. Die Erziehung lehrt nicht Soll-Verhalten auf Aufforderung,
:sondern schränkt Fehlverhalten ein, um ein vernünftiges Zusammenleben zu
:ermöglichen - sie vermittelt die unumstößlichen "Rudelgesetze".

Ich finde, diese Differenzierung "Erziehung-Ausbildung" ziemlich unnötig und verwirrend für den Einzelnen. Wo fängt das eine an, wo hört das andere auf? Wozu sollte diese Unterscheidung gut sein, außer sich in Diskussionsbeiträgen begrifflich von einander abzugrenzen? Das nur am Rande.

tongue sticking out smileyositive Konditionierung kann ergo auch keine Erziehungshilfe sein, da sie nicht
:zum Verständnis des Verbotes führt, sondern Fehlverhalten durch Ablenkung und
:Ersatzhandlung zu umgehen versucht.

Du wirst Dich nicht wundern, wenn ich anderer Meinung bin. Es genügt in vielen Fällen eben nicht, ein Verbot auszusprechen (wann der Hund ein Verbot "verstanden" hat, kann man sowieso nur ahnen, mal ganz abgesehen davon, daß man sowieso keine andere Möglichkeit hat, ein wirksames "Verbot" aufzubauen, als über Konditionierung), sondern die erwünschte Alternativhandlung sollte gezielt bestärkt werden, oft wird das "Verbot" dann sowieso nicht mehr nötig sein. Warum sollte man den Umweg über das "Verbot" gehen, wenn man das Wunschverhalten auf direktem Wege erreichen kann?
Konditionierung hat nichts mit Ablenkung zu tun, sehr wohl aber mit dem gezielten fördern eines Verhaltens. Versäumt man dies, wird der Hund selbst nach einem Alternativverhalten suchen, das können ganz banale Dinge sein, Übersprungshandlungen, ebenso aggressives oder ängstliches Verhalten bis hin zur erlernten Handlungsunfähigkeit.
Fatal wäre es, diese Handlungsunfähigkeit mit "guter Erziehung" zu verwecheln.

:Bestes Beispiel sind hochkonditionierte Sporthunde, die in einem spezifischen
:Trainingsablauf perfektes Verhalten zeigen, dieses aber eben nicht auf
:Alltagssituationen umsetzen, da sie die omnipotente Einschränkung durch das
:Verbot nicht kennen, sondern nur die fallspezifische Ersatzhandlung verinnerlicht
:haben.
Warum ist die Einschränkung "omnipotent", die Ersatzhandlung "fallspezifisch"? Allein eine Frage der Generalisierung würde ich sagen, sprich der jeweilige "Hundesportler" hat versäumt das Verhalten auch im Alltag zu üben. Dabei spielt es keine Rolle ob das nun das "Verbot" betrifft oder nicht.

:Es ist auch nicht so, daß ich Wissenschaft ablehne - Gott bewahre - lediglich bin ich
:ein Skeptiker, was die "Erkenntnisse" der einzelnen Forschungen betrifft, da diese
:immer nur Interpretationen sind.
Um wirkliche Erkenntnisse von vermeintlichen zu unterscheiden gibt es ein praktisches Instrument, die Statistik.

:In unserer Wissenschaftsverliebtheit vergessen wir nur zu leicht, daß Vieles eben
:nicht meßbar und katalogisierbar ist. Die neuesten Erkenntnisse von Heute, können
:Morgen schon widerlegt sein und lese ich fünf Abhandlungen zu einem Thema, bin
:ich mit fünf Erkenntnissen konfrontiert.
Mag sein, wäre aber kein Grund nun aus Trotz allen fünf Abhandlungen zu widersprechen und eine sechste These aufzustellen. Solange ich keine besseren Quellen habe, interpretiere ich das, was mir zur Verfügung steht. Grundsätzlich fahre ich damit nicht schlecht, ich sitze nicht mehr vor einem 286er-Computer, mein Auto brauch keine 20 Liter Sprit mehr und wenn ich mal krank sein sollte werde ich, (hoffentlich) nicht mehr mit Aderlaß behandelt.

grinning smileyas Schlimme ist, daß wir nur noch glauben wollen, was uns irgendein
:Wissenschaftler sagt, ohne zu überdenken, was das denn wirklich bedeutet - bzw.
yawning smileyhne zu merken, daß wir diese Aussagen teils vollkommen fehlinterpretieren.
Um die Ergebnisse der Wissenschaft zu überprüfen bräuchte ich als Laie ein Kontollinstrument. Das hab ich nicht, eben deshalb bin ich ja Laie und kein Wissenschaftler. Ich selber kann in den Himmel sehen, so lange ich will, ich werde kein Ozonloch finden. Also glaub ich nicht dran?

Frohe Ostern,
Klaus


01. April 1999 17:28

Lieber Klaus,

die Fehlervermeidung durch Alternativhandlung ist eine Entwicklung, die in keiner Weise
förderlich für das Hund-Mensch-Verständnis ist. Es ist die Kapitulation vor dem Individuum, da man nicht in der Lage war, das Verbot verständig zu vermitteln.
Das Verbot ist nicht der Umweg, sondern der einzig gerade Weg um Fehlverhalten zu unterbinden.
Wenn mein Hund frei im Wald läuft und er Wild aufmacht, so will ich einzig und allein, daß er nicht hetzt. Deswegen unterbinde ich das Hetzen.
Ich will nicht, daß er sich legt, oder zu mir kommt - warum auch, ich ließ ihn ja absichtlich frei laufen. Was ist denn hier ein Umweg?
Wenn mein Hund an der Leine zieht, so unterbinde ich das durch ein Verbot. Ich will in diesem Moment nämlich gar nicht unbedingt, daß er Bei Fuß geht - ich will lediglich, daß er nicht zieht. Wo ist denn hier der Umweg?
Speziell im Bereich des Jagens kommt hinzu, daß keine Alternativhandlung so interessant für den Hund ist, wie das Wild.
Ich brauche hier nicht zu theoretisieren - ich habe hundertfach die Erfahrung gemacht, daß selbst versierteste Jäger in kurzer Zeit gewaltfrei über den Abbruch hasenrein zu bekommen waren, was mit keiner Art der Konditionierung über Ersatzhandlung gelang.

Warum überhaupt sollte ich meinem Hund eine Ersatzhandlung anbieten, die er nicht braucht und ich gar nicht wünsche?
Das alles sind doch hahnebüchene Übertragungen humaner Lerntheorien, die in keiner Weise wesensorientiert den Caniden betreffen. Solche Vorgehensweisen sind in keinem Rudelverbund zu beobachten.

Und wenn du meinst, die Statistik sei eine Meßlatte, so kann ich die letzten sechzig oder achtzig Hunde, die ich über Abbruch hasenrein machte als die Hundert Prozent im Test befindlichen betrachten und dann behaupten, diese Methode wirkt zu Hundert Prozent.
(Im Vergleich dazu bringe ich dann die unzähligen Positivkonditionierer, die seit Jahr und Tag stressig alert durch den Wald laufen und doch immer wieder verloren haben, wenn sie nicht rechtzeitig ablenkten)

Bezüglich der Unterscheidung von Erziehung und Ausbildung, wiederhole ich das jetzt nicht noch einmal - ich hab´s schon oft genug geschrieben.

Bezüglich Deiner Beispiele mit Computer, Auto, etc. könnten böse Zungen jetzt einen Zusammenhang sehen, der Dir zwingend unterstellen müßte, du glaubtest, der Hund sei technisierbar.
Psychologie und Verhaltenskunde sind keine Wissenschaften, die nach fixen Maßstäben zu reglementieren sind. Prägnanterweise schließt ein Psychologe seine Doktorarbeit - so weit erfolgreich - mit einem Dr. phil. - dem Doktor der Philosophie ab.
So viel zu meßbaren Ergebnissen.

Auch Dir und Hund eine frohe Eiersuche -

Viele Grüße

Daniel


01. April 1999 17:41

Hallo Klaus,

ich erlaube mir mal, mich hier kurz einzumischen, da mir einiges nicht klar ist:

:Es genügt in vielen Fällen eben nicht, ein Verbot auszusprechen (wann der Hund ein Verbot "verstanden" hat, kann man sowieso nur ahnen, mal ganz abgesehen davon, daß man sowieso keine andere Möglichkeit hat, ein wirksames "Verbot" aufzubauen, als über Konditionierung),

Daß der Hund ein Verbot verstanden hat, kann ich meines Erachtens sehr wohl kontrollieren, indem ich den Hund mit einer Situation konfrontiere, in der er einem starken Reiz ausgesetzt ist. Wenn mein "nein" in diesem Monment bewirkt, daß der Hund von seinem Tun abläßt und z.B. nicht jemandem oder einem Tier hinterherjagd, ist das für mich Beleg genug dafür, daß das Verbot verstanden wurde.

: sondern die erwünschte Alternativhandlung sollte gezielt bestärkt werden, oft wird das "Verbot" dann sowieso nicht mehr nötig sein. Warum sollte man den Umweg über das "Verbot" gehen, wenn man das Wunschverhalten auf direktem Wege erreichen kann?

Die gewünschte Alternativhandlung z.B. zum Jagen wäre dann wohl das Nichtjagen. In diesem Fall müßte ergo die dem Hund in Aussicht gestellte Alternativhandlung für ihn erstrebenswerter und verlockender sein als das Jagen. Sofern ich aber zumindest voraussetze, daß der Hund aufgrund seiner arteigenen Veranlagung über einen Beute- und Spieltrieb verfügt, erscheint es mir zweifelhaft, daß ich ihm verläßlich eine Alternativhandlung "anbieten" kann, deren Vornahme für ihn dringender und wichtiger ist, als seinem ureigensten artypischen Verhalten nachzugehen.

Viele Grüße,

andreas