Hi Melli,
: : "Leinenaggressivität" habe ich noch nie aus "Dominanzgründen" erlebt.
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: Denke ich ja im allgemeinen auch, aber wie viele unsichere Hunde gibt es dann demnach....das ist ja unglaublich !
Naja, manche sind ja unangeleint völlig selbstsicher und souverän. Leine ist aber für manche Hunde je nach Erfahrung = keine Möglichkeit zu fliehen und starke Behinderung, sich im Falle eines Angriffs zu wehren. Also besser den potentiellen Feind vorher verjagen, als dann gegebenenfalls die schlechteren Karten zu haben, weil Frauchen oder Herrchen die Leine in diesem Moment nicht loslässt und stattdessen noch am Hund herumzerrt, dem damit jegliche artgerechte Kontaktaufnahme oder Verteidigung oder Flucht verwehrt bleibt.
: Das heisst also, dass HSH auch eigentlich nur aus Angst ihre Herde verteidigen ? Dann ist ja wirklich fast jede aggressive Aktion Angst, wenn sie nicht als Zurechtweisung im Rudel geschieht ?
Irgendwie schon. Nur ist es ein Unterschied, ob sich schon eine Rangordnung herausgebildet hat oder nicht, wie diese aussieht und worauf sie sich bezieht. Ein HSH, der seine "Herde" verteidigt hat mit dem vermeintlichen Feind gar keine Rangordnung und hat auch gar kein Interesse daran, eine herauszubilden, insofern kann hier von Dominanz keine Rede sein. Aggression innerhalb des Rudels kann auch lediglich objektbezogen sein. D.h. dass auch ein sozial rangniederer gestellter Hund seinen Ball gegebenenfalls verteidigen kann, ohne dass er dadurch dann automatisch immer das sagen hat.
: Dann zeigt ein wirklich dominanter sicherer Hund also z.B. seine Stärke wirklich nur über Schnauzengriffe und Drohgebärden an ? Aber wenn mal wollte, könnte man dahinter auch wieder Angst sehen, dass er seinen Rang in Gefahr sieht......irgendwie verwirrend.
Oft zeigt ein wirklich dominanter Hund seine Stärke über viel subtilere Signale an, die wir Menschen nichtmal wahrnehmen können, bzw. nur sehr sehr hundeerfahrene Menschen.
: Und was ist bei HSH, die jeden gleichgeschlechtlichen Hund dominieren wollen und so weit, dass sie beim kleinsten Knurren sofort extrem auf den anderen Hund losgehen ?
Mal abgesehen davon, dass es das nicht nur bei HSH gibt: Wenn ein Hund knurrt geschieht das immer als Drohgebärde. Auch wenn er aus Angst knurrt ist das ein Zeichen dafür, dass er sich ab jetzt verteidigen wird. Wenn ein Hund einen anderen anknurrt ohne zu fliehen, ist das immer eine Provokation. Und es kommt dabei auf beide Hunde an. Ein Hund, der anderem Hund sehr überlegen ist, wird von diesem nicht angeknurrt, da der andere schon vorher einsehen müsste, dass er keine Chance hat. Der in diesem Fall überlegene Hund kann aber einem anderen Hund gleichgestellt sein oder unterlegen sein. Allgemeine Dominanz gibt es kaum. Bei Hunden, die JEDEN gleichgeschlechtlichen Hund vertreiben geht es in der Regel auch wieder nicht um die Ausbildung einer Rangordnung sondern um objektbezogene Dinge, wie zum Beispiel den alleinigen Zugang zum anderen Geschlecht oder die Verteidigung von Herrchen und Frauchen.
:Wenn dieses Knurren des unterlegenen Hundes auch nur aus Angst ist, müsste es der andere Hund doch kapieren und könnte es ignorieren !??
Wie gesagt, Knurren ist immer ein Signal zur Bereitschaft auf eine Auseinandersetzung. Ein Hund, der NUR Angst hat, flieht oder versucht durch Beschwichtigung einer Auseinandersetzung zu entgehen.
: Hunde haben doch so viele Ausdrucksmöglichkeiten, dass ich es oftmals schon aus dem Grund gar nicht verstehe, dass manche Hunde so schnell losbeissen. Ich habe viele Hundebegegnungen erlebt, da zeigte ein Hund klar an, dass er sich unterwirft (gibt ja "tausend" andere Zeichen als gleich auf den Rücken werfen) und der andere Hund trotzdem auf ihn los ist.
In solchen Fällen spielt auch wieder eine Rolle, worum es geht. Dringt ein Hund in das Territorium eines anderen ein (mal abgesehen davon, ob der Hund aus menschlicher Sicht das Recht hat, es als sein Territorium anzusehen), geht es nicht um die Herausbildung einer Rangordnung, sondern der "Territotiumsinhaber" will den anderen mit allen Mitteln aus seinem Territorium vertreiben. Da nutzt es dem anderen nicht sonderlich zu beschwichtigen, wenn er an Ort und Stelle bleibt.
Um mal wieder auf das Beispiel Wolfsrudel zu kommen: Dringt ein fremder Wolf in das Revier eines Rudels ein, wird er ziemlich brutal verjagt. Wenn dieser Wolf nun anfangen würde, zu beschwichtigen, wäre das vermutlich sein Tod. Bei Hunden ist das sicherlich nicht gleichzusetzen. Deswegen halte ich es für sehr wichtig, dass Welpen und Junghunde auch negative Erfahrungen mit anderen Hunden machen sollten (im Sinne von "harmlosen" Zurechtweisungen) um später eventuell vermeiden zu können, umwissend in eine solche Situation zu geraten, da sie so lernen, dass nicht-reagieren auf spezifische Drohgebärden auch Folgen hat. Es lässt sich halt nicht jeder Hund durch Beschwichtigungen "herumkriegen", gerade wenn der beschwichtigende Hund sich weiterhin in der Nähe seines Balls, Frauchens, Weibchens, Territoriums u.s.w. aufhält.
: Was ist das für ein Gehabe, wie kann das passieren ?
Durch Mißverständnisse halt, je nach Erfahrung des Hundes, die natürlich weitgehend vom Einfluss seines Besitzers abhängt.
Bis dann
Franziska (die auch sehr verträgliche HSH und Schäferhunde kennt ;o))