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Hunde sind interessanter als Kommandos!

geschrieben von Nathaly & Nico(YCH) 
Hunde sind interessanter als Kommandos!
10. Juni 2001 14:06


Hallo ihr alle!

Wir haben Nico (Setter-Münsterländer-Mix, fast 4) nun schon fast 3 Monate, und ich dachte, es gibt sich, wenn er etwas mehr Bezug zu uns hat, aber bis jetzt ist noch keine Besserung in Sicht:
Wenn er andere Hunde sieht, ist er kaum noch "ansprechbar", er konzentriert sich nur auf den Hund. Noch einiger zeit reagiert er dann auch wieder auf befehle, aber sehr zögernd und extrem abgelenkt.
Manchmal läßt er sich auch von Menschen so ablenken (wenn sich zwei über die Straße hinweg unterhalten oder so.)
Ganz schlimm ist auch auf den Weg zur Hundeschule.
Er schreit und quengelt und ist überhaupt nicht ansprechbar!
Wir trainieren diesen Weg jetzt, indem wir das ignorieren und immer erst weitergehen, wenn er still ist und nicht zieht. Vom Auto zum Platz (etwa 30 m) dauert dann gerne mal 20 min...:-(

Habt ihr einen Tip, wie ich seine Aufmerksamkeit auf mich lenken kann?
Danke für eure Hilfe!

Nathaly und Nico

10. Juni 2001 14:57

Hallo Nathaly,

das mit dem ignorieren ist schon einmal ein guter Einstieg.
Ich hatte mit Arno ganz ähnliche Probleme. Er hat zwar nicht geschrien, aber draußen war ich eigentlich gar nicht vorhanden für ihn.
Ich habe dann konsequent über einige Monate mit der Schleppleine gearbeitet und zusätzlich mußte und muß er sich einen Teil seines Futters erarbeiten.
Ich handhabe es so, daß er nicht nur dann Futter bekommt, wenn er Kommandos ausführt bzw. eben nicht wie wild auf andere reagierte sondern kam, sondern ich werfe auch so, grade wenn nix los ist, Futter auf den Weg bzw. ins Gras.
Wenn jetzt z. B. in einigen Meter entfernung ein Hund auftaucht,der in eine andere Richtung geht, rufe ich Arno dicht zu mir und werfe dann einige Brocken für ihn. Natürlich darf er zwischendurch auch reichlich Kontakt aufnehmen, aber ich bestimme das wann und aus welcher Entfernung.
Ich kann Euch nur zu Geduld und Konsequenz raten, Arno hat jetzt nach fast 6 Monaten schon enorme Fortschritte gemacht.
Ich habe seinerzeit übrigens Arno einige Tage nicht direkt hungern lassen, aber doch recht sparsam gehalten bzw. er hat nur draußen was bekommen wenn er was richtig gemacht hat. Jetzt ist es so, daß ich höchstens noch 1/4 seiner Futtermenge auf den Gängen verfüttere (kommt auch drauf an, was er sonst so an Beschäftigung hat und wie und mit wem wir laufen).-
Viele Grüße
Wilma u. Arno (der auch heute noch gerne zu jedem anderen Hund hinmöchte, aber akzeptiert hat, daß das halt nicht immer klappt)

10. Juni 2001 15:08

Hallo Wilma!

Erst mal Danke für Deine Antwort.
Das Problem ist, daß Nico, wenn er erst Mal abgelenkt ist, auch auf die Lecker nicht mehr reagiert...obwohl er sonst immer Hunger hat!
Wir halten ihn auch recht knapp, was das Futter betrifft, also der Hunger ist da, aber die Ablenkung ist größer. Und ich mag ihn dann nicht mit der Leine ranzerren, oder wäre das in diesem Fall richtig? Ich will ja, daß er von sich aus aufmerksam verfolgt, was ich von ihm will...

Liebe Grüße,
Nathaly und Nico (der gerade mit Herrchen raus ist...:-)) )

10. Juni 2001 15:31

Hi,
hast Du es schonmal mit abrupten Richtungswechseln probiert ? So daß er das Ziel nicht mehr sieht ? Das dann ruhig ein paarmal hintereinander, bis er guckt was das "verrückte" ;-) Frauchen denn jetzt schon wieder vorhat.

Oder mit was anderem ablenken ? Lieblingsspielzeug ?

Fahr doch mal zum Hundeplatz wenn nicht "seine" Stunde ist, so daß er nicht immer Action damit verbindet. Ihr geht hin und geht wieder ;-)) oder guckt ein bißchen und geht wieder, absolut kein Grund sich so aufzuregen.

So was ist schwer hinzukriegen :-(, denn einerseits gönnt man den lieben Vierbeinern ja auch ihre Freude und muß sich selbst dann glaubhaft verkaufen.

Viel Erfolg !
Liebe Grüße
Gabi + Sheila, der so eine Aufregung viel zu anstrengend ist ;-))



10. Juni 2001 18:08

Hallo Nathaly,

da haben wir uns jetzt ein bißchen mißverstanden.
Also es geht jetzt nicht um die konkrete situation die du schilderst, denn das ist ja nur das Symptom. Die Ursache ist, daß für ihn andere Hunde wesentlich interessanter sind als ihr.
Mit der Schleppleine (wenn Du es richtig aufbaust und auch wirklich konsequent und lange genug machst) bringst Du ihn dazu sich auf Dich zu konzentrieren. Das festigt schon mal die Bindung. Das mit dem futter kommt dazu. Du kannst alternativ natürlich auch ein Spielzeug einsetzen. Das hätte nur bei Arno nicht funktioniert.
Im konkreten Fall, also wenn Du mit ihm läufst und er jetzt unbedingt zum anderen Hund hin will, er aber nicht soll, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Richtungswechsel oder aber absitzen lassen. Ist letzlich Geschmackssache und Nervensache was man einsetzt.
Du mußt halt wirklich davon ausgehen, daß es eine Weile dauert und wirklich Konsequenz erfordert. Und es mag Dir zuerst nicht gefallen Deinen Hund an der Schleppleine laufen zu lassen statt ihm die Freiheit zu gönnen. Aber glaub mir, umso schöner ist es, wenn er dann wirklich auf Dich konzentriert ist.
Ich habe wie oben geschildert bei Arno die Futterdosis, die er sich verdienen mußte erst recht hoch gesetzt. Das mag hart klingen, aber es ist wirklich ein gutes Mittel um die Aufmerksamkeit zu erringen. Und einem gesunden Hund schadet es ja auch nicht, wenn Du ihn erstmal ein bis zwei Tage hungern läßt bevor Du mit dem Training beginnst (bei Arno war das wg. Untergewicht nicht möglich, aber nach einigen schmalen Tagen klappte es dann doch gut). Und vor allem: Der Hund sieht es ja nicht als Strafe wenn er futter nicht aus dem Napf sondern als Belohnung für Kommandos oder suchen bekommt.
Was die Sache mit dem Hundeplatz direkt angeht, wenn der Platz nicht zu weit ist, würde mehrfach dort hinfahren und aussteigen ohne das was passiert vielleicht helfen.
Im Prinzip ist es ja aber eigentlich sehr positiv, wenn er sich auf den Platz so freut. Ist natürlich so ein Zwiespalt.
Viele Grüße
Wilma u. Arno (der vorhin im meterhohen gras wie ein Känguruh hüpfend sein Fressen gesucht hat u. jetzt selig pennt)


10. Juni 2001 20:52

Hallo Nathaly,

Gaby hatte Dir auch schon vorgeschlagen, "einen abrupten Richtungswechsel" durchzuführen. Ich möchte es noch etwas konkreter beschreiben, da ich mir am Anfang auch nur sehr wenig darunter vorstellen konnte.

Vorweg möchte ich Dir meine Quellen nennen und zwar:
1.
Das Buch "Der Wolf im Hundepelz" (Hundeerziehung aus einer anderen Perspektive) von Günther Bloch erschienen im Westkreuz-Verlag
2.
Die Videos: David Dikeman´s Command Performance (sind in Deutsch synchronisiert worden)

Das Ziel ist, den Hund auf Distanz zu verunsichern, damit er sich stets an seinem Halter orientiert und durch ihn Sicherheit erfährt:

Methode 1:
Du benutzt eine Schleppleine (ca. 10 oder 15 m). Die lange Leine wird bis auf 1m aufgerollt in der linken Hand gehalten, die Endschlaufe in der rechten Hand.
Der Hund darf nun ziehen und Blickkontakt auf Ablenkungen haben. Der Halter bewegt sich von Punkt A nach B nach C (ein von Dir erdachtes Dreieck) und läßt sobald der Hund Unaufmerksamkeit zeigt die Leine fallen (Endschlaufe in der Hand) und geht zügig ohne Kommentar (und ohne Blickkontakt zum Hund) in die entgegengesetzte Richtung. Dabei erhält der Hund einen Ruck und er wird Dich vermutlich verdutzt ansehen, wenn er auf Dich zukommt, lobst Du ihn freundlich (sonst keine Belohnung). Das übt man ca. 15 Minuten möglichst 2-3 Mal täglich eine knappe Woche lang.

Methode 2:
Bei der 2. Methode von David Dikeman benutzt Du auch die Schleppleine und gehst in einem von Dir "erdachten" Viereck, wo die Abstände der einzelnen Ecken ca. 22 Schritte betragen. Du beginnst bei A gehst 22 Schritte, wartest bei B ca. 2-3 Minuten (bis der Hund Dich nicht mehr beachtet) und gehst dann weiter zu C uws. Wichtig ist: Kein Blickkontakt zum Hund und er wird auch nicht belohnt, wenn er mitkommt nachdem Du losgegangen bist.
Bleibt er stehen, ziehst Du ihn hinter Dir her bis Du am nächsten virtuellen Punkt angekommen bist. Falls er Dir vor die Füße läuft oder Dich anspringt beachtest Du ihn nicht. Du läufst praktisch durch ihn hindurch. Du bist der Boss!!! Er muss Dir folgen.

Die Darstellung in dem Video gefällt mir persönlich am Besten, da mit verschiedenen Hunden die unterschiedlichsten Reaktionen gezeigt werden und wie man damit umgeht. Am Ende dieser Übung zeigten alle Hunde ein Verhalten als seien sie bereits abgerichtet worden. Sehr schön ist auch dargestellt, wie man diese Übung schrittweise schwieriger für den Hund gestalten kann.

Die Aufmerksamkeit Deines Hundes ist die Voraussetzung dafür, dass er Dir überhaupt gehorcht. Das gilt vor allen Dingen, wenn es um Ablenkung geht. Es sind ja die Ausnahmesituationen, in denen es besonders wichtig ist, dass Dein Hund Dir folgt.

Lange Rede, kurzer Sinn.

Viel Spass, Erfolg und vor allen Dingen Geduld!

Lieben Gruss ... Sonja