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Verhalten des Kangals

geschrieben von Melli(YCH) 
Verhalten des Kangals
09. Juli 2001 18:25

Hallo Ihr alle,

ich habe noch einmal das Bedürfnis, von unserem Nachbars-Kangal zu berichten (ich habe übrigens dem Tierschutz nun doch geschrieben, für diejenigen, die meine Berichte verfolgt haben.....wenn ich mich in einigen Wochen nicht mehr melde, hat mich mein Nachbar wohl erstochen).

Anfangs kam der Hund mit seinem Besitzer noch mit in Auslaufgebiete, wo der Hund einigermaßen Sozialverhalten lernte.
Mit zunehmendem Alter versuchte er andere Rüden unterzubuttern, aber auch solche, die klein beigaben.
Schon lange Zeit wird der Hund (jetzt im August wird er 2 Jahre alt)deswegen nur noch an der Leine geführt (würde auch jagen und hört kein Stück auf die Besitzer, will teilweise fahrende Autos, Motorräder, Fahrradfahrer usw. angreifen)) und ist anderen Rüden gegenüber sehr aggressiv.
Diese Aggression möchte ich etwas näher beschreiben, weil ich gerne die genauere Ursache dafür hätte. Ich bin mir da unsicher, was bei dem Kangal alles zusammen spielt und auch wenn Ferndiagnosen schwierig sind, fällt Euch ja vielleicht etwas ein......mich interessiert das nämlich sehr.
Also, einmal ist der Kangal wie gesagt nur an der Leine.
Wenn er Rüden bemerkt, steht er sofort in der Leine, will unbedingt dorthin. Wenn die Hunde näher kommen, rastet er völlig aus, springt bellend in die Leine, dreht total durch. Dies macht er immer, egal ob die anderen Hunde ebenfalls so reagieren oder cool weiterlaufen und sich nicht um ihn kümmern. Und er tut dies bei wirklich allen Rüden, auch bei Kleinsthunden.
Es wird ja oft gesagt, dass Leinenaggressivität Unsicherheit ist, aber kann es auch bei diesem Kangal so sein ?
Seine Körperhaltung entspricht zumindest nicht dem Angstbeisser, aber er macht sich schon noch größer, stellt die Nackenhaare auf und die Rute ist stocksteif oben aufgeringelt.
Ich weiss nicht, ob es sich bei dem Hund wirklich um Aggression aus Dominanz handelt oder nicht, da Dominanz und Unsicherheit ja so oft verwechselt werden. Man sagt doch z.B. auch, dass dominante (bzw. selbstsichere....wo genau liegt der Unterschied?) Hunde so ein Theater gar nicht nötig haben und keine Raufer sind. Jedoch entwickelte sich der Kangal zum Ende seiner Freilaufzeit ja auch schon zum Raufer, der andere Rüden provozierte. Er hat bei seinen Angriffen bis jetzt nie einen Hund wirklich verletzt (eine Schramme war das Schlimmste), was mich dann doch wieder SEHR erstaunt hat. Zu Freilaufzeiten passierten zum Beispiel folgende Dinge, als er mit dem Besitzer unterwegs war: Einmal hatte er einen Mops komplett im Maul und hat ihn sich um die Ohren geschlagen....der Mops hatte keinen Kratzer. Ein anderes Mal ging er heftigst auf einen Husky los und ich dachte, er reißt dem Husky den Rücken auf....der Husky hatte keinerlei Verletzungen. Bei allen Vorfällen ging der Besitzer des Kangals dazwischen, ich weiß also nicht, ob sonst mehr passiert wäre.
Die schlechte Haltung, mangelnde Auslastung, falsche Erziehung usw. spielt natürlich in seinem Verhalten auch eine große Rolle.
Es geht mir im Moment nicht um die Möglichkeit, sein Verhalten zu verändern, sondern rein um die Ursache seines Verhaltens.
Heute hatten wir dann eine kleine Keilerei: Eine Frau passte nicht auf und ließ ihren freilaufenden Hund zu dem Kangal. Dieser flippte natürlich sofort aus und stand knurrend und kläffend in der Leine. Der andere Hund stoppte kurz, kam dann jedoch sofort zielstrebig auf den Kangal zugerannt und schwups fetzten sie sich, alles ging blitzschnell. Nach wenigen Sekunden war alles vorbei (jeder Hund hatte eine kleine leicht blutende Schramme), die Hunde standen sich auf geringem Abstand gegenüber, der andere Hund (der ältere, aber körperlich weit unterlegene) fixierte den Kangal und dieser wendete den Kopf ab. Die Frau nahm ihren Hund weg, worauf beide Hunde in die Leinen sprangen und sich wie blöde ankläfften. Diese Situation erlebten also wir selbst mit dem Kangal, also in unserer Betreuung und wir hatten beide den Eindruck, dass der Kangal merklich verunsichert war.
Fällt Euch dazu etwas ein ?

Viele liebe Grüße, Melli & Wolf, der wieder mal die Streithähne trennen wollte, aber von mir zurückgerufen wurde.


09. Juli 2001 19:13

Hallo Melli,

mal eine Frage am Rande: Kannst Du 3sat empfangen ? Da wird z. Zt. sonntags die Docusoap "Ein Heim für alle Felle" wiederholt, in der u. a. auch einiges über Kangals und ihr Verhalten gesagt wird. Der tierheimleiter ist inzwischen gezwungenermaßen Experte für HSH.
Ich erinnere mich da an eine Vermittlung (ich glaube die wird in der laufenden Staffel noch mal erzählt) wo ein Kangaljunghund in eine Familie mit Hunderfahrung und einem erwachsenen Rüden vermittelt wurde und nach 14 Tagen hatte er nicht nur den Rüden total unter, auch auf Spaziergängen wurden fremde Rüden attackiert.
Ich denke bei "Eurem" Kangal kommt alles zusammen. Zum einen die Rasse, das ausgeprägte Territorialverhalten. Zum anderen natürlich das die Besitzer nach dem was Du so erzählt hast das ja wohl eher positiv fanden statt es etwas einzudämmen.
D. h. also der Hund hat keine Menschen, die er als Führer oder auch nur gleichwertig akzeptieren kann. Das er nur noch an der Leine geführt werden kann (was in diesem Fall sicher auch besser ist) steigert natürlich seine Agression und Unsicherheit.
Zudem sind HSH spätreif, sein Verhalten ist also noch nicht gefestigt aber er wird langsam erwachsen und wird immer mehr die Oberhand übernehmen.
Das den Hunden bisher nichts passiert ist, würde ich als Glücksfall sehen. Unter den gegebenen Umständen wird es dabei sicher nicht bleiben.
Das er auf den Angriff des anderen im Endeffekt verunsichert reagiert hat, wird daran liegen, daß er das sicher noch nie erlebt hat. Welcher Hund wagt sich schon an einen zumindest körperlich ausgewachsenen Kangal.
Ich würde das Verhalten des Kangals schon eher als unsicherheit einstufen. Dominanz ist wie hier schon öfter gesagt wurde relativ selten (Dominanzprobleme kann es dennoch grade in der Pubertätsphase mal geben).
Was den Unterschied zwischen selbstsicher und dominant betrifft, hm, schwierig das so zu erläutern. Ich würde sagen ein selbstsicherer Hund verhindert durch sein Auftreten eigentlich schon Raufereien mit anderen, er hat es eben nicht nötig. Würde versuchen das mit Körpersignalen zu lösen, ggfs. findet eine Rauferei statt aber ohne Blutvergießen. Ein dominanter Hund dagegen setzt alles dran den anderen Hund unterzubuttern, will also direkte Unterwerfungsgesten sehen.
Ich setze Dir noch einen link zu einer HSH-Seite.
Viele Grüße
Wilma u. Arno



09. Juli 2001 19:32

HI Melli :-)

:.....wenn ich mich in einigen Wochen nicht mehr melde, hat mich mein Nachbar wohl erstochen).

na, das will ich mal nicht hoffen ;-)

:
: Anfangs kam der Hund mit seinem Besitzer noch mit in Auslaufgebiete, wo der Hund einigermaßen Sozialverhalten lernte.

Da war er sicher noch welpig oder ein Junghund, nicht?

: Mit zunehmendem Alter versuchte er andere Rüden unterzubuttern, aber auch solche, die klein beigaben.
: Schon lange Zeit wird der Hund (jetzt im August wird er 2 Jahre alt)deswegen nur noch an der Leine geführt (würde auch jagen und hört kein Stück auf die Besitzer, will teilweise fahrende Autos, Motorräder, Fahrradfahrer usw. angreifen)) und ist anderen Rüden gegenüber sehr aggressiv.

Das ist leider für die Rasse nicht ungewöhnlich. Hast Du Dich mal mit Herdenschutzhunden befaßt? Diese Hunde sind komplett anders, als das, was man normalerweise unter einem Hund versteht. Sie sind enorm selbstsicher und teritorial bezogen, sprich, alles das was meins ist, muß gut behütet werden.
Typisch zB für Herdenschutzhunde ist, das die Besitzer Probleme bekommen, Fremde Leute in's Haus zu lassen, usw...
Mit Unterordnung sieht es auch nicht so toll aus. Sie ordnen sich nicht gerne unter. Einen "Kadavergehorsam" kannst Du bei einem solchen Hund nicht erwarten. Sie sind einfach ihr eigener Herr. Überleg' mal, diese Hunde wurden geschaffen, um völlig auf sich gestellt Viehherden vor wilden Tieren zu schützen. Meiner Meinung nach sind manche Herdenschutzhunde hier einfach völlig deplatziert!


: Also, einmal ist der Kangal wie gesagt nur an der Leine.

Das geht leider auch bei manchen Exemplaren dieser Rasse wirklich nicht anders... :-(

: Wenn er Rüden bemerkt, steht er sofort in der Leine, will unbedingt dorthin. Wenn die Hunde näher kommen, rastet er völlig aus, springt bellend in die Leine, dreht total durch. Dies macht er immer, egal ob die anderen Hunde ebenfalls so reagieren oder cool weiterlaufen und sich nicht um ihn kümmern.

Tja, da hat er sich vermutlich schon in dieses Verhalten reingesteigert, und es gefestigt.

: Es wird ja oft gesagt, dass Leinenaggressivität Unsicherheit ist, aber kann es auch bei diesem Kangal so sein ?

Wie gesagt, ein Kangal ist ein völlig anderer Hund. Solche Grundsätze werden hier außer Kraft gesetzt. Ich gehe nicht davon aus, das er unsicher ist. In der Regel ist ihr Selbstbewußtsein unerschütterlich.

: Seine Körperhaltung entspricht zumindest nicht dem Angstbeisser, aber er macht sich schon noch größer, stellt die Nackenhaare auf und die Rute ist stocksteif oben aufgeringelt.
: Ich weiss nicht, ob es sich bei dem Hund wirklich um Aggression aus Dominanz handelt oder nicht, da Dominanz und Unsicherheit ja so oft verwechselt werden.

Wie gesagt, ich gehe nicht davon aus, das es sich hier um Unsicherheit handelt. Ich habe bisher an Kangals nur einen unsicheren kennengelernt, und der hatte wirklich eine Menge hinter sich und kroch quasi mit den Brustwarzen über den Boden ;-)

: Man sagt doch z.B. auch, dass dominante (bzw. selbstsichere....wo genau liegt der Unterschied?) Hunde so ein Theater gar nicht nötig haben und keine Raufer sind.

Oh doch, es gibt sehr viele dominate Raufer. Eine Rauferei entsteht einfach oft nicht, weil der andere die "Stärke" merkt, und sich evtl gleich durch entsprechende Gestik unterwirft. Mit dominanten Raufern haben wir in Kursen sehr viel Arbeit :-(

Ein abgeklärter, erfahrener Rüde, der wird eine Rauferei nicht nötig haben, bzw diese nicht provozieren.


: Jedoch entwickelte sich der Kangal zum Ende seiner Freilaufzeit ja auch schon zum Raufer, der andere Rüden provozierte.

Das ist leider oft normal. Glücklicherweise sind diese Hunde Spätentwickler, dh sie sind geistig erst sehr spät fertig.

: Einmal hatte er einen Mops komplett im Maul und hat ihn sich um die Ohren geschlagen....der Mops hatte keinen Kratzer.

trotzdem, armes Kerlchen... Du siehst ein, das solche ein Hund besser an der Leine bleibt? Ein tolles Unterordnungstraining ist bei diesen Tieren beinahe nicht möglich (Ausnahmen bestätigen die Regel).

: Die schlechte Haltung, mangelnde Auslastung, falsche Erziehung usw. spielt natürlich in seinem Verhalten auch eine große Rolle.
: Es geht mir im Moment nicht um die Möglichkeit, sein Verhalten zu verändern, sondern rein um die Ursache seines Verhaltens.

Die Ursache ist: der falsche Hund am falschen Ort. Dies muß nicht mal Absicht von seinem Besitzer sein. Vermutlich weiß er gar nicht, womit er es zu tun hat.

: wir hatten beide den Eindruck, dass der Kangal merklich verunsichert war.
: Fällt Euch dazu etwas ein ?

Evtl. hat der andere ebenfalls eine selbstsichere Ausstrahlung. Kämpfe / Rangordung haben ja nicht unbedingt was mit Größe zu tun.

Wie alt ist er überhaupt? Wenn er unter 2 Jahren (manchmal auch 3) ist, ist er ja quasi noch ein Kind ;-) Da würde dann der Besitzer noch eine Menge "Spaß" mit ihm haben...

Liebe Grüße

Gesa & Borderbande
:
: Viele liebe Grüße, Melli & Wolf, der wieder mal die Streithähne trennen wollte, aber von mir zurückgerufen wurde.
:


09. Juli 2001 19:57

Hallo Gesa,

: Mit Unterordnung sieht es auch nicht so toll aus. Sie ordnen sich nicht gerne unter. Einen "Kadavergehorsam" kannst Du bei einem solchen Hund nicht erwarten. Sie sind einfach ihr eigener Herr. Überleg' mal, diese Hunde wurden geschaffen, um völlig auf sich gestellt Viehherden vor wilden Tieren zu schützen. Meiner Meinung nach sind manche Herdenschutzhunde hier einfach völlig deplatziert!

Ganz meine Meinung, deshalb hat mich auch gewundert, als ich auf der von Wilma gelinkten Seite gelesen habe, daß der Kangal auch vom türkischen Militär und der Polizei als Schutzhund eingesetzt wird.

In diesem Fall müßte der Hund doch zu einem sehr guten Gehorsam bereit sein? Oder wird er von den Soldaten und Polizisten vielleicht nur zur optischen Abschreckung mitgenommen??

Überhaupt wird er auf dieser Seite unter bestimmten Umständen als durchaus geeigneter Familienhund beschrieben, was in unseren Breiten doch kaum einmal der Fall sein wird.

Grüße
Sabine S.

P.S.: Wie geht es eigentlich deiner Bernerin inzwischen?


09. Juli 2001 21:01

Hallo Sabine,

ich denke mal, daß diese Hunde nicht in unserem Sinne als Schutzhund eingesetzt werden. Sondern wirklich eher als Drohung.
Allerdings scheint es möglich zu sein, ein Team mit diesem Hund zu bilden, wenn man ihn als das nimmt was er ist. Und das können wohl die wenigstens. Und vor allem können sie ihm nicht das bieten was er ansonsten noch braucht nämlich ein Gebiet bzw. eine Herde zum bewachen.
Viele Grüße
Wilma u. Arno


09. Juli 2001 21:09

noch ein kleiner Nachtrag. Ein Link, den ich grade gefunden habe und der beide Seiten beleuchtet.