Hallo Eva,
ich hänge mich mal bei Dir rein, weil ich da nur ein oder zwei Sätze herausklauben muß.
Die Diskussion über Dominanz wäre sicherlich erleichtert, wenn alle Beteiligten eine klare Vorstellung dessen hätten, was sich hinter dem Begriff verbirgt,. Soll heissen: wenn man von einer einheitlichen Definition ausginge.
Das Gegenteil scheint mir der Fall zu sein: wie bei einer Reihe anderer Schlagworte auch, versteckt man sich oft hinter dem Dominanzbegriff, wenn man eigentlich nicht so recht weiss, was gerade abläuft und aus welcher Motivation heraus dies geschieht.
Um eines deutlich zu machen: ich leugne weder Dominanz, noch halte ich es für sinnvoll, diesen und andere Begriffe zu streichen, weil meist in einer sehr verwaschenen und pauschalisierenden Weise damit umgegangen wird.
Die Frage die sich für mich stellt ist, sofern ich Dominanz feststelle: was resultiert daraus? Sehe ich eine eigene Position oder die Stabilität einer Gruppenbeziehung in inakzeptabler Weise als angegriffen an? Wie begegne ich dem?
Martin Pietralla hat vor längerem in einem anderen Forum Dominanz mal damit umschrieben, dass sie die Inanspruchnahme und Kontrolle über Ressourcen bedeute. Mir erscheint dies bislang von allen Definitionen die passendste zu sein.
Um nun endlich konkret zu Deinem posting zu kommen:
: Dominanz ist für mich vor allem absolut Situationsbedingt
Hier würde ich differenzieren. Die Ausübung von Dominanz ist wohl meist situationsbedingt. Derjenige, der Ressourcen kontrollieren kann, bestimmt wohl auch den allgemeinen Geschehensablauf. Ob er dies dann auch situativ in einer konkreten Fallgestaltung tut, hat meines Erachtens mit dem Moment und dessen Bedeutung zu tun.
:und spielt auch eher bei der Interaktion zwischen Hunden eine Rolle, als uns gegenüber.
Nein, das denke ich nicht. Ich unterstelle zwar, dass Hund sehr wohl wahrnimmt, das wir keine Hunde sind. Das befreit ihn aber nicht von seinem biologischen Grundgerüst. Ein Hund, der eine von beanspruchte Ressource, sei es einen Kochen, einen Liegeplatz oder ein Spielzeug knurrend verteidigt, verhält sich in dieser Situation auch dem Menschen gegenüber dominant. Er verwahrt sich mit Nachdruck gegen die Inanspruchnahme von etwas, das er als ihm gehörend ansieht.
:Wenn ein Hund bei Hundebegegnungen absolut souverän auftritt und ohne großes Gehabe sofort als Chef anerkannt wird- dann ist das für mich Dominanz.
Das bezeichne ich als Autorität.
: Gelernt hat das Hundi dadurch vielleicht eins: Herrchen ist ziemlich unberechenbar- und ganz sicher kein souveräner Chef.
Und damit ist Herrchen keine Autorität, auch wenn Herrchen sich dominant verhält.
:vielleicht hatte er einfach Langeweile oder Hunger, als er den Mülleimer ausgeräumt hat?
Selbstverständlich tut Hund nicht all das, was er tut, UM dominant zu sein. Ich würde dennoch bei einer Reihe von Verhaltensweisen davon ausgehen, DASS Hund sich dominant verhält, weil er es sich herausnimmt zu entscheiden, wer über welche Ressourcen verfügen darf.
Mein liebstes und deutlichstes Beispiel für Dominanzverhalten:
Unsere drei Hunde bekommen jeder einen grossen Kauknochen, an dem man stundenlang nagen kann. Meine Hündin legt ihren eigenen Knochen vor sich, marschiert dann zu den beiden Rüden und klaut denen die beiden anderen Knochen. Anschließend liegt sie auf dem Teppich, alle drei Knochen vor sich und besteht darauf, dass dies auch so bleibt.
Der Witz bei der Sache ist nur der, dass in anderen Fallgestaltungen die Sache wieder ganz anders aussieht.
Und dass die Hündin in vielerlei anderer Hinsicht wiederum ängstlich und unsicher ist.
Man sollte daher wohl sehr genau beobachten und sich vor Augen halten, dass die Konstellationen und situativen Verhaltensweisen wechselnd sind.
Bezogen auf die eigenen drei Hunde würde ich es vorsichtig damit umschreiben, dass der Altrüde sicherlich am ehesten das Sagen hat.
Er kann, muß allerdings von seiner Dominanz nicht ständig Gebrauch machen, sondern entscheidet, wo dies für ihn nötig ist und wo nicht.
War lange, ich weiss, aber gerade bei den überstrapazierten Schlagworten geht das nicht anders.
Viele Grüße,
andreas