Liebe Caro,
Dobis sind ja generell hochsensible, oft hypernervöse und zu Unsicherheit neigende Hunde. Meine Hündin ist zum Glück selbst in Situationen, in denen sie Angst hat, immer "lieb", selbst beim Tierarzt, wo sie immer zittert und schreit, versucht sie höchstens vom Tisch zu flüchten, käme aber nie auf die Idee, zu schnappen.
Ich könnte mir vorstellen, dass auch dein Hund einfach total verunsichert ist, dafür spricht ja auch, dass du sagst, er hätte in letzter Zeit wenig Kontakt zu Menschen gehabt.
Du musst natürlich unbedingt etwas dagegen tun, wenn er auf eine Situation mit Aggression reagiert. Aber gleichzeitig musst du einfach daran arbeiten, ihm Sicherheit zu geben.
Versuche, dich zu erinnern, in welchen Situationen er bellt oder schnappt. Warst du da vielleicht auch unsicher? Hast du ihn vielleicht angeschrien, er soll aufhören zu bellen?
Meine reagiert schon völlig verstört, wenn ich nur mal etwas lauter mit meinem Mann spreche, wenn sie merkt, dass ich verärgert bin.
Es sind einfach absolute "Seelchen", die mit Stress schwer umgehen können. Versuch' also unbedingt einen Trainer oder eine Trainerin zu finden, die nicht mit Härte arbeiten, wo der Hund nicht angebrüllt wird. Konsequenz ist absolut notwendig, aber immer so emotionslos wie möglich (auch wenn das höllenschwer ist).
Aber du darfst nie dazu beitragen, deinen Dobi noch nervöser zu machen. Versuch' statt dessen, alles zu tun, was ihn beruhigt und ihm Sicherheit gibt. Fang langsam an, unter Menschen zu gehen, erstmal an der Leine natürlich. Vielleicht erstmal die Menschen von Ferne begucken, dann immer etwas näher ran. Gib' ihm gar keine Chance, unsicher zu werden, oder eine negative Erfahrung zu machen. (Und wenn er schnappt, und dann geschimpft wird, ist das natürlich eine heftig negative Erfahrung. Natürlich sollst du ihn jetzt nicht dafür loben, dass er geschnappt hat, sondern ihm zunächst erstmal keine Gelegenheit zum Schnappen bieten.)
Meine Kleine hatte als Welpe natürlich auch Angst vor der Großstadt. Die vielen Menschen, die Autos, die Geräusche, die vielen Lichter und Scheinwerfer am Abend. Aber wir haben immer ganz beruhigend mit ihr gesprochen (nicht tröstend!) und sie langsam nach und nach an immer mehr Reize gewöhnt.
Dann hatte sie nur noch Angst vor Ungewöhnlichem, z.B. Menschen mit Plastiktüten, oder Behinderten, oder auch Schwarzen. Eben alles, was ihr nicht "normal" erschien. Ich habe dann besonders nett mit ihr gesprochen, wenn "so jemand" auftauchte, und bei einem ganz freundlichen Rollstuhlfahrer haben wir dann den Rollstuhl begutachten dürfen, und schon fand sie es nicht mehr beängstigend, sondern hochspannend.
Und der Rest war dann vorsichtige Gewöhnung, und vor allem, dass ich ihr immer wieder vermittelt habe, dass es sich nicht um eine seltsame sondern eine stinknormale Situation handelt.
Also such dir einen erfahrenen und vor allem verständnisvollen (keinen ruppigen!) Trainer, versuch' aber gleichzeitig selbst, deinem Hund Ruhe und Gelassenheit zu vermitteln.
Viel Glück!
Suse