Hallo Carola,
ich nehme an, mit Welpenvermittlung meinst Du so einen Massenvermehrer. Dann liegt es auf der Hand, ihr angstaggressives Verhalten rührt von fehlender Sozialisation. Ich nehme an, dass sie während ihrer Prägungsphase im Welpenalter kaum Umwelterfahrungen machen konnte und die Aufzuchtbedingungen alles andere als ideal waren.
Du fragst, ob Du daran noch etwas ändern kannst. Nun, sagen wir mal so, ein Hund, der völlig selbstsicher durch die Welt geht und mit allen möglichen neuen Situationen klar kommt, wird sie sicher nicht mehr werden. Trotzdem kannst Du ihr dabei helfen, etwas mehr Vetrauen in die Welt zu entwickeln, damit Ihr Euren Alltag weitestgehend stressfrei meistern könnt.
Entscheidend ist dabei zunächst einmal, dass Du ihr eine ruhige und souveräne Leitfigur sein musst. Sorge für einen klar strukturierten Tagesablauf mit vielen Ritualen, an denen sie sich orientieren kann und die ihr Sicherheit bieten. Auch eindeutige Regeln, was sie darf und was nicht, gehören dazu, damit sie ihre Umwelt und auch Dich klar einschätzen kann.
Außerdem passiert es leicht, dass man die Ängstlichkeit eines Hundes unbewusst verstärkt, obwohl man es eigentlich nur gut meint. Mach nicht den Fehler, sie zu sehr zu betüddeln. Wenn sie auf etwas ängstlich reagiert, dann tröste sie nicht und rede nicht dauernd beschwichtigend auf sie ein. Damit belohnst Du sie im Prinzip für ihre Angst und sie bekommt das Gefühl, dass tatsächlich etwas Bedrohliches an dieser Situation dran ist. Wenn sie also "durchknallt", dann bewahre die Fassung, bleib ruhig und verhalte Dich so, als sei überhaupt nichts Erwähnenswertes los. Lenk sie ab, durch Spiel, durch Weitergehen, durch ein paar einfache Kommandos, die sie kennt und ausführen kann. Wie Du im Einzelnen am besten vorgehst, hängt von der jeweiligen Situation. Fürchtet sie sich z.B. draußen vor etwas, geh fröhlich aber ruhig mit ihr weiter. Ist es drinnen etwas, wie z.B. Besuch, hilft es ihr vielleicht, wenn Du sie in ihr sicheres Körbchen schickst und sie dort platz-bleib machen lässt, bis sie sich beruhigt hat. Wie gesagt, was im Einzelnen angebracht ist, dafür musst Du selbst ein Gespür entwickeln, weil jede Situation anders ist.
Versuche, sie schrittweise an verschiedene Umweltsituationen zu gewöhnen. Überstürze dabei nichts und geh in solch kleinen Schritten vor, dass ihr sichere Chancen auf Erfolge habt. Nach jedem kleinen Schritt, den sie gemeistert hat, ohne in Panik zu geraten, muss eine ganz tolle Belohnung folgen.
Beispiel, ein Hund, der sich vor dem Autofahren fürchtet: Zunächst einfach nur an das geschlossene Auto herangehen und dort Leckerlis geben oder spielen etc.. Wird das ohne Angstanzeichen gemeistert - Autotür auf, an die Tür rangehen und wieder Leckerlis oder andere Belohnungen, solange bis der Hund ohne Angst an der offenen Tür stehen kann. Dann langsam das Einsteigen üben - selbe Prozedur, danach mit geschlossener Tür - Hund und Mensch im Auto, aber noch nicht losfahren. Sitzt der Hund oft genug ohne Probleme im geparkten Auto und hat keine Probleme mehr damit, kann man das Auto starten - selbe Prozedur. Klappt auch das gut, kann man die erste kleine Fahrt unternehmen, vielleicht nur gerade um die Ecke und dann Gassi dort gehen, auch eine schöne Belohnung. Immer dafür sorgen, dass die Autofahrten anfangs mit einem supertollen Erlebnis enden, bevor es wieder heimwärts geht.
Das war jetzt nur ein Beispiel, um zu demonstrieren, was ich mit kleinen Schritten meine. Das Autobeispiel spielt sich logischerweise nicht an einem einzigen Tag ab, sondern dauert Tage, evtl. Wochen.
Das hört sich jetzt natürlich sehr mühsam und langwierig an, ist es am Anfang auch. Aber Du wirst sehen, dass es ihr mit der Zeit immer leichter fällt, zusammen mit Dir neue Dinge anzugehen.
Voraussetzung dafür ist natürlich, dass das Üben frei von jedem Druck und unangenehmen Einflüssen deinerseits sein muss. Nur dann lernt sie, Dir zu vertrauen und sich an Dir zu orientieren.
Überfordere sie nicht, vermeide im Moment Situationen, die sie völlig aus dem Tritt bringen sondern arbeite Dich gaaaanz langsam zu diesen Dingen vor. Ein Hund, der in Panik ist, kann nicht lernen, er ist total blockiert. Deshalb wähle Deine Anforderungen immer so, dass sie noch in der Lage ist, etwas aufzunehmen.
Noch was, ich könnte mir vorstellen, dass einige Leute Dir raten werden, mit Deiner Hündin eine Hundeschule zu besuchen. Ich halte das zum jetzigen Zeitpunkt für verfrüht. Erst wenn Dinge wie fremde Menschen, viele Stimmen, fremde Hunde und fremde Orte sie nicht mehr panisch werden lassen, solltet ihr sowas angehen.
Als Letztes möchte ich Dir noch sehr ans Herz legen, Dich über Clickertraining zu informieren. Das kannst Du hier im Clickerforum oder z.B. bei www.clickertraining.de. Clickertraining ist eine feine Sache und insbesondere bei ängstlichen Hunden kann man erstaunliche Erfolge erziehlen. Es gibt dazu auch Bücher, z.B. von Martin Pietralla und Birgit Laser. Es lohnt sich wirklich, sich dort reinzuarbeiten und vor allem macht es Hund und Mensch Spaß.
Leider sagt Dein Posting nichts über konkrete Dinge, die ihr Angst machen, aus. Deshalb kann sich eine Antwort nur auf Grundsätzliches beziehen. Wenn Du irgendwie nicht weiter kommst, dann poste doch noch mal einen konkreten "Angstfall". Das macht es einfacher, Dir Tipps für den Übungsaufbau zu geben und eine Antwort ist dann nicht so "wischiwaschi".
Ich wünsche Euch jedenfalls viel Erfolg, mit Geduld und Ruhe werdet Ihr das schon zusammen schaffen.
Liebe Grüße
Conny