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Ohne Worte...

geschrieben von Daniel(YCH) 
Ohne Worte...
22. Mai 1999 21:28

Ohne Worte?


Nachdem ich in der letzten Zeit mehrere Hundeplätze und Hundeschulen besucht habe, wurde mir wieder so richtig auffällig, wie ausgiebig dort alles auf verbale Kommunikation ausgelegt ist, was mich wiederum zu der Frage trieb, warum?
Da es rudelintern kaum verbale Kommunikation gibt, stellt sich hier doch die Sinnfrage - und die Frage der Notwendigkeit.
Die eingeschränkte Richtigkeit der Übertragung wölfischen, auf hündisches Verhalten einmal
Ganz außer Acht gelassen, versuche ich einmal zu erklären, weshalb wir zu viel mit unseren Hunden reden.
Die einzigen Lautäußerungen, die rudelintern ablaufen, betreffen das Knurren, welches eine einschränkende Warnung bedeutet, das kläffende Spiel-Auffordern, den gejaulten Schmerz (bzw. dessen Vorankündigung), das "Verbellen" unliebsamer oder vermeintlich gefahrbringender Gegebenheiten und das "howling" (heulen) zum Zusammenruf des Rudels.
Jedwede andere Verständigung innerhalb eines Wolfs- und/oder Hunderudels läuft nonverbal ab.
Macht ein Rudelmitglied beispielsweise eine vermeintlich jagdbare Beute aus, so orientiert es sich zunächst am Rudelführer, und beachtet dessen Körpersprache. Dreht dieser desinteressiert ab, so hat sich die Sache erledigt. Zeigt er jedoch Spannung und nachhaltig erregte Beachtung des Erblickten, so wird dies als Jagdaufforderung angesehen, was entsprechende Verfolgung (Einkreisung, Wegabschneidung) zur Folge hat. Der Leitwolf äußert sich nicht stimmlich.

Es gibt also im Verbalverständnis des Caniden keine Kommandos für die gewollte Erledigung bestimmter Aufgaben.

Warum also, sind wir in Erziehung und Ausbildung so versteift auf Worte?
Letztlich nur, weil wir gewohnt sind, mehr auf dieselben zu achten, denn auf Körpersprache.

Wir glauben an Worte, weil wir verlernt haben, Gestik und Mimik richtig zu deuten. Die Psychologie indes, hat in ihrem Streben nach Erkennung, die Aussagekraft der Gestik und Mimik immer sehr hoch eingeschätzt.

Die Körpersprache ist die wohl älteste, ehrlichste und sicherste Art der Kommunikation, die wir kennen - und doch legen wir viel zu wenig Wert darauf.

Der Hund kann sicher nicht so detailgetreu sehen, wie wir Menschen - doch kann er geringste Bewegungen auf eine sehr große Entfernung ausmachen, was uns wiederum zeigt, daß dies für ihn ursprünglich wichtig ist, da sonst diese Fähigkeit nicht vorhanden wäre.

Warum also versuchen wir, dem Hund eine Sprache aufzudrängen, die er kaum verstehen kann - warum "reden" wir, wenn wir viel einfacher "zeigen" können?

Die Tatsache, daß wir extrem verbal orientiert sind, führt zu immerwährenden Mißverständnissen im Hund-Mensch-Verhalten.
Wir kombinieren sprachliche Äußerung mit Verstehen - der Hund aber nicht.
"Ich hab´s ihm doch gesagt, daß er ... machen soll"...

Entfernen wir uns jetzt einmal von aller stimmlicher Einflußnahme, so stellen wir in kürzester Zeit fest, daß wir dadurch mehr Verständnis, gesteigerte Lernbereitschaft und viel mehr visuelle Orientierung seitens unseres Hundes erreichen.

Und das ist im Endeffekt genau das, was wir wollen. Sieht unser Hund z.B. vermeintlich jagdbares Wild, so soll er sich an uns orientieren, ob es erwünscht ist, die Verfolgung aufzunehmen. Geben wir kein unterstützendes Körpersignal, bzw. ein abwiegelndes Körpersignal, so ist dieses Wild nicht jagdbar. Ergo wird es uninteressant.

Daß dies in Konsequenz erst dann funktioniert, wenn wir der verständigen Körpersprache mächtig sind und unser Hund uns als "Leitenden" anerkannt hat, versteht sich von selbst.

Allerdings ist es gar nicht so schwierig, einen Hund auf Gestik einzulernen - im Gegenteil - es ist einfacher, als Verbalkommandos zu lehren, da es für den Hund verständlicher ist.

Das einzig wirklich wichtige, hörbare Kommando, sollte das sein, welches ihn zur visuellen Aufmerksamkeit zum Führer leitet.
Auch das "Hey", welches ich als "Abbruchkommando" tituliere, ist nichts anderes, als der Hinweis: "Höre auf, mit dem, was Du tust - und achte auf mich".

Ob wir jetzt einen Pfiff, oder ein Händeklatschen als Aufmerksamkeitserregung verwenden, ist gleichgültig - wichtig ist, daß wir jedwede Lautäußerung nur im Extremfall anwenden -
nämlich dann, wenn unser Hund anderweitig extrem interessiert, bzw körperlich abgewandt ist

Ansonsten gehen wir einfach einmal davon aus, daß er uns bemerkt, was zur Folge hat, daß er vermehrt auf uns achtet, da er sonst zuviel verpasst.

Schränken wir unsere verbalen Kommandos auf "Null" ein, so erreichen wir Folgendes:

Der Hund, der gewohnt ist, daß er permanent verbal kontrolliert und berichtigt wird, ist plötzlich alleine gelassen, da keine "Befehle" mehr kommen. Folglich erreicht man eine gewisse Verwirrung, die sich darin äußert, daß er sich "rückversichert". Dies kann aber wölfisch/hündisch nur visuell erfolgen, weshalb er nach uns schaut.
Hier haben wir dann die Möglichkeit der stärksten Einflußnahme. Entweder durch Ignorieren/ Abschwächen - oder durch Unterstützen.

Wir wollen erreichen, daß nicht wir auf den Hund achten müssen, sondern der Hund auf uns.
Also müssen wir lernen, loszulassen, anstatt zwanghaft binden zu wollen.

Das ganze ist selbst für einen Laien recht einfach umzusetzen, indem man sich z.B. ein einwöchiges "Schweigegelübde" auferlegt und während dieser Zeit auch nur in Einzelfällen Blickkontakt zum Hund sucht.

Geeignete gestikuläre Zeichen kann ich leider nicht gut schriftlich beschreiben - jedoch hat sich in meiner Erfahrung der erhobene Zeigefinger als "Sitz"-Kommando, die nach unten weisende Hand, als "Platz"-Kommando, die ausgestreckte Hand, als "Steh"-Kommando erfolgreich erwiesen. Das Herankommen ist indes eine sehr positive Aufforderung, weshalb hier eine "runde", nonaggressive, heranwinkende Arm-Bewegung, sich als Bestens erwiesen hat.
Probiert es einfach mal aus, ohne Stimme mit Eurem Hund zu kommunizieren und Ihr werdet feststellen, daß sich dessen Verhaltensweisen innert kurzer Zeit zum Positiven verändern - ganz einfach, weil er vermehrt auf Euch achtet, Euch besser versteht und nicht unter mißverständlichen Druck gerät.
Zur Erregung seiner Aufmerksamkeit, sollte auch nur ein neutraler Laut - nicht aber ein Wort dienen.


Viel Spass - und viel Erfolg beim Ausprobieren

Daniel



23. Mai 1999 18:28

Hallo Daniel

Beim Agility, wo die Körpersprache sehr wichtig ist, habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass das Mensch/Hund-Team bei einem lautlos absolvierten Parcours besser harmoniert, als wenn der/die Führer(in) dauernd auf dem Platz herumbrüllt. Die Hundeführer(innen) achten zudem besser auf ihre Zeichengebung und Körpersprache. Ich bin also ganz deiner Meinung.

Liebe Grüsse

Corinne und Lenny



24. Mai 1999 08:49

Hallo Daniel,

Du sprichtst mir aus dem Herzen. Seit Jahren versuche ich die non-ver-
bale Kommunikation den Leuten zu erklären und in ihren Köpfen festzu-
machen. Bisher leider mit nur mäßigem Erfolg. Die Menschen sind an-
scheinend zu bequem ihre Gestik und Mimik zu überprüfen und sie dann
sinnvoll in der Hundeerziehung bzw. -haltung einzusetzen.

Ciao Petzi

24. Mai 1999 10:58

Hallo Daniel,

der Hund versteht den Menschen sicherlich genausogut ohne, als mit Worten. Die Schreierei auf den Hundeplätzen ist absoluter Blödsinn, wenn man bedenkt, daß der Hund auch ein Flüstern versehen würde, wenn er es gelernt hätte.
Aber: der Mensch ist eine verbal- komunikative Rasse. Wenn sich unsere Verständigung nur auf Zeichen- und Körpersprache beschränken würde, wären wir in unserer Entwicklung noch ziemlich weit zurück. Es liegt uns eben nicht nur mit Gebärden zu sprechen, auch nicht mit den Tieren.
Der Hund MUSS mit uns im Menschenrudel leben, also wird er unser "Sprache" lernen müssen um uns zu verstehen. Ein Hund der schon ein paar Jahre mit dir lebt kennt dich besser als du selbst und weis schon im voraus was du als nächstes tun willst.
Meine Devise ist: der Hund muß sich dem Menschen anpasse, nicht umgekehrt. Selbst die Obidience-Hunde müssen erst den akustischen Befehl lernen ehe sie auf die Zeichensprache umgestellt werden können.

Der Gedanke, daß wir mehr auf unsere Hunde achten bzw. sie mehr beobachten sollen ist sicherlich richtig und so mancher Hundebesitzer wäre erstaunt, was sein Hund ihm alles mitteilen kann.
Es ist für einen Außenstehenden immer verblüffend, wenn der Fiffi auch auf den ausgestreckten Zeigefinger reagiert, aber ich möchte weiterhin mit meinen Hunden reden können.

Noch einen schönen Pfinstmontag
wünscht dir die quasselige Elke & ihr geduldiger Anhang

24. Mai 1999 11:37

Hi Elke,

ich glaube, daß viele Leute so denken, daß sich der Hund dem Menschen anpassen muss, und das ist meiner Auffassung nach völlig falsch. Ein Hund kann nicht bewusst denken, demzufolge kann er auch nicht umdenken. Wir Menschen können uns bewusst auf eine andere Art der Sprache umstellen und somit ist es für uns wesentlich leichter, uns zu verhundlichen. Ich kann Daniel nur zustimmen, wenn er sagt, daß auch für Menschen untereinander eigentlich die Körpersprache, d.h. die Gestik und Mimik das entscheidende ist, nur leider wissen das viele Menschen nicht. Dazu kommt noch, daß viele Menschen, die meinen, ihr hund müsse sich an sie anpassen, denken, er müsse auch den Sinn ihrer Worte verstehen. Woher soll ein Hund das können???Ich denke genau da liegt der Fehler vieler Hundebesitzer.

Bis dann

Franziska

24. Mai 1999 13:15

Hallo Daniel,

leider ist es Tatsache, dass der Grossteil der Hundehalter nicht die
geringste Ahnung von der Koerpersprache der Hunde hat.

Wie sonst ist es zu erklaeren, das zB. auf-den-Arm-nehmen oder
auch das Wegreissen am Halsband immer noch der Normalfall ist
und so dem Hund jegliche Moeglichkeit zur innerartlichen Kommunikation
genommen wird.

Und jetzt kommst Du, und sagst, der Hundehalter soll auch noch selber
mit dem Hund durch Koerpersprache kommunizieren.....smiling smiley)

Aber ich sehe das genauso wie Du.
Ich "rede" zwar auch viel mit meinem Hund, aber Koerpersprache hat sich
als effektiv herrausgestellt, wenn ich wirklich etwas kommunzieren will.

In dem Zusammenhang hab ich auch eine Frage:
Durch welche Signale loesst sich eigentlich die T-Stellung auf?

Gruss
Sonja und Nero