Betrachtet man den Übungsbetrieb auf einem durchschnittlichen Hundeplatz, so scheinen Ausbildungsmethoden und allgemeiner Umgang mit den Tieren im großen und ganzen in Ordnung zu sein. Von grobschlächtigen Zwangs- und Gewaltmethoden ist für gewöhnlich nicht viel zu sehen. Man mag sich gelegentlich an der einseitigen Art und Weise stören, wie die Hunde konditioniert werden, da sie eher an Dressur als an Ausbildung erinnert, jedoch scheint insgesamt eine liebevolle Zuneigung zu den Tieren vorzuherrschen, der Ton ist moderat gehalten, Geduld wird als Tugend gepflegt.
Dieser insgesamt positive Eindruck hält allerdings nur so lange vor, als die Hunde im Rahmen der gängigen Ausbildungs- und Konditionierungskonzepte Fortschritte – wenn vielleicht auch langsame, jedoch sichtbare – machen. Das Wissen der Übungswarte führt über diese Konzepte und die "zwanzig Jahre Erfahrung im Hundesport" normalerweise nicht hinaus – es sind Ausnahmeerscheinungen, die sich ein Wissen erarbeitet haben, das als Erweiterung angesehen werden kann. Sobald also ein Hund, sei es aus seinem natürlichen Phlegma, sei es aus seinem überschäumenden Temperament, dem "Fortschritts- und Erfolgsdenken" einmal nicht genügt, wissen diese Übungs- und Ausbildungsexperten nur einen Ausweg: den der gewaltsamen Einwirkung. Es beginnt mit dem widerwärtigen Gebrüll, das ich für meine Person immer abgelehnt habe, und endet beim Schlagstock, beim Stachel und beim Reizstromgerät. Mag man einen Hund, dem es an Arbeitsfreude fehlt, noch mit Ball und Futter fördern, so ist der überschäumende, kaum zu kontrollierende Hund (den sie ja alle haben wollen) für diese Leute das gefundene Opfer; anstatt Phase für Phase des Übungsablaufs ruhig zu erarbeiten, bis sie befriedigend abrufbar ist, setzen sie auf nackte Gewalt: das Hinabzerren in die Platzposition mit Hilfe einer im Boden verankerten Öse; das Herumreißen am Stachelhalsband, wenn der Hund das Knie verläßt; den Zwangsapport mit Stachel und mehreren Leinen; oder das Niederschmettern des Tiers, wenn es nicht auslassen will. Ja, sogar bei der Fährtensuche, der natürlichsten Arbeit, die es überhaupt gibt, wird mit ausgeschärften Stacheln zu Werke gegangen (habe ich selbst unlängst gesehen). Der nächste Prüfungstermin naht, die Ausbildungsziele müssen erreicht werden, für einen langfristigen Aufbau ist keine Zeit, zumal bei Hunden, die erst spät begonnen haben.
Da frage ich mich natürlich: Wem dient diese Art des "prüfungsorientierten Lernens" eigentlich, außer dem Hundeführer selbst, der sich wieder einmal für seine hervorragenden Leistungen auf die Schulter klopfen kann? Dem Tier wohl weniger, das wird gequält und drangsaliert, bis es aus Angst das Gewünschte tut. Zwar wird immer davon geschwätzt, der Hund müsse gefordert und beschäftigt werden: aber die Leute, die diesen Spruch am häufigsten im Mund führen, stehen nicht wegen ihres Hundes auf dem Übungsplatz, sondern wegen ihres eigenen Vergnügens. Wehe dem Hund, der sich als weniger veranlagt erweist – den braucht man dann plötzlich nicht mehr zu beschäftigen und zu fordern, der versauert im Zwinger, bis er einen Käufer findet.
Zur Zeit bin ich wieder einmal soweit, daß ich am liebsten allen Hundeplätzen den Rücken kehren und vollständig zu meinen individuellen Methoden zurückkehren möchte. Die meisten Hundeplätze sind Fälle für den Tierschutz! Wohlgemerkt, ich weiß sehr wohl und beachte auch, daß Hunde miteinander rabiat umgehen und daher auch von uns nicht mit Samthandschuhen angefaßt werden müssen – aber nach dem Hund schlagen und treten oder ihn aus der Ferne mit Strom dirigieren, das ist das Werk von Feiglingen, die zu faul und zu dumm sind, sich über das Lernverhalten der Tiere in angemessener Weise Gedanken zu machen.