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Ist es das wert? Teil II

geschrieben von Attila(YCH) 
Ist es das wert? Teil II
21. Januar 2002 00:37

Hallo Leute,

noch ein paar Erklärungen, wie es zu dem untenstehenden Text kam: Ich habe eine äußerst triebige, spielfreudige Hündin, ein wahres Temperamentsbündel. Sie soll ihren Anlagen nach gefördert und beschäftigt werden, nicht weil ich mich toll fühle, wenn ich einen ausgebildeten Hund an meiner Seite habe, sondern weil ich es dem Hund schuldig bin, ihn nicht verkümmern zu lassen, und die gemeinsame Arbeit überdies eine Menge Spaß macht. Die Alltagstauglichkeit meiner Hunde steht für mich immer im Vordergrund, nicht ein Gehorsam, der auf den Hundeplatz beschränkt bleibt.

Die gute Hündin neigt zur Dominanz und muß in gewissen Situationen durchaus mit einer gesunden Härte behandelt werden. Im Schutzdienst läßt sie zwar auf Kommando sofort ab, gibt jedoch den Ärmel nicht zurück, nachdem der Helfer ihr den überlassen hat, rennt in ihrer Spielfreude mit dem Ärmel im Fang über den ganzen Platz und läßt sich nur nach mehreren Versuchen abrufen. Nachdem sie den Ärmel dann hergegeben hat, verweigert sie das "platz" und trachtet ihn immer wiederzubekommen. Meine Idee ist nun, verstärkt mit der Beißwurst (und später mit dem Ärmel) zu spielen, ihr die Wurst zu überlassen, sie ihr wieder abzunehmen, die Hündin abzulegen und ihr die Wurst vor die Nase zu legen, ohne daß sie sie nehmen darf usw. und hier eine gewisse Variationsbreite herzustellen; dies würde ich nach ein, zwei Wochen auch machen, während der Helfer ein paar Meter entfernt mit der Peitsche knallt. Natürlich erfordert dieses Verfahren ein wenig Zeit, so daß ich die Hündin zur SchH I im Frühjahr möglicherweise nicht mehr fertig bekomme, aber das ist für mich (nicht aber für den Verein) von untergeordneter Bedeutung.

Der einzige Tip nun, den ich in diesem Zusammenhang von den "Sportskameraden" erhielt, war: "Tu ihr den Stachel an und knall se raff!" (zu Deutsch: "Binde ihr das Stachelhalsband um und zerre sie daran zu Boden!"winking smiley Ich habe mich selbstverständlich geweigert, das zu machen, und wollte stattdessen eine normale Unterordnung laufen, während der Schutzdiensthelfer auf dem Platz steht. Davon wiederum hielten die Sportskameraden gar nichts: "Dat het keene Zweck, dat mot eenmal richtig wiedunn!" ("Das hat keinen Sinn, es muß ihr einmal richtig wehtun!"winking smiley Daraufhin brach ich die Übung ab und verließ den Platz, denn wer bei ersten Schwierigkeiten gleich zu brachialen Methoden greift ("Denn das haben wir immer so gemacht..."winking smiley, hat weder den Hund individuell beurteilt noch Rücksicht auf die Ansprüche des Hundeführers genommen - kurzum, es ist mir einfach zu blöde, und so kann ich nicht arbeiten. Dann gebe ich den Schutzhundesport lieber auf.

In den Antwortbeiträgen wurde mehrfach der SV erwähnt, und ich bin auch Mitglied in einer SV-Ortsgruppe. Die beschriebenen Phänomene beobachtete ich aber auch schon auf anderen Plätzen: so einen DVG-Ausbildungswart, der seinen Dobermännern die Faust an den Kopf schlug. Für mich persönlich ist es höchst unbefriedigend, sofort den Weg der Gewalt zu gehen, wenn einmal ein "sticking point", ein Punkt, an dem es nicht mehr weiterzugehen scheint, erreicht ist; viel mehr Spaß macht es doch, sich adäquate Methoden zu überlegen, auch wenn sie Zeit und Mühe erfordern. Das ganze Hundetraining gilt schließlich unseren Hunden und nicht einer (an sich sinnlosen) Prüfung und ihren Anforderungen.

Danke für Eure Antworten.

Attila

21. Januar 2002 08:46

Hallo Attila,
Riesen Kompliment und Hochachtung von mir, daß Du die SV-Erziehung überdenkst und vor allem, daß Du dir so Gedanken machst,wie du Deine Hunde erziehst.
Als ich meinen DSH mit 8Jahren aus dem TH holte hatte er die Sch..angewohnheit sofort loszugehen, wenn ihm was ungeheuer war. Der erste Trainer, bei dem ich versuchte dieser unerwünschten Verhaltensweise Herr zu werden, hatte leider selber Angst vor meinem Hund (übrigens nicht unbegründet) und so empfahl man mir doch zum SV zu gehen. Ich (blutiger Laie)trabte also mit meinem alten Hundi mit Plastikmaulkorb gesichert zum SV. Der Trainer, der ihn begutachtete, nachdem ich meine Probleme geschildert hatte, bekam erst mal einen Lachanfall. Mit so einem Beißkörbchen würde das nichts werden und das Halsband sei wohl ein Witz. Er zeigte mir die "passenden"Teile hierfür, was mich schon mal entsetzte. Das Angriffsverhalten meines Hundes fand er eher lahm und befand, daß es wohl aus der Angst heraus kam (da sagte er mir nichts Neues, das wußte sogar ich schon). Ich wurde noch freundlich zum Kaffee eingeladen, wo mir dann erklärt wurde, ich solle doch froh sein, daß mein Hund so scharf ist, das gehöre beim DSH so und ich solle ihn halt in einem Zwinger unterbringen, dann sei das Verhalten nicht so störend. Ich habe daraufhin mein Hundi geschnappt und bin dort nie mehr hingegangen. Sein Verhalten habe ich dann mit viel Lesen und Geduld im Laufe der Jahre selber in den Griff bekommen.
Als ich dann meinen zweiten Hund bekam, lernte ich durch Zufall eine SV-Trainerin kennen, die mich zuerst auch für Ihren Verein überzeugen wollte, aber da ich mich weigerte noch jemals mit dem Verein (war zwar ein anderer Ort) was zu tun zu haben, gab sie mir privat Stunden und zwar nur über Motivation und sehr liebevoll, was bei meinem Hund super anschlug. Inzwischen kamen noch ein paar andere Hundehalter vom Verein, denen die Methoden zu hart und deren Hunde teilweise schon völlig verängstigt waren zu ihr. Inzwischen ist sie übrigens aus dem Verein ausgetreten und wir sind jetzt eine kleine Gruppe, die ihre Hunde mit viel Spaß erzieht. Es geht also auch anders!
Liebe Grüße
Tina mit Tassi und Ronja

21. Januar 2002 11:44

Hi,

ein Link zu einem Bericht, der deine Beobachtungen und Erfahrungen untermauert.
Tschüssie Doris

28. Januar 2002 17:12

Hallo Attila
:
: Die gute Hündin neigt zur Dominanz und muß in gewissen Situationen durchaus mit einer gesunden Härte behandelt werden.

Gesunde Härte gibt es nicht und Härte ist bestimmt nicht nötig.Aber vielleicht meinst Du trotzdem das gleiche wie ich "Konsequenz "


Im Schutzdienst läßt sie zwar auf Kommando sofort ab, gibt jedoch den Ärmel nicht zurück, nachdem der Helfer ihr den überlassen hat, rennt in ihrer Spielfreude mit dem Ärmel im Fang über den ganzen Platz und läßt sich nur nach mehreren Versuchen abrufen. Nachdem sie den Ärmel dann hergegeben hat, verweigert sie das "platz" und trachtet ihn immer wiederzubekommen.

Herzlichen Glückwunsch. Du hast eine völlig normale, spielfreudige Hündin. Es fehlt noch ein bißchen an Regelverständnis. Jeder Hund probiert,ob er die Spielbeute behalten kann!

Meine Idee ist nun, verstärkt mit der Beißwurst (und später mit dem Ärmel) zu spielen, ihr die Wurst zu überlassen, sie ihr wieder abzunehmen, die Hündin abzulegen und ihr die Wurst vor die Nase zu legen, ohne daß sie sie nehmen darf usw. und hier eine gewisse Variationsbreite herzustellen;

Ekard Lind beschreibt genau das was Du brauchst in seinen Büchern, alles spielerisch, mit Köpfchen und ohne Härte.

dies würde ich nach ein, zwei Wochen auch machen, während der Helfer ein paar Meter entfernt mit der Peitsche knallt. Natürlich erfordert dieses Verfahren ein wenig Zeit, so daß ich die Hündin zur SchH I im Frühjahr möglicherweise nicht mehr fertig bekomme, aber das ist für mich (nicht aber für den Verein) von untergeordneter Bedeutung.
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: Der einzige Tip nun, den ich in diesem Zusammenhang von den "Sportskameraden" erhielt, war: "Tu ihr den Stachel an und knall se raff!" (zu Deutsch: "Binde ihr das Stachelhalsband um und zerre sie daran zu Boden!"winking smiley Ich habe mich selbstverständlich geweigert, das zu machen, und wollte stattdessen eine normale Unterordnung laufen, während der Schutzdiensthelfer auf dem Platz steht. Davon wiederum hielten die Sportskameraden gar nichts: "Dat het keene Zweck, dat mot eenmal richtig wiedunn!" ("Das hat keinen Sinn, es muß ihr einmal richtig wehtun!"winking smiley Daraufhin brach ich die Übung ab und verließ den Platz, denn wer bei ersten Schwierigkeiten gleich zu brachialen Methoden greift ("Denn das haben wir immer so gemacht..."winking smiley, hat weder den Hund individuell beurteilt noch Rücksicht auf die Ansprüche des Hundeführers genommen - kurzum, es ist mir einfach zu blöde, und so kann ich nicht arbeiten. Dann gebe ich den Schutzhundesport lieber auf.

Bravo Attila, nimm Deine Superhündin,bevor sie erfährt was unbelehrbare Gewalttäter anrichten und sorge dafür, dass sie niemals den Spass und das Vertrauen zu Dir verliert.
Die Aktionen die Dir vorgeschlagen werden, zeugen wirklich von völliger Unkenntnis über hundliches Verhalten und dessen Motivation.
Die Trainer haben wahrscheinlich alle schon jahrzehntelange Erfahrung (traurig, dass man über Jahrzehnte überhaupt nichts dazulernen kann)

Grüße von Suse und NInja

PS. wenn Du Dich ein bißchen informierst, findest Du viele Möglichkeiten Deinen Hund noch sehr viel anspruchsvoller als es im Schutzdienst möglich ist, zu beschäftigen. Das der Schutzdienst die Königsdisziplin ist, ist gelinde gesagt Schwachsinn.


28. Januar 2002 22:30

: Bravo Attila, nimm Deine Superhündin, bevor sie erfährt was unbelehrbare Gewalttäter anrichten und sorge dafür, dass sie niemals den Spass und das Vertrauen zu Dir verliert.


Hi Suse,

ich freue mich sehr über Deinen Zuspruch. Seit zwei Wochen überlege ich, was ich machen soll, habe das letzte Wochenende ausfallen lassen. Es gibt hier (Bonn und Umgebung) ungefähr zwanzig Hundevereine, und von denen habe ich etwa fünfzehn besucht. Es gab KEINEN, wo nicht die alten Gewaltmethoden Trumpf waren: Gebrüll, Stachel, Reizstromgerät. Die Übungsstunden sind derart stereotyp aufgebaut, daß von einem Erhalt der hundlichen Motivation durch Spiel und Spaß und immer neue Herausforderungen nicht die Rede sein kann; im Gegenteil, es wird stur nach PO gearbeitet, und Hunde, die "nicht wollen" (wie ihre Halter und Ausbilder vermenschlichend glauben), werden eben zu ihrem Glück gezwungen.

Ich meine durchaus etwas von Hunden zu verstehen und kann jeden normalen Hund alltagstauglich machen, lediglich vom Schutzdienst habe ich (obwohl Schäferhundliebhaber) immer die Finger gelassen, bis ich diese sehr triebige, bereits vorgearbeitete Hündin bekam. Als Neuling auf diesem Gebiet wird man in gängigen Vereinen zunächst wie ein Idiot behandelt, der von Hunden und hundlichem Lernen aber auch gar nichts versteht - erntet überdies verständnislose Blicke, wenn man von unterschiedlichen Ausbildungskonzepten, verschiedenen Arten der Konditionierung und positiven Methoden spricht. Mit Leuten dieses Schlages und der "prolligen" Atmosphäre, die auf Hundeplätzen herrscht, komme ich nicht zurecht - das wußte ich aber vorher und war doch blöde genug, einige Monate lang immer wieder hinzugehen.

: Die Aktionen die Dir vorgeschlagen werden, zeugen wirklich von völliger Unkenntnis über hundliches Verhalten und dessen Motivation.
: Die Trainer haben wahrscheinlich alle schon jahrzehntelange Erfahrung (traurig, dass man über Jahrzehnte überhaupt nichts dazulernen kann)

Das denke ich auch. Es ist unerträglich, daß diese Leute ihren Stumpfsinn als "Ausbildung" verkaufen - es ist allenfalls Dressur, und zwar von der übelsten Sorte. Ich habe auf Hundeplätze keine Lust mehr und werde mir, wie früher auch, alternative Konzepte überlegen. Schutzdienst, gekonnt und vielfältig angelegt, ist bestimmt nicht verkehrt, in dieser Form aber allenfalls geeignet, meinen Hund zu verderben.

Gruß, Attila