Hallo Martin mit Mirko,
werde mal zu Deinen Fragen von meinen Erfahrungen berichten. Hatte meinen Cocker Billy zweieinhalbjähig aus einer Beschlagnahme bekommen. Er war damals absolut roh, kannte keine Kommandos, keinen Auslauf, keine Leine, usw., mußte also erstmal lernen, daß jemand mit ihm spazierengeht und daß es Befehle gibt.
:welche Aufgabe kann eine Schleppleine haben?
Bei Billy hatte sie die Aufgabe, ihm erstmal klarzumachen, daß er aus meinem Einwirkungsbereich nicht verschwinden kann, daß es eine "verlängerte Hand" gibt, die ihn davon abhält, unkontrolliert abzuhauen.
:wann ist eine schleppleine hilfreich?
Bei Billy war sie hilfreich, da er ja noch keinerlei Kommandos wie "hier", "komm" usw. kannte und dadurch natürlich bei seinem Verselbständigungsversuchen auf entsprechendes Rufen oder Pfeiffen nicht reagierte.
:in welchen situationen / bei welchen hunden benutze ich die schleppleine?
:wie handhabe ich sie dabei?
Die Schleppleine benutzte ich gleich zu Anfang, um Billy klarzumachen, daß ich mit ihm unterwegs bin und nicht umgekehrt und daß er sich an mir zu orientieren hat. Dazu ging ich auf eine große Wiese, befestigte die Schleppleine an seinem Geschirr, nahm das Ende in die Hand und lief los. Nach etwa 20 Schritten Stehenbleiben oder Richtungswechsel - wenn er nicht aufmerksam war und seiner eigenen Wege ging, gab's den unvermeidlichen Ruck am Geschirr. Nach kurzer Zeit hatte er kapiert, daß er mich besser nicht aus den Augen läßt und beeilte sich, meinen Richtungswechseln nachzukommen. Natürlich wurde dabei die Belohnung nicht vergessen.
Ich fing dann zusätzlich mit Clickern an. Als Billy schon recht gut hörte und auch gelernt hatte, sich unterwegs an mir zu orientieren, blieb immer noch das Problem, daß er im Wald auf jedes Geraschel im Gebüsch und auf jedes aufspringende Tier mit durchstarten und hinterherlaufen reagierte (ebenso bei Joggern, Radfahrern und Skatern). Hier benutzte ich die Schleppleine folgendermaßen: Ich stopfte mir die Taschen mit winzigen Würstchen- oder Käsestückchen voll, befestigte die Schleppleine am Geschirr und los gings. Wenn Billy jetzt unvermittelt durchstartete, lief er in die Leine. Daraufhin schaute er kurz völlig perplex zurück. Dieses zu mir zurückschauen clickerte ich, was diesen Gefräßigsten aller Hunde veranlasste, eilends zu mir zu rennen, um seine Belohnung zu bekommen. Die Belohnung gab's dann in der Form, daß ich ein paar Wurst-/Käsestückchen unbemerkt seitlich in den Graben oder das Gebüsch warf, wo er sie quasi als Ersatzbeute aufstöbern konnte. Anschließend wurde dann noch der Ball aktiviert, um ihm zu zeigen, daß es auch bei mir interessant ist.
Wenn ich rechtzeitig merkte, daß er im Begriff war, loszustarten, lenkte ich seine Aufmerksamkeit mit einem aufgeregten "hey, schau mal, was hier ist" auf mich, kruschtelte neben dem Weg im Laub herum und "verlor" dabei ein paar Wurst/Käsestückchen, die er dann begeistert aufstöberte.
:wie werde ich die schleppleine wieder los?
Der Zeitpunkt fürs Weglassen der Schleppleine war für mich gekommen, als Billy beim Herannahen eines Radfahrers eilends zu mir zurückkam und ziemlich aufdringlich seine Belohnung einforderte. Bei Waldspaziergängen reagierte er auf Rascheln im Gebüsch mit einem fragenden Blick in meine Richtung und es genügte schon, daß ich nur mit dem Fuß am Wegrand scharrte, damit er angerannt kam, um nach seiner "Beute" zu suchen. Die absolute Krönung war, als eines Morgens in der Dämmerung zwei Meter vor ihm ein Fuchs hochsprang. Billy startete durch, ich brüllte "hier" und er hielt wie vom Schlag getroffen an, kam zurück und wollte seine Belohnung. Nachdem er die hastig gefressen hatte, drängelte er massiv weiter, bis er als Jackpot auch noch seinen Ball bekommen hatte. Natürlich heißt das Weglassen der Schleppleine auch heute noch, meist konzentriert Spazieren zu gehen, Billy im Auge behalten, sein Verhalten möglichst vorauszuahnen, viel Beschäftigung unterwegs in Form von Suchspielen, Tannenzapfentragen, "Ersatzbeute" aufstöbern usw., um einen Rückfall mit Erfolgserlebnis zu vermeiden. Der Lohn für diese Mühe und das lange Training ist ein Hund, der überall (ausgenommen auf der Straße) ohne Leine laufen darf, bei den Jagdpächtern für seine gute Erziehung bekannt ist, von ihnen jederzeit freilaufend geduldet wird und sich problemlos von jedem Wild abrufen läßt.
Liebe Grüße
Dorothee + Billy