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Klassische Ausbildung" leichter?"

geschrieben von Simone Lissy & Hank(YCH) 
Klassische Ausbildung" leichter?"
15. Februar 2002 11:19

Hallo zusammen,

nachdem ich mir jetzt wieder diverse Postings (v.a. zu Schlegel und Clicker versus Wurfkette) durchgelesen habe, würde mich Eure Meinung zu folgendem Thema interessieren:

beim Lesen habe ich häufiger das Gefühl, daß die "klassische Ausbildungsmethode" die eigentlich leichtere ist: funktioniert schneller (mit Gegenargument: nicht auf Dauer), man kann seine Autorität mit diversen Hilfsmitteln und Tricks schneller umsetzen (Leine werfen, Leinenruck,...; Gegenargument: Hund ist nicht so freudig, arbeitet nur über Meideverhalten), man kann seinem Hund einfach zeigen, wer der Boß ist, wenn man sich an gewisse Regeln hält (z.B. vorher durch die Tür gehen,...etwa Aldington; Gegenargument etwa siehe Jean Donaldson),...
Das ist natürlich extrem verkürzt dargestellt, nur damit Ihr in etwa wißt, was ich meine...;-) Die Diskussion ist ja viel tiefgehender und ich verfolge sie sehr interessiert (v.a. weil es so viele Meinungen gibt).
Nun zu meiner Frage: ist es nicht so, daß die "klassische Hauruck- Methode" nicht bei allen Hunden zum gewünschten Erfolg verhilft? Damit also nicht unbedingt die "leichtere, schnellere" ist? Daß man bei manchen Hunden - auch wenn man eigentlich anders wollte- nur mit positiver Verstärkung arbeiten kann? Und das klassische "Du mußt ihm nur zeigen, wer der Boß ist" für den Hund eher zum Lachen ist?
Was meint Ihr?

Noch ein kleines Beispiel:
meine Eltern hatten ihren ersten Hund: einen Beagle. Wir hatten noch nicht viel Ahnung von Hunden und besaßen nur Erziehungsbücher a la Leinenruck. Dasselbe auch auf dem Hundeplatz. Und mein Vater hatte dieses klassische Schäferhundbild im Kopf...Also machten wir viel falsch, denn dieser Beagle machte sich überhaupt nichts aus solchen Methoden;-)Er reagierte null auf einen Leinenruck (die Hundeausbilderin war leicht irritiert...), ließ sich vom Teppichankauen auch nicht mit einem Nackenschütteln abbringen (grusel), fand es witzig, beim versuchten Unterbrechen einer Handlung mit einer Wurfkette getroffen zu werden, bis er es völlig ignorierte, etc. Als er von einem Pferd mit voller Wucht in die Seite getroffen wurde (wir dachten schon, daß er jetzt tot ist), stöhnte er, rappelte sich auf und ging wieder zum selben Pferd...
Nun ja, wir hatten Hundeplätze gewechselt, aber keiner konnte uns helfen. "Man muß ihm zeigen, wer der Chef ist". Tja, wir hielten uns an alle Regeln, hielten ihn aif dem Rücken, bis wir schweißgebadet waren, Hank aufsprang, uns "angrinste", in Spielhaltung ging und losraste, um ein Kissen zu klauen, daß er dann genüßlich unter der Eckbank zerfetzte.
Also gut, wir fingen an, alles was wir über Hunde gelernt hatten, schnellstens zu vergessen... und wurden kreativ. Nur über Kreativität und das "wir müssen noch cleverer sein, als unser Hund" (grins, mein Vater hatten den Schäferhundgedanken aufgegeben), bekamen wir "Probleme" in den Griff. Und wenn man einfach nur so aufräumt, daß Sonnenbrillen, Geldbeutel, etc. einfach nicht in Hundenähe sind.

Das war jetzt etwas länger. Mir geht es eigentlich nur darum, daß Eriehungsrezepte zwar eine Hilfe sein können, aber eben nicht unbedingt allgemeingültig sein müssen. Hunde sind eben Individuen, und die Diskussion so zu führen, daß es bei mir bekannten Hunden "anschlägt", also bei allen Hunden so laufen muß, finde ich etwas einseitig.

Bin gespannt,

viele Grüße, Simone

P.S.: ich bin absolut kein "Experte";-)) und ich möchte hundertprozent niemand angreifen (schließlich habe ich bis jetzt aus fast allen Postings neue Gedankenanregungen bekommen), na ja- und hoffentlich ist es nicht zu wirr...



15. Februar 2002 11:34

Hallo Simone,

mein Statement dazu:

Die "modernen" Ausbildungsmethoden erfordern seeehr viel Einfühlungsvermögen und Empathie, also die Fähigkeit, sich in ein anderes Lebewesen hineinversetzen zu können.
Das fällt vielen Menschen schon bei ihresgleichen schwer, und dann erst bei einem Hund!?

Einfacher ist es, stur nach alten Patentrezepten zu verfahren ("Ich muß ihm zeigen wer der Boß ist"winking smiley, und sollte das nicht die erwünschten Früchte tragen, dann taugt der Hund eben nichts und wird ausgetauscht. Oft praktizierter Brauch auf vielen Hundeplätzen...:-((

Andererseits ist aber auch nicht alles, was nun in Mode ist, der Weisheit letzter Schluß.
Also immer drauf achten, daß man dem Hund und auch sich selbst gerecht wird und die Grenzen von beiden (!) akzeptieren lernt.

Gruß
Eva

15. Februar 2002 11:43

Hallo Simone. Mein Riesenbaby ( Scherz) und ich besuchen seit er 9 Wochen alt ist eine Hundeschule. Er ist jetzt zwei Jahre alt, 50 kg schwer und 75 cm hoch. Er ist lieb und brav und macht alles was er soll, nur eins nicht, er kann an keinen Rüden vorbei gehen, ohne einen Satz zu machen und am besten auf den anderen drauf. In der Hundeschule sagte ich dann meinem Trainer das Problem, und er nahm meinen Hund und ging mit ihm an ca. 10 Rüden vorbei. Was machte mein Hund, nichts, ging Fuß oder machte Platz alles wie er es gelernt hat. So dachte ich ganz mutig, das kann ich auch. Gesagt getan ich lief mit meinem Hund an den anderen vorbei. Es klappte wunderbar. Wir fuhren nach Hause und ich ging am nächsten Tag sparzieren. Was machte mein blöder Hund, einen Sprung und war alles beim alten. Ich dachte das kann doch nicht sein. Nach einer Woche fragen in der Hundeschule, dort sagte man mir dann, ich wäre wenn ich bei mir zu Hause mit dem Tier übe oder an anderen vorbei gehen will unsicher. Der Hund könnte sich ja losreißen und dann werde ich ängstlich und das spürt er, somit muss er dann aufpassen und das wird dann so gezeigt, dass er auf andere loswill. In der Schule ist das nicht der Fall und dort habe ich keine Angst, da ja immer jemand da ist, der zur Not einschreiten kann. Nun ja ich denke es geht vielleicht etwas am Thema vorbei, aber vielleicht sind noch mehr Leute da denen es so geht.
Viele Grüsse Sonja

15. Februar 2002 12:06

Hi Simone!

Besonders wirr war dein Posting nicht, keine Sorge! ;-) Meine Meinung zu dem Thema ist ziemlich eindeutig. Man muss den Hund immer individuell betrachten. DIE Methode gibt es nicht. Aber alle Methoden die über positive Verstärkung arbeiten haben den enormen Vorteil, dass sie nicht die "wenn Hund A macht, dann macht Halter B"-Methode verbreiten, sondern die Phantasie anregen und die Auseinandersetzung mit hundlichem Lernen und vor allem realistischen Zielen! Hauruck-Methoden würde ich auch nicht als leichter, effektiver oder praktikabler bezeichnen. Dem Hund verdeutlichen, dass man Chef ist wird kaum ausreichen dem Hund eine wahre Erziehung angedeihen zu lassen. Ich bin zum Beispiel überzeugt, dass eine Erziehung über Strafe und Druck nicht funktionieren kann, aber genauso sehe ich das Problem der Abwägung wann Druck bzw deutlicher Zwang angewendet werden sollte und vor allem bei welchem Hund und welchem Verhalten in welcher Art und Weise. Nicht alles lässt sich bei jedem Hund mit Clicker und Spielchen lösen. Ich selber tue mich sehr, sehr schwer bei meinem Jäger zum Beispiel den richtigen Aversivreiz zu finden. Nach reiflicher Überlegung bleibt einfach nicht viel übrig, das zum einen unmissverständlich und auch wirklich zuverlässig praktizierbar ist. Bisher kann ich nur als Leuchtturm durch die Welt laufen und immer alles voraussehen, was natürlich nicht immer funktionieren kann und somit immer ein Spiel mit dem Feuer. In meinem ureigenen Fall weiß ich nicht, ob ich meinem Hund mit meinen Hemmungen einen großen Gefallen tue, aber niemand kann aus seiner Haut. Ich persönlich habe keine Methode, die ich verurteile, sondern Anwendungsbereiche in denen sie meiner Meinung nach nichts verloren haben. Aber wer entscheidet das? auf wessen Einschätzung will man sich verlassen, wenn nicht auf die eigene?
Man muss sich auch auf sich selbst verlassen können. Auch Hundeerziehung bzw das Wissen darüber wächst mit der Zeit und wird geprägt von den ureigenen Beobachtungen und Erfahrungen. Die Erkenntnis früher Fehler gemacht zu haben bestärkt mich immer nur noch in dem Wissen, dass ich auch jetzt Fehler machen werde über die ich wiederum in ein paar Jahren lachen kann. ;-)
Ich habe vor allem in den letzten Jahren viele Hunde kennengelernt (eigene und Pflegehunde) und kann nur sagen: Alles Hunde, alle sehr verschieden!
Viele Grüße!
Yna




15. Februar 2002 11:57

Hallo Simone,

ein häufiges Problem ist leider die Faulheit vieler Hundebesitzer. Wie du schon sagst, Hunde sind Individuen. Das bedeutet, es gibt eben keine Patentrezepte für die Erziehung und man muß seinen Hund gut kennen und beobachten können um herauszufinden, was bei ihm am Besten funktioniert. Dazu gehört aber wiederum, dass man sich mit dem Wesen, dem Verhalten und der Sprache von Hunden im Allgemeinen gründlich auseinandersetzt. Denn nur so kann ich das, was ich sehe auch richtig deuten. Für mich persönlich ist es selbstverständlich, meinen Hund möglichst "artgerecht" und mit viel positiver Verstärkung zu erziehen. Ich möchte einen Hund, der gern mit mir zusammenarbeitet und keinen, der Angst vor mir hat. Trotzdem muß sie mich als Rudelführer akzeptieren, aber das eine schließt das andere ja nicht aus. Um all dies zu erreichen, ist es notwendig, sich immer wieder wieder mit den neuesten Erkenntnisen über Hunde und Hundeerziehung auseinanderzusetzen, also zum Beispiel über das Lernverhalten von Hunden. Das bedeutet, Bücher lesen, Seminare besuchen, sich in Foren austauschen. Sicher muß nicht jeder Hundehalter das so machen wie ich. Aber eine Bereitschaft, dazuzulernen und sich immer wieder kritisch mit seinem Umgang mit dem Hund auseinanderzusetzen, finde ich nicht zu viel verlangt. Und wie schon gesagt, einfach immer wieder die gleichen Hauruck-Methoden anzuwenden, weil die vielleicht kurzfristig schnellen Erfolg bringen, finde ich dem Hund gegenüber äußerst unfair und einfach nur faul.

Gruß, Anja

15. Februar 2002 11:49

Hallo Sonja,

das Problem hatten wir mit Hank auch (mehrmals, da Rückfälle).
Auf dem Hundeplatz war es mit ihm nie ein Problem, deswegen haben wir mit der Hundeausilderin auf Spaziergängen geübt. Frag doch mal, ob das geht. Ein Spaziergang ist ja eine ganz andere Situation als ein Hundeplatz (z.B.: auf dem Hundeplatz sind die Hunde schon da, man kennt sie ja dann auch, auf dem Hundeplatz wird geübt,...auf dem Spaziergang kommen die Hunde dazu: von vorne, von hinten,...jedes Mal eine neue Gefahr;-))

Viel Glück, Simone