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Einschläfern - ja oder nein?

geschrieben von Nadja(YCH) 
Einschläfern - ja oder nein?
02. August 1999 20:59

Ich habe vor zwei Jahren eine jetzt vierjährige Rottweiler-Hündin per Zeitungsannonce aus dem Rotlichtmileu übernommen. Buena
ist auf einem Auge blind, hat rechtsseitig mittlere, linksseitig leichte HD, außerdem chronische Magenentzündung und noch viele andere Gebrechen. Im Mai wurde Buena totaloperiert, weil sie pflaumengroße Zysten im Unterleib hatte. Seither ist die Hündin noch aggressiver als früher. Seit ich sie besitze, reagiert sie äußerst aggressiv auf Menschen und andere Tiere. Ich habe mit konsequentem Training auf dem Hundeplatz (Buena ist mein zweiter Hund) versucht, diese Aggression, die sich in grundlosem Anfletschen, Schnappen, Zupacken und Verbellen äußert, zu steuern. Buena läuft eine komplette BH, sie fährtet und macht einfach alles, ist sehr gelehrig, aber sie wurde eben von ihren früheren Besitzern (ich bin die vierte Halterin) auf Menschen und Tiere abgerichtet. Ich habe dafür Augenzeugen.
Buena läßt sich ohne Problem den Maulkorb aufsetzen und versucht nicht, ihn abzustreifen. Also kennt sie den Maulkorb.
Letzte Woche hat sie nach Nachbars Kind grundlos geschnappt, sie kennt das Mädchen seit eineinhalb Jahren und es ist Buena nie etwas passiert durch das Kind. Sie hat meine Oma gestellt und reagiert äußerst aggressiv auf Rüden. Vor einem halben Jahr hat sie einen zehn Wochen alten Welpen fast zu Tode geschüttelt. Sie kennt keinen Welpenschutz.
Ich habe Buena mit Clicker trainiert, mit Halti geübt, Crashkurse in Hundepsychologie gemacht, den Hund durchchecken lassen auf Tumore und Krebs, habe Bachblüten angewendet, kiloweise Fachbücher gewälzt und Blutbilder machen lassen, habe zig FAchleute konsultiert - und jetzt weiß ich nicht mehr weiter.
Ich kann Buena nicht sozialisieren: Sie geht schwanzwedelnd auf andere Hunde zu und im nächsten Moment geht sie ihnen an den Kragen ohne Wenn und Aber. Meine Freundinnen und Freunde, die sie kennt, seit sie bei mir lebt, begrüßt sie erst freundlich, im nächsten Moment schnappt sie zu. Ich habe keinerlei Anhaltspunkte, sie zu therapieren. Sie reagiert auf Impulse, die ich nicht mehr abschätzen kann.
Zehn Mal kommt sie mit einer Person gut aus, beim elften Mal wird sie zur Bestie, obwohl keinerlei Provokationen erfolgt sind. Buena war im Rotlichtmileu ein abgerichteter Wachhund. Ich habe sie geholt, weil sie mir leid getan hat und weil ich einen Hund wollte zum Trainieren im Hundesport und zum Spazierengehen. Ich weiß keinen Rat mehr, weil selbst FAchleute, Hundepsychologen, Pädagogen, die ich aufgesucht habe, keine Chance sehen, diesen Hund zu therapieren. Buena ist eine Gefahr, das ist mir bewußt, weil sie völlig unvorhersar auf ganz banale Dinge mit größter Aggression reagiert. Gegen mich ist sie noch nie gegangen, weil ich die Hirarchie von Anfang an deutlich gemacht habe.
Buenas Verhalten wird immer schlimmer, obwohl ich sehr konsequent mit ihr arbeite. Ich habe ihren Hormonspiegel - einfach alles - überprüfen lassen. Der Hund ist bis auf das Auge und die Hüfte kerngesund und schmerzfrei. Wenn sie einen dieser "Anfälle" bekommt, reagiert sie auf kein Kommando mehr, sondern prescht nur noch nach vorne. Ich weiß keinen Rat mehr, denn seit der Unterleibsoperation, mit der sie von jahrelangen Schmerzen und fiebrigen Entzündungen geheilt wurde, kommt ihr wahres Gesicht zum Vorschein.
Was soll ich tun? Ich habe vom pädagogischen und medizinischen her alles abgeklärt, um diesen abgericheten, scharfen Hund wieder ins Lot zu bringen. Ich sehe keine Hoffnung. Seit sie gesund ist, wird Buena immer aggressiver, weil sie jetzt mehr Power hat als vergangenes Jahr. Ich spiele mit dem Gedanken, sie einschläfern zu lassen, weil sie so unberechenbar ist.

03. August 1999 02:48

Hallo Nadja,

die Entscheidung, ob Du Deinen Hund einschläfern lassen solltest,
kann Dir hier niemand abnehmen.
Es wird vielleicht Leute geben, die Dir sagen, tus einfach.
Und es wird Leute geben, die Dir sagen,
dass man alle Probleme lösen kann, man es nur richtig anpacken muss.
Dass Du Dich mit dieser Frage hier ins Forum "traust" zeigt eigentlich,
wie intensiv Du Dich schon damit beschäftigt hast und
dass Du in der Lage bist, diese Entscheidung selbst zu treffen,
wie sie auch immer ausfallen wird.

Ich habe selbst vor etwa fünf Wochen meinen Hund einschläfern lassen.
Die Probleme mit ihm waren ähnlich gelagert.
Und: Es hat zwar schrecklich weh, mir aber bis jetzt nicht leid getan,
diese schwere Entscheidung getroffen zu haben.
Im Nachhinein betrachtet war es wohl der eigene Egoismus,
der mich hat zögern lassen, diesen Schritt zu gehen.
Beschäftigt hatte ich mich schon länger damit.
Aber wer bringt sich schon selbst in eine Situatuion,
in der er sich besch... fühlt.
"Es wird schon gutgehen", redet man sich ein, obwohl man weiß,
dass es eben nicht mehr gut geht, dass der eigene Hund
eine potentielle Gefahr für andere ist.

Es ist Dein Hund, Nadja, Du lebst mit ihm zusammen,
Du bist verantwortlich für ihn.
Also kannst (und sollst) nur Du diese Entscheidung treffen.

Mit freudlichen Grüßen

Heiko

PS: Kannst mich ruhig anmailen, wenn Du willst.

03. August 1999 08:27

Hallo Nadja,

erstmal finde ich es toll, dass Du hier Hilfe suchst. In einer solchen Situation braucht man Unterstützung, egal wie man sich entscheidet. Ich perdönlich könnte meinen Hund nicht einschläfern, das kann ich aber auch nur behaupten, weil ich nicht in einer solchen Situation bin! Da sagt sich so etwas nämlich sehr leicht....
Was ich allerdings nicht tun würde, wäre, eine solche Entscheidung allein, das heisst ohne fachlichen Rat zu treffen. Man selbst ist in einer solchen Situation sicherlich zu emotional. Ich kann wie gesagt nur von mir sprechen, aber ich würde versuchen jemanden zu finden, der genügend fachliche Kompetenz hat. Wahrscheinlich leichter gesagt als getan. Leider weiss ich nicht wo Du wohnst, aber ich würde mich an Bloch wenden (wohnt in Deutschland in der Eifel, halt nicht so weit von mir) Der beschäftigt sehr intensiv mit Hunden /Wölfen und bietet auch die Möglichkeit des Aktivurlaubes an. Sprich, dort intensiv an Erziehungsproblemen zu arbeiten. Sicherlich hat er auch schon Fälle gehabt, in denen es darum ging, ob ein Tier derart Verhaltensgestört ist, das nur das Einschläfern eine tiergerechte Lösung ist (das ist meiner Ansicht nach das Wichtige - was ist das richtige für das Tier -). Hier im Rhein-Main Gebiet kenne ich auch jemanden dem ich soweit vertrauen würde. Das kann sicherlich nicht jeder Hundeplattzausbilder (ohne diesen die Kompetenz auf ihrem Gebiet absprechen zu wollen). Sicherlich kann Dir da aber auch Petra Führmann helfen (wenn ich richtig liege, vertritt sie die Hundeschule in Aschaffenburg) jemanden zu finden. Auch wenn man nicht einfach blind einem FACHMANN trauen sollte, glaube ich, dass es einem auch persönlich hilft diese Art der "Rückversicherung" zu haben.


Kopf hoch

Gruss Juliane

09. August 1999 11:25

Hallo Nadja,

ich habe Deine und Buenas Geschicht gelesen und finde es sehr sehr
tragisch.
Hut ab, daß Du Dir so viel Mühe gegeben hast und auch Kosten und Zeit
nicht gescheut hast.

Mein Schwiegervater hat eine Hundeschule und er hat bis jetzt drei Hunde
gehabt, die auch solche Verhaltensmuster aufweisen.
Zwar wurden diese nicht "abgerichtet", nein, sie wurden von klein auf
total vermemnschlicht und wurden mit der Zeit so dominant, daß die Besitzer
sich irgendwann (als es zu spät war) nicht mehr zu helfen wußten.
Zwar lernt ein Tier nie aus, doch gerade Erlerntes in den ersten zwei Lebensjahren
ist so eingeprägt, daß es das Tier einfach hat.
Du kannst das Tier vielleicht vorübergehend mit etwas beeindrucken z.B. Zwang; aber
es wird irgendwann wieder in das alte Verhaltensmuster zurückfallen.
Kommt dann noch eine vielleicht angeborene Unsicherheit dazu, sind wir bei
Buenas Verhalten.

Es ist schwer zu sagen, schläfer sie ein. Denn es ist immer schwer über
Leben und Tod zu entscheiden.
Ich würde mir die Frage stellen, ob Du damit leben kannst, daß Buena bis
zu Ihrem Lebensende immer an der Leine mit Maulkorb geht; sei es beim spazierengehen
oder auch zu Hause, wenn Besuch kommt.. und die ganzen Kleinigkeiten auf die Du sonst
noch zu achten hast.

Ist es nicht auch für ein Lebewesen schlimm eingengt in der Bewegungsfreiheit sein,
ein leben lang ?

Leider kann Dir niemand helfen und schon gar nicht diese schwierige Entscheidung
abnehmen.

Alex.




14. August 1999 23:21

Vllt. solltest du dich an die auf
[ourworld.compuserve.com]
erwähnte Einrichtung wenden:
"Heim für Tiere - Gabelmacherhof"
Austria-5121 St. Radegund - Hadermarkt 41
Tel: 0043 - 6278 - 8672

Denn dort steht u.a. auch:
Zum Teil Problemhunde aus dem Rotlichtmileu die von der Betreuerin,
die schon fast zwei Jahrzehnte Expertin für Kampfhunde ist, wieder
resozialisiert und wenn möglich an einen kompetenten Halter vergeben.

Viel Glück, vor allem deinem Hund, denn er braucht es,
Tharin