Hallo Holger,
: wenn ich Dich richtig verstanden habe, bist Du der Ansicht, daß man die
: im Umgang mit unseren Hunden postulierte generelle Dominanz eigentlich
: vergessen kann und durch Kompetenz ersetzen muß.
Im Prinzip schon.
Genauer: ersetze generelle Dominanz durch partielle Autorität.
Und Autorität erlangst Du durch Kompetenz.
Das heisst, Du musst nicht alles Deinem Hund vorschreiben und ihn
schon gar nicht wegen jedem Blödsinn herumkommandieren. Es bricht
Dir auch kein Zacken aus der "Dominanzkrone", wenn Dein Hund
vorausläuft. Er kann's einfach besser, riecht besser, etc...
Dafür hast Du das grössere Hirn und kannst besser entscheiden,
wohin gelatscht wird, wann gefressen wird, was gejagt wird, usw...
: Wie kann ich hundgerecht meine Kompetenz auf gewissen Gebieten beweisen?
Das ist genau die entscheidende Frage!
Du musst Deine Kompetenz erst mal Deinem Hund beweisen,
bevor Du erwarten kannst, dass er Deine Autorität akzeptiert.
Der Hund ist gnadenlos sozial und wenn Du es nicht bist,
wird er Dir schon zeigen, wer die Kompetenz hat...
Also wie geht das?
Ich persönlich habe durch CARE eine Menge gelernt --
nicht weil ich das völlig durchdrungen hätte, sondern weil
ich versucht habe, hinter der "Methode" den tieferen Sinn
zu entdecken.
Es wurde schon so viel zu CARE geschrieben und
Du solltest Dir die Postings mal alle durchlesen, insbesonders
die von Daniel etwas genauer. Wenn jemand z.B. behauptet,
zu CARE würde es gehören, die Hunde zu isolieren oder gar zu schlagen,
dann kann er nicht lesen oder es fehlt ihm ein Stück Gehirn!
Vielleicht hilft es Dir auch schon, wenn ich meinen Exzerpt daraus
mal aus meiner unmassgeblichen, laienhaften, nicht mit Daniel
abgestimmten Sicht mit meinen Worten kurz skizziere.
Aber bitte nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen --
was ich hier erzähle ist nicht CARE, sondern meine individuelle
Interpretation für uns und unseren Hund.
Also:
Zu allererst muss ich lernen, mich meinem Hund gegenüber
klar auszudrücken. Dabei hilft es, wenn ich ihn nicht den
ganzen Tag zulabere und mich statt dessen auf die essentielle
Kommunikation beschränke.
Am besten durch Körpersprache (muss aber nicht sein).
Der Hund wird das, was ich von mir gebe, dann stärker gewichten
und einfach besser auf mich achten.
Das ist an sich schon ein Gewinn und hat erst mal nichts mit
Dominanz oder dergleichen zu tun.
Wenn ich das geschafft habe, kann ich mir über die Erziehung meines
Hundes Gedanken machen.
Erziehen heisst nicht, ihm das Apportieren beizubringen,
sondern ihm zu zeigen, was sich gehört und -- vor allem -- was nicht!
So weit sind wir aber noch nicht. Zuerst müssen wir dem Hund
verständlich machen, wie wir uns äussern, wenn uns etwas missfällt.
Das wichtigste ist deshalb zuerst das Abbruchkommando.
Daniel hat da einen genialen Trick, sich dem Hund noch besser
verständlich zu machen: er unterscheidet zwischen einer Warnung
und einer Massregelung. Der Hund kennt sowas nämlich auch:
Knurren und Scheinangriff. Mehr Steigerungsmöglichkeiten
kennen Hunde angeblich nicht (mal die nackte Aggression ausser Acht gelassen).
Wenn also ein Hund auf ein ruhig "geknurrtes" NEIN nicht reagiert,
dann knurrt der Alpha-Hund nicht einfach lauter, sondern
er schreitet zur Tat: Scheinangriff!
Daniel verbindet den Scheinangriff noch mit einem geschriehenen
HEY, was es später ermöglicht, einen "Scheinangriff" auszuführen,
ohne direkt beim Hund vor Ort zu sein. HEY wird damit zum ultimativen
Abbruchkommando.
So weit so gut. Jetzt haben wir die Grundlage geschaffen, dass
wir mit der Erziehung beginnen können.
Z.B.: Hund will in die Küche. Es kommt ein NEIN (ruhig ausgesprochen).
Hund kapiert nicht gleich und geht trotzdem rein. Und jetzt bin
ich als Leitwolf richtig sauer: HEY + Scheinangriff!
Das machen wir ein paar Mal und der Hund lernt schnell, was NEIN
bedeutet: "wenn ich es nicht befolge, wird der Typ sauer!"
Das ist für einen (normalen) Hund unangenehm, weil er sich ja
sozial verhalten will.
Wichtig: auf ein nicht befolgtes NEIN werde ich immer sauer,
denn ich bin konsequent, und das zeichnet mich als guten Führer aus.
Man steigert das ganze dann immer weiter bis hin zum
berühmten "Hasenjagen".
Ergebnis der ganzen Prozedur: der Hund ist von meiner
Führungskompetenz überzeugt. Mehr Kompetenz will ich auch gar nicht.
Mir steht diese Kompetenz aber auch zu, denn ich habe das
grössere Hirn. Das sieht der Hund jetzt ein -- hoffentlich!
So, und jetzt erst kann ich anfangen, meinem Hund so nette Dinge
wie Apportieren, Platz, etc... beizubringen. Das geht dann
übrigens total einfach und schnell, denn mein Hund will es
mir recht machen.
Ob ich dazu Leckerlis oder Clicker oder einfach nur meine
Zuwendung als Alpha einsetze, bleibt jedem selbst überlassen.
Ich persönlich ziehe die Zuwendung vor, weil nur ich als
Alpha meinen Hund dadurch belohnen kann.
Leckerlis kann jeder x-beliebige verabreichen.
Aber das ist wohl Ansichtssache.
Wie gesagt, das ist nicht CARE -- das geht noch viel weiter.
Aber ein Normalhundbesitzer, denke ich, kommt mit dem oben
gesagten schon sehr weit.
: Und was ist mit Dingen, auf die ich nur aus Gründen der Dominanz
: (wer geht zuerst durch die Tür?) Wert lege?
Warum legst Du Wert darauf? Kannst Du das besser?
: Kann ich die in der Erziehungspraxis künftig vergessen?
Die allermeisten glaube ich schon.
Die ganzen Dominanzgesten darf man wohl nicht so verbissen sehen.
Wenn Dein Rüde das Bein hebt, dann pinkelst Du ja auch nicht
jedesmal drüber, oder?
Ich denke, wenn man den Hund z.B. erst nach dem eigenen Essen füttert,
dann ist das einfach praktisch, weil er auf diese Weise lernt,
nicht zu betteln.
Unterstützt sowas dann auch noch meine Alpharolle -- na fein,
dann nehme ich das doch mit.
Viele Leute machen nur den Fehler, dass sie glauben, sie müssten
die ganzen Dominanzgesten alle drauf haben und schon sind sie Alpha.
Das ist mit Sicherheit Quatsch!
Wie gesagt, ich bin kein Hundeexperte, ich mache mir nur so meine
Gedanken und fahre ganz gut damit.
Andere Meinungen?
Harr, harr.