von Daniel(YCH) am 11. August 1999 14:59
Hallo Martin,
im Gegensatz zu Deiner eigenen Überzeugung, glaube ich nicht, daß Du CARE richtig einordnest.
Allein Deine Äußerungen betreffs des Scheinangriffes zeigen mir, daß Du - wie so viele - aus der Gesamtheit eines Prinzips Einzeldarstellungen herauspflückst, als solche mißverstehst, überbewertest, und daraus das Prinzip in Frage stellst.
Dieses "Verhalten" ist in diesem Forum sehr häufig zu betrachten. Anstatt sich einmal mit dem Grundgedanken wirklich auseinanderzusetzen, werden Schwachstellen gesucht, um ihn ad absurdum zu führen, bzw. ihn auch noch als partiell gefährlich darzustellen. Das, Martin, ist es, was mich nervt.
Der "Scheinangriff" z.B. wird anfangs u. U. eingesetzt, um die Konsequenz des Abbruchsignales offensichtlich zu machen. Meist ist er nur wenige Male notwendig - manchmal reicht sogar die einmalige Anwendung, bei manchen Hunden ist er gar nicht nötig. Danach hat das "Hey" diese Aufgabe übernommen.
Verwunderlich, daß man auf der einen Seite "Wurfgeschosse" proklamiert - auf der anderen Seite, die natürlichste Art der Verständigung in Frage stellen kann.
Die von Dir genannten Beispiele, zeigen mir desweiteren, daß Du auch nicht verstanden hast, was das Abbruchsignal eigentlich bewirkt.
Es ist die klarste und unmißverständlichste Art, einen Hund von etwas Unerwünschtem, oder Verbotenen abzubringen. Ich verlange eben nicht, daß er jetzt etwas tut und drücke ihn dazu - im Gegenteil - ich verlange das Unterbrechen einer Tätigkeit. Welche Aufforderung ich danach gebe (so ich denn überhaupt möchte) ist völlig irrelevant, da eine Aufforderung etwas zu tun, sowieso immer positiv ist und mit dem Abbruch nicht das Geringste zu tun hat.
Durch das klare Abbruchsignal erst, ermögliche ich dem Hund, in meiner Geradlinigkeit Sicherheit zu finden, da es unmißverständlich ist.
Jedwedes Kommando, auf welches hin der Hund ein gewisses Verhalten auf Wunsch zeigen soll, ist immer positiv und soll es auch immer bleiben. Gerade aus dem Grunde arbeite ich beim Verbot eben nicht mit einem "Kommando", da ich sonst die Willigkeit der Erfüllung und den Spass an der "Arbeit" versaue.
Wenn mein Hund zum Beispiel zur Hetze ansetzt und ich ihn mit "Platz" stoppe, so verbinde ich Platz negativ, da es einschränkt. Schöner Mist, da ich ja eigentlich möchte, daß er das Kommando gerne ausführt. Rufe ich ihn mit "Hier" ab und nötige ihn vom Objekt der Begierde abzulassen und umzukehren, so schränke ich ebenfalls ein - und nachdem kein Mensch freundlich "Hier" schreien kann, ist genau das zu beobachten, was Du beschriebst. Er kommt nicht mehr gerne. Hierzu gäbe es noch endlos Beispiele - was es uns aber eindeutig machen sollte, ist die Notwendigkeit, den Abbruch als solchen zu betrachten und zu erkennen, daß er uns eben die Möglichkeit gibt, einzuschränken, OHNE das Vertrauensverhältnis zu stören. Im Gegenteil - ich festige es, da ich immer klar in meinem Verhalten bin.
Wenn wir unserem Hund in seiner Sprache sagen können:
"Nix jagen hund, futter ich." dann drücken wir uns sicherlich geradezu perfekt aus.
Das, Martin, ist ein völliger Unsinn, weil der Hund in fast keinem Fall für Futter jagt. Die Motivationen für das Hetzen, sind vielfältig - mit der Erlangung von Futterbeute jedoch, haben sie nahezu nie etwas zu tun, weil keine Notwendigkeit besteht. Futterbeute wird aber nur aus Notwendigkeit gemacht, Martin --jedenfalls bei Caniden.
Wenn Deine Aussage Tragkraft haben sollte, so müßte ich davon ausgehen, daß ein Hund so dämlich ist, zu glauben, das gehetzte Auto fressen zu können.
Wölfe jagen auch Füchse und töten sie - ohne sie zu fressen - nur, weil sie Futterkonkurrenten sind - ebenso ist auch die sogenannte Raubzeugschärfe bei Hunden zu sehen. Vieles wird auch einfach um des Verfolgens Willen gejagt - ohne Tötungs- oder Fressensabsicht. Hetzen hat - ähnlich, wie Kampfspiele - vor Allem den Sinn, die körperliche Leistungsfähigkeit zu überprüfen und zu trainieren, um für die Notwendigkeit gewappnet zu sein.
Der Ansatz, Futter als Ersatzleistung für Jagen zu sehen, entbehrt jeder Grundlage und zeigt, daß dem Gedanken eine völlige Fehlinterpretation zugrunde liegt.
"Zur Not wird das eigene Glaubensbekenntnis zur wissenschaftliche Grundlage erklärt. Z.B. daß es in einem Rudel keine positive Bestärkung für Wohlverhalten gibt. Das kann so sein. Wahrscheinlich ist es nicht."
Und wieser eine definitive Fehldeutung, des von mir Gesagten.
Für Wohlverhalten im Sinne der Anpassung an die vom Rudelführer aufgestellten Regeln, gibt es die Wichtigste aller positiven Betärkungen: Die Integration und Sicherheit des Sozialverbundes. Diese nämlich ist essentiell und somit wertvoller, als alles Andere.
Lebt Hund aber in dem Zustand sozialer Übersättigung - den ich im Übrigen auch durch bestimmte "Lern-Methoden" und das permanente Kümmern um die vermeintlichen Bedürfnisse des Hundes erreiche - so ist diese Integration nicht mehr wichtig, da selbstverständlich.
Hier liegt auch der Hase im Pfeffer. Bin ich nicht in der Lage, wichtig genug für meinen Hund zu sein, so greife ich eben zu anderen Verlockungen, wie z.B. dem Leckerchen. Und genau dies, ist das Eingestehen meiner Unfähigkeit als "Rudelführer".
Es ist ja nicht so, Martin, daß ich Deine Intentionen nicht verstehe, nur verhältst Du Dich eben nicht gerade so, daß man einen vernünftigen Konsens anstreben könnte.
Und dies liegt nicht zuletzt an Folgendem:
Die Ideologie der operanten Konditionierung, entspringt dem Ansatz auf die Reduktion auf das Lernverhalten an sich. Man betrachtet das Lernen als solches und nimmt es de facto aus dem Zusammenhang des sozialen Ablaufes. Sicherlich ist es faszinierend und "erkenntniswissenschaftlich" interessant, da es den Anschein vermittelt, Lernvorgänge verständlich zu machen.
Einzig die Tatsache, daß die Natur so nie arbeitet, sollte zu Denken geben.
Um jetzt aber einen Bezug zum natürlichen Verhalten wiederherzustellen, werden Übertragungen und Interpretationen angewandt, die nur dem Zweck des Beweises der Theorie dienen. Dein Beispiel mit dem Futter, ist ein Paradebeispiel für diese Fehleinschätzung.
Wo der Konditionierer versucht, die Natur seiner (grundsätzlich ja nicht fehlerhaften) Theorie
über Interpretation anzupassen, versucht C.A.R.E., das Verhalten des Halters an die natürlichen Bedürfnisse der Sozialstruktur heranzuführen.
Die soziale Kommunikation innerhalb eines Zweckverbundes, wie des Rudels, braucht keine Lerntheorie, sondern Verständnis um die Notwendigkeiten und klare Signale, die ein gegenseitiges Vertrauen erst ermöglichen.
Viele Grüße
Daniel
P.S. Leider schreibst auch Du über Dinge, ohne Dich wirklich damit auseinandergesetzt zu haben. Und seltsamerweise sind es nahezu immer "Konditionierer", die sich bemüßigt fühlen, in anderen Ansätzen nach Fehlern zu suchen, die nicht in ihr Weltbild passen. Lies Dir Deine Meldung doch nochmal durch und achte einmal darauf, wieviele offene und versteckte "Verdrehungen" darin enthalten sind, die jeglicher Grundlage entbehren.
Du wirfst mir vor, ich würde wütend verunglimpfen, wer das Prinzip nicht verstanden hat? Das stimmt nicht - ich verunglimpfe Falschinterpretationen von Ratschlägen, weil sie mit der Sache nichts zu tun haben und innerhalb des Prinzips nie Anwendung fanden . Du hingegen verunglimpfst, ohne zu kennen - das zeugt nicht gerade von einem vernünftigen Umgang mit Andersdenkenden - und die Tatsache des kommerziellen Hintergrundes der Interessen einzelner Schreiber, zeigt eindeutig, was man von deren Meldungen halten soll.