Willkommen! Anmelden Ein neues Profil erzeugen

Erweiterte Suche

Die Individualität der Kopffüssler

geschrieben von Thomas(YCH) 
Die Individualität der Kopffüssler
03. März 2002 10:07

Die Individualität der Kopffüssler

Angeregt durch häufige Beiträge bezüglich des Rückschlusses, das aus der
Individualität der Hunde natürlich auch individuelle Lehrmethoden resultieren
müssen, habe ich mir mal ein paar Gedanken gemacht.

Attila schrieb gestern:
:damit bin ich einverstanden, aber haben wir uns nicht noch vor zwei Tagen (oder so)
: darüber unterhalten, ob "individuelle Hundeseelen" nicht auch individuelle Methoden
: benötigten? Und genau das hast Du bestritten - warum, wenn Du dem Hund seine
: Individualität zubilligst?

Vorab.... ich schrieb einige Tage zuvor einen Vergleich über kindliches und
hundliches Lernen und stellte dann die unten folgenden Fragen, um die
offensichtlich vorhandenen Unterschiede zu verstehen, die für andere hier in
diesem Forum selbstverständlich waren, mir aber anscheinend entgangen sind.

Die Fragen waren:
Kannst du bitte die wesentlichen Unterschiede erklären, sagen wir bei
einem 2-jährigen Kind und einem Hund? Versuch bitte mal einige konkrete
Unterschiede zu erklären, und zwar die Unterschiede zwischen 2-jährigem
Kind und Hund bei 3 ganz konkreten Parametern im Hinblick auf das assoziative
Lernen:

1. die egoistisch begründete Spontaneität des Verhaltens, also dieses
"ich, ich, ich, und noch mal ich"

2. das Vorhandensein von Vernunft als Grundlage zum Verständnis und
des Verstehens von Erklärungen - beeinflusst und eingeschränkt durch
fehlende Erfahrungen.

3. das faktisch komplette Fehlen des Wissen um Verbote - wie natürliche,
moralische, ethische Gebote und Verbote.

Nun dazu 2 kleine Lernaufgaben. Ein dreijähriger Junge soll lernen, einen
Kopffüssler zu malen, ein Hund soll lernen, ein Bringholz zu bringen. Im
Grunde genommen sind das für beide relativ einfache Aufgaben, die man
mit Üben und bei richtigem Lehren schnell erlernen kann.

Aber, keine Lernen ohne Probleme:
Der kleine hat aber keine Lust, weil er gerade mit seinen Autos und der
"sprechenden" Tankstelle spielt. Der Hund hat gerade keine Lust, weil
er gerade eine Mauseloch ausbuddeln muss. Was nun? Was ist zu tun?

Ich nehme also den Kleine konsequent hoch, setze ihn an den Tisch oder vor
die Tafel, gebe ihm seinen Stift oder die Kreide in die Hand und sage ihm:
"Mal bitte einen Kopffüssler". Da ich aber nun zu den "schlauen" Eltern
gehöre, habe ich mir vorgenommen, ihm diesen Kopffüssler vorzumalen:
Einen dicken Kreis, Augen, Nase, Mund, zwei Beine dran fertig. Kopffüssler
gehören ja zu den altersgemässen Fähigkeiten eines 3-jährigen Kindes.

Nur der Kleine hat ganz anderes im Sinne: er schreit und heult, weil er nicht
malen will, er will lieber weiter mit den Autos spielen.... ja... und nun????

Wenn man nun die übliche Ausbildungsszene bei Hunden auf die Malsituation
übertragen würde, würde ich nun mit P+ (Zwang und Brechen des Widerstandes)
arbeiten müssen. Der Junge wird's wahrscheinlich nun machen, er wird sich
fügen, aus Angst, um sich der Situation irgendwie zu entziehen, er ist ja nur ein
kleiner 3-jähriger Junge, der nichts der elterlichen Allmacht entgegensetzen kann.
Er wird merken, genau wie die Ratte, die den Schalter betätigt, damit sie keinen
Stromschlag bekommt, das er die für ihn höchst unangenehme Situation durch
sich-fügen und nachgeben wenigstens wieder in einen neutralen Zustand wechseln
kann. Der "Trieb" ist in diesem Fall auch der gleiche wie beim Hund in traditioneller
Übungssituation oder wie bei der o.g. Ratte: Schadensvermeidung! Die Motivation ist
eindeutig, also folgt nun daraus zweckgebundenes Verhalten.
Wie häufig genau dieses bei Hunden regelrecht fehlinterpretiert wird, kann man
erst erkennen, wenn man einige geistige Mauern und Barrieren überspringt.

O.k., weiter... die anderen Kinder können schon Kopffüssler malen. Die Eltern
seiner Freunde haben schon voller Stolz die ersten Kunstwerke ihrer Zwerge
präsentiert. Also nehme ich mir als auch-stolz-sein-wollender Vater vor, das
nun täglich zu üben.

Jetzt stell ich aber mal folgende Frage: Wird dieser kleine Junge nach diesen
"Übungssitzungen", deren Zeit, Beginn und Ende ich festgelegt habe, das
Angebot der Kreide und des Malpapier in seinem Zimmer irgendwann einmal
von ganz alleine annehmen und malen? Nein, wird er nicht... im Gegenteil, er
wird die Utensilien in die untersten Ecken seiner Spielkisten vergraben.

Genauso wir mein Hund auf Befehl "gebracht" hat, aber um jedes Bringholz
einen weiten Bogen gemacht hat, wenn es einfach nur da gelegen hat. Genauso
wie mein Hund viel lieber den Übungsplatz verlassen hat, als ihn zu Beginn der
Übungsstunde zu betreten.

Nun ja, mein Junge wird bald 4 Jahre alt, er malt heute gerne, und er präsentiert
voller Stolz seine Kopffüssler. Mein Hund bringt heute alles, was man ihr nur
anzeigt und was sie tragen kann. Ob das ein Holz ist, ein Regenschirm, ein
Schuh, Handschuhe, Handtücher, Schuhanzieher, Mützen, Hüte, egal was... sie
bringt alles. Da fällt mir z.B. aus Unachtsamkeit mein Schuhanzieher ins Treppen-
haus runter, ich rufe meinen Hund und sage "Geh mal eben runter". Sie geht runter
und guckt hier und dort. Ich sage 2, 3 mal "falsch" oder "weiter" oder "prima",
dann steht sie am Schuhanzieher und schnüffelt dran, ich sage "Brings" und sie
nimmt ihn auf und kommt damit hoch. Meine Verblüffung war schon enorm.....
Mein Junge kommt und ruft "Papa, guck mal was ich gemalt habe....."

Das "neue" Bringen und die Motivation dazu habe ich meinem Hund mit dem
Clicker beigebracht. Das Malen und die Motivation dazu habe ich meinem
Jungen nach exakt der gleichen Methode beigebracht, zwar ohne Clicker, aber
dennoch mit exakt der gleichen Vorgehensweise.
Und alles was der kleine bisher von mir gelernt hat, hat er nach dieser Methode
gelernt. Im Moment "clickern" wir das Fahrradfahren ohne Stützräder.

Ach ja.... mein Hund hat, ich glaube seit annähernd 5 jahren oder so , keinen
Leinenruck mehr bekommen, kein Stachelhalsband, kein aversives Einwirken
in der Übungssitzung. Und der Ausbildungsstand übersteigt den der älteren
Zeit in einem Maße, welcher nicht mehr vergleichbar ist.

Mein Junge wurde noch nie zu irgendwelchen Lernaufgaben gezwungen, er
hat noch nie Schläge zur Strafe bekommen, nicht mal einen Klaps. Wir lehnen
als Eltern beide in totaler Übereinstimmung Schläge als elterliches Erziehungsmittel
kompromisslos ab. Mein Junge gilt im Kindergarten als ruhig und besonnen, und
nicht sehr wagemutig. In sportlichen Dingen (Turnen) ist er dennoch den anderen
mehrere Schritte voraus, beim Schwimmen steht er zur Verwunderung aller kurz
davor, ohne Schwimmhilfe auszukommen. In Geschicklichkeit und Kombinationsgabe
verblüfft er manches mal alle. Er gilt als gelehrig, als aufmerksamer und guter Zuhörer,
gut erzogen, respektiert Regeln, Verbote, Andere.

Mein Hund gilt als sehr gut erzogen, man weiss, dass sie kein Raufer ist. Die Leute
wundern sich, über die Aufmerksamkeit mir gegenüber, dass sie mich fast kaum
aus den Augen lässt. Am meisten wundern sie sich, wenn ich sie mit "Links" und
"Rechts" quasi wie beim Slalom durch Fussgänger und Radfahrer manövriere und
und Unglauben steht denen ins Gesicht geschrieben.

Was für ein Geheimnis steckt dahinter? Ich könnte ja nun bei meinem Jungen sagen
"Hat er natürlich alles vom Vater geerbt". Aber wie erkläre ich dann die Fähigkeiten
meines Hundes, die u.a. zuverlässig "Rechts" und "Links" unterscheiden kann?
Ich sträube mich vehement, da auch von Vererbung zu sprechen. J

Das Geheimnis ist eigentlich gar kein Geheimnis. Ich favorisiere in beiden Fällen
die antiautoritäre Erziehung, darüber hinausgehend eine autoritative(s) Erziehung/
Lehren.
Und ich favorisiere das Bestärken von operanten Verhalten als die einzig wahre
und wirksame Lehrmethode beim assoziativen Lernen. Und ich habe mit beiden
Clickertraining gemacht.... es lagen zwar unterschiedliche Ziele vor, aber die
Vorgehensweise war identisch. Und eine bessere Bestätigung als die vorliegenden
Resultate gibt es nicht.
Und die jeweilige Individualität beider ist von alledem, was ich jetzt hier schrieb,
in keinster Weise betroffen.

Thomas





03. März 2002 12:32

Hallo Thomas,


: Die Fragen waren:
: Kannst du bitte die wesentlichen Unterschiede erklären, sagen wir bei
: einem 2-jährigen Kind und einem Hund? Versuch bitte mal einige konkrete
: Unterschiede zu erklären, und zwar die Unterschiede zwischen 2-jährigem
: Kind und Hund bei 3 ganz konkreten Parametern im Hinblick auf das assoziative
: Lernen:
:
: 1. die egoistisch begründete Spontaneität des Verhaltens, also dieses
: "ich, ich, ich, und noch mal ich"
:
: 2. das Vorhandensein von Vernunft als Grundlage zum Verständnis und
: des Verstehens von Erklärungen - beeinflusst und eingeschränkt durch
: fehlende Erfahrungen.
:
: 3. das faktisch komplette Fehlen des Wissen um Verbote - wie natürliche,
: moralische, ethische Gebote und Verbote.


In Bezug auf Punkt eins: da sehe ich keine großen Unterschiede zwischen einem 2jährigen Kind und einem Hund.

Aber zu Punkt 2: Da gibt es allerdings Riesenunterschiede. Einem 2Jährigen kann man schon vieles erklären, einem Hund nicht. Ein 2Jähriger versteht, dass es Anderen wehtut, wenn er sie schlägt. Ob er es deswegen immer unterlässt, ist natürlich wieder eine andere Geschichte. Ein Hund wird niemals verstehen, warum er nicht in Nachbars Garten machen darf, warum er keine Schuhe zerkauen darf, warum er die läufige Hündin von nebenan nicht besteigen darf (so er denn potent ist). usw.
Du kannst einem Hund zwar beibringen, dass etwas verboten ist, aber das Warum, die Einsicht fehlt ihm völlig.

Zu Punkt drei: das fehlende Wissen um Verbote. Hängt mit Punkt 2 zusammen: s.o.



Zu den zwei Lernaufgaben:

Im Prinzip hast Du völlig recht. Nämlich damit, dass es logischer ist, einem Kind und auch einem Hund etwas ohne Zwang (Gewalt, Druck, negative Einflussnahme - sucht Euch den Begriff aus, der Euch gefällt) beizubringen.
Es ist 1000mal besser, einem Kind/Hund Spass an der Sache zu vermitteln, denn dann möchte der Hund gerne das Bringholz bringen und das Kind möchte malen.

Und jetzt kommt das große Aber: wie sieht es denn aus, wenn ich dem Kind/Hund nicht eine neue Fähigkeit beibringen will, sondern es von naturgegebenen Fähigkeiten abhalten will (in bestimmten Situationen)?

Da kommt wieder die o.g. Fähigkeit zur Einsicht ins Spiel. Und, was nicht zu verachten ist: die Rechte des/der Anderen. Bleiben wir mal am Beispiel Kind im Trotzalter: die klassische Situation im Supermarkt: Kind schmeisst sich auf den Boden, brüllt, tobt und ist regelrecht weggetreten, weil es das heißbegehrte Ü-Ei an der Quengeltheke nicht bekommt. Ich habe kein Problem damit, das Kind liegen und brüllen zu lasen, bis ich meine Einkäufe bezahlt und verpackt habe. Schliesslich habe ich eine Waschmaschine und die Blicke/Kommentare der Anderen sind zwar unangenehm, aber schließlich weiß ich als aufgeklärte Mutter, warum mein Kind sich so verhält, nämlich, weil es einfach nicht anders kann.

Nur: ich muß auch noch zum Bäcker, zum Metzger und zur Post.
Ich persönlich habe es gut: ich habe einen Mann, dem ich die Kids nachmittags aufs Auge drücken kann und dann kann ich meine Besorgungen in aller Ruhe erledigen. Aber was macht eine Alleinerziehende?
Ich kann es keiner Frau verdenken, wenn ihr nach dem hundersten Trotzanfall in einer Woche irgendwann der Geduldsfaden reisst. Das heisst nicht, dass ich es richtig finde, wenn sie ihr Kind zusammenscheisst oder eine auf den Po gibt. Aber auch Erziehende haben ab und an das Recht, Fehler wider besseres Wissen zu machen.

Auf den Hund übertragen: ich halte nichts davon, dem Hund mit dem Schuh, an dem er gerade nagte, eine überzuziehen. Aber ich muß gestehen: auch ich habe es schon getan. Und trotzdem halte ich mich nicht für einen Tierquäler, der dem Hund alle Rechte abspricht.

Noch ein Beispiel (eins von Dir):

Das Recht auf körperliche Unversehrtheit in Bezug auf die Kastration. Mein Hund ist kastriert. Klar wäre es besser, wenn mein Hund so gut hören würde, dass ich ihn trotz vorhandener Hoden von jeder läufigen Hündin abrufen könnte. Aber das ist für mich schon die hohe Schule des Gehorsams. Und so weit sind wir noch lange nicht. Und was mache ich bis dahin? Fröhlich zeugen und evtl. auch streunen lassen? Immer nur an der Leine halten, womöglich jahrelang? Nicht jeder hat seinen Hund von Welpenbeinen an und nicht jeder hat x Jahre Hundeerfahrung hinter sich. Dürfen diese Leute alle keine Hunde mehr halten?

Da ist für mich die Kastation das kleinere Übel. Ich bin nicht der optimale Erzieher (weder bei Hund noch bei Kind), andere Menschen sind es auch nicht.
Aber das bedeutet noch lange nicht, dass man dem Hund seine Individualität und sein Recht auf Unversehrheit abspricht.


Viele Grüsse,
Kerstin Hk



:

03. März 2002 12:54

(Ich komme gerade vom Spaziergang zurück. Mir ist unterwegs noch etwas
wichtiges eingefallen. Ich möchte deshalb den letzten Absatz noch mal
vervollständigen)

Das Geheimnis ist eigentlich gar kein Geheimnis. Ich favorisiere in beiden Fällen
die antiautoritäre Erziehung, darüber hinausgehend eine autoritative(s) Erziehung/
Lehren. Ich schaffe Begehrlichkeiten, Bedürfnisse und stelle Ihnen die Befriedigung
ihrer Bedürfnisses in Aussicht. Ich lasse Ihnen die Wahl, ob sie ihr Bedürfnis
befriedigen wollen, ob sie bereit sind, etwas dafür zu tun. Ich zeige ihnen nur
den Knopf den sie drücken müssen, den Schalter den sie betätigen müssen,
um das Gewünschte zu erreichen. Aber sie haben selbst die Wahl, ob sie diesen
Schalter betätigen wollen. Ich achte nur daraf, dass der Schalter erreichbar ist.
Am Anfang muss er relativ leicht erreichbar sein; im laufe der Zeit kann ich
den Schalter immer schwieriger erreichbar machen.
Wenn sie kein Interesse mehr an dem Schalter haben, kann es zwei Ursachen
haben: Die erste wäre, sie haben's aufgeben, weil sie die Erkenntnis hatten,
dass der Schalter unerreichbar ist. Die zweite wäre, der Anreiz war zu schwach,
um wirklich ein Bedürfnis zu wecken. In beiden Fällen bin ich für diese Fehl-
entwicklung verantwortlich. Weder Kind noch Hund haben einen Fehler gemacht.


03. März 2002 12:58


: Angeregt durch häufige Beiträge bezüglich des Rückschlusses, das aus der
: Individualität der Hunde natürlich auch individuelle Lehrmethoden resultieren
: müssen, habe ich mir mal ein paar Gedanken gemacht.

Hallo Thomas,
that`s it !
viele Grüße
elke + sammy (der gestern zum ersten + letzten Mal in der Hundeschule war...)


03. März 2002 13:11

Hallo Thomas,

schön, dass Du das noch hinzugefügt hast.
Irgendwie hat das vorhin gefehlt ;-)

:Ich schaffe Begehrlichkeiten, Bedürfnisse und stelle Ihnen die :Befriedigung ihrer Bedürfnisses in Aussicht. Ich lasse Ihnen die Wahl, yawning smileyb sie ihr Bedürfnis befriedigen wollen, ob sie bereit sind, etwas :dafür zu tun....

DAS IST ES.

Viele Grüsse, Heike

Die kalte Schnauze eines Hundes ist erfreulich warm gegen die Kaltschnäuzigkeit mancher Mitmenschen.

03. März 2002 13:52

: Aber zu Punkt 2: Da gibt es allerdings Riesenunterschiede. Einem 2Jährigen kann man schon vieles erklären, einem Hund nicht.

Nein, da gibts keine Unterschiede.

Um Sachverhalte zu verstehen, bedarf es Erfahrungen... um eben die
Erklärungen verifizieren zu können. Wenn du einem 2-jährigen sagst
"Die herdplatte ist heiss" hat er nur eine Vorstellung davon, was
heiss bedeutet, wenn er sich vorher die Hände einmal verbrannt/verbrüht
hat.
Wenn du eine Klingel betätigst, z.b. einem ganz bestimmten Ton, hat
der zunächst für das Tier keine Bedeutung, genauso wenig wie der Begriff
"Heiss" für das Kind. Wenn aber einmal begleitend zu diesem Ton ein
kräftiger Schmerzreiz (wie beim verbrennen) zugefügt wurde, wird dieser
Ton vermutlich sofort assoziativ verknüpft. Der Mechanismus des
Lernens ist in beiden Fällen wieder derselbe. Aber es benötigt das
Vorhandensein von Erfahrungen, sonst bleiben alle Reize und Signale
unbedeutend und nichtssagend.

: Ein 2Jähriger versteht, dass es Anderen wehtut, wenn er sie schlägt.

Das gleiche ist beim Hund so. Beiden lernen diese "Beisshemmung" in der
Sozialisierungsphase durch die Antwortreaktionen der Umwelt. Auch hier
ist es dasselbe. Der kleine Hund beisst, der gebissene schreit. Der
beisser denkt sich "Oh fein, wenn ich da rein beisse, dann schreits"
Also tut er es noch mal, und sogar fester (welches ebenfalls ein
schritt der verstärkung operanten verhaltens ist). Der andere Schreit
lauter, beisst nun aber voller schmerz, wut, angst (weiss der henker)
kräftig zurück. Was lernt der erste? Wenn ich beisse, schreits. Wenn
ich nochmal beisse, schreits lauter und sofort tut mir auch weh.
Also lässt er es in Zukunft.
Genau so funktioniert das, wenn Kindern unter sich sind. Es sei denn,
Eltern greifen regulierend ein. Aber der "schläger" lernt auch: Schlage
ich, hats für mich unangenehme konsequenzen.

wie gesagt, auch hier ist der mechanismus identisch.

:Ob er es deswegen immer unterlässt, ist natürlich wieder eine andere Geschichte.

das gleiche betrifft den hund

:Ein Hund wird niemals verstehen, warum er nicht in Nachbars Garten machen darf, warum er keine Schuhe zerkauen darf, warum er die läufige Hündin von nebenan nicht besteigen darf (so er denn potent ist). usw.

ein dreijähriger versteht auch nicht, dass er im wohnzimmer nicht die
wände mit wachskreide anmalen darf, er versteht auch nicht, dass er in
seinem zimmer nicht die tapeten abreissen darf, und schon gar nicht
versteht er, dass ich es nicht lustig finde, wenn er die seiten aus
seinen kinderbüchern einzeln rausreisst... einfach nur so, einfach
wegen des geräusches des reissens von papier.

beides, dein kacken in nachbarsgarten, sowie die streiche der 3-jährigen
ist wieder dasselbe. sie lernen die verbote an der unangenehmen
konsequenzen ihres verhaltens... die antwortreaktion der umwelt auf ihr
Tun ist unangnehm... wie auch immer... deswegen lassens sie's in
zukunft. und nicht weil ihnen ihr tun zunächst verstandesgemäss
eingängig ist. das ändert sich beim kind dann, wenn es älter ist. aber
beim 2- und 3-jährigen kind und beim hund ist es wieder derselbe
mechanismus nach dem beide lernen.

: Zu Punkt drei: das fehlende Wissen um Verbote. Hängt mit Punkt 2 zusammen: s.o.

sowohl in der kindlichen als auch in der hundlichen vorstellungswelt
gibt es keine verstandesgemäs akzeptierten verbote. beiden sind der
grund für verbote nicht eingängig, zum beispiel das materieller schaden entstehen kann.... weil weder der 2-3 jährige noch der hund eine
vorstellung von materiellen (geldlichen) dingen haben. sie haben
keine ahnung, welchen stellenwert geld hat, was man überhaupt tun
muss, um zu geld zu kommen.

: Und jetzt kommt das große Aber:

das ist mir bekannt. ich gehe da nicht weiter drauf ein... warum nicht?
weil ich nicht drüber reden will..... weil es fehler offenbart, die
nicht offenbart werden sollen/wollen.
warum tut das kind das überhaupt? einfach deshalb, weil auch dieses
verhalten vorher in irgendeiner form verstärkt wurde. garantiert war dieses verhalten NICHT in solcher ausprägung von anfang an vorhanden.
es wurde verstärkt, nicht absichtlich, aber verstärkt wurde es.

die clickerleute hier könnens garantiert erklären. ich tus nicht.

: Auf den Hund übertragen: ich halte nichts davon, dem Hund mit dem Schuh, an dem er gerade nagte, eine überzuziehen. Aber ich muß gestehen: auch ich habe es schon getan. Und trotzdem halte ich mich nicht für einen Tierquäler, der dem Hund alle Rechte abspricht.

k. lorenz sagte schon "ich prügelte ihn mit der leiche des
ermordeten". er meinte damit eine gans, die nun für alle zeiten für
den hund tabu waren. ich habe das selbst auch schon gemacht.

: Aber das bedeutet noch lange nicht, dass man dem Hund seine Individualität und sein Recht auf Unversehrheit abspricht.

ich habe dir nichts vorgeworfen. ich werde niemanden etwas vorwerfen,
der sich dessen bewusst ist und sich nicht hinter scheinheiligkeiten
versteckt oder diesen eingriff mit irgendwelchem quatsch-argumenten
rechtfertigt. ich sagte in diesem thread schon: "ich respektiere das, aber akzeptieren kann ich es nicht". aber das ist hier nicht das thema.

Thomas