Hallo Constanze!
Ich möchte mich eigentlich Elke anschließen: Ich denke, Du mußt vorausschauender werden. Ich habe fast 13 Jahre lang eine Schnauzer-Mix-Hündin gehabt, die zwar keine so schlimme Welpenzeit hatte, aber viele der von Dir genannten Probleme auch gezeigt hat. Ich glaube nicht, daß sie jemals durch einen Wesenstest gekommen wäre. Trotzdem gab es in ihrem ganzen Leben keine einzige Situation, bei der ein Ordnungsamt eingeschritten wäre. Ich meine jetzt nicht, weil das Amt nichts mitbekommen hat, sondern, weil es nie zu einem tatsächlichen Angriff kam. Und zwar deshalb, weil ich 150 % aufgepaßt habe. Ich wußte - je länger ich sie hatte, desto besser - in welchen Situationen mit ihr nicht gut Kirschen essen wäre. Und dann habe ich vorgesorgt. Wenn Besuch da war, durfte sie ihn erst begrüßen, wenn die Leute schon im Zimmer waren und saßen, dann mußte sie auf ihre Decke. Kein weiteres Rumwandern im Zimmer. Wenn Besuch aufsteht, ist immer der Blick auf dem Hund - reagiert er, kommt sofort ein "Bleib!"
Bin ich nicht dabei, ist mein Hund auch nicht dabei. Ein Schnauzer kann - bei einer entsprechenden Prägung - ein absoluter Ein-Mann-Hund (oder natürlich Ein-Frau-Hund ;-)) sein, das sollte man dann auch ernst nehmen. Ich habe in der ganzen Zeit nur zwei Menschen kennengelernt, bei denen mein Hund mal sein konnte und die er auch für voll genommen hat. Dann folgte er bei ihnen aber sehr gut. Meine Eltern - obwohl der Hund sie sehr mochte - gehörten übrigens nicht dazu. Spazierengehen mit ihnen war also nur dann ohne Leine erlaubt, wenn das Gelände übersichtlich war und man rechtzeitig reagieren konnte.
Jetzt habe ich ewig von meinem Hund erzählt. Sie hatte sicher bessere Ausgangsbedingungen wie Deine, aber Deine Überschrift hat mich an sie erinnert: Ja, sie war gefährlich - aber das hat keiner gemerkt. Kinder, die fragten, konnten sie immer streicheln. Ich habe nur ganz deutlich gesagt, daß ich grundsätzlich dabei sein will. Nur ich wußte, daß sie sich ohne mich von niemandem anderen anfassen lassen hätte. Selbst Menschen, die sie seit Jahren kannte, hätten sie nicht einmal losbinden können, wenn sie irgendwo angebunden war. Ich hätte sie aber auch nicht vor dem Laden angebunden, sondern höchstens seitlich in irgendeiner Ecke, wo keiner ihr aus Versehen zu nahe kommt.
Vielleicht paßt das ja alles jetzt überhaupt nicht zu Euch - aber mein Tip wäre einfach, daß Du den Hund weniger als Familienhund siehst als wirklich als Deinen, für den auch Du - und nur Du - die Verantwortung hast. Und solche "gefährlichen" Situationen dürfen einfach nicht passieren. Wenn Du wegen Kindern und Einkauf und Sonstigem nicht nach dem Hund schauen kannst, dann muß er eben im Auto warten, bis Du ihn beim zweiten Mal Laufen holst. Versuch nicht, ob es mit dem Besuch klappt und ob sie sich vielleicht dieses Mal streicheln läßt - Du läßt Dir auch nicht von jedem den Kopf tätscheln. Und ein Schnauzer ist nun mal ein Hund mit Wacheigenschaften, auch bei optimalar Prägung wird der Hund meist reservierter bleiben als vielleicht ein Berner oder Goldie.
Aber Du sagst, sie hört bei Dir gut - Du hast also die Möglichkeit, solche Situationen zu verhindern. Und wenn es bei Anderen nicht klappt, dann darf der Hund mit diesen Anderen nur angeleint unterwegs sein oder in so offenem Gelände, daß er vor Begegnungen grundsätzlich angeleint werden kann.
Was die Hundeschule angeht, so würde ich da wirklich mal nach etwas "Alternativem" suchen - also nichts mit Druck, sondern wirklich Spiel und Spaß. Versucht mal, eine Dog-Dancing-Gruppe in der Umgebung zu finden, das bietet sich gerade bei älteren Hunden an, weil man genau die Sachen machen kann, die der eigene Hund gerne macht.
Und zum Leckerli: Meine Hündin gab auch immer auf, wenn sie merkte, daß sie es nicht bekommt. Inzwischen weiß ich, daß es mein Fehler war: sie hätte es viel schneller bekommen müssen. Mach die Leckerlis kleiner und gib ihr dafür viel schneller eines. Fünf Minuten Training am Stück reichen, da mußt Du schnell füttern, wenn Du was loswerden willst. Versuch das "Fuß" und das "Hier" nochmal neu zu beginnen - am besten mit anderen Wörtern. Kommt Dein Hund mit dem geworfenen Ball schnell zurück? Wunderbar, dann benütze an der Stelle das neue Wort. Und werde nicht böse, wenn es nicht klappt, sondern schraube die Anforderungen zurück und versuche, sie mehr zu motivieren.
Ich finde es auf jeden Fall toll, daß Du nie aufgegeben hast und versuchst, dem Hund ein möglichst normales Leben zu geben. Ihr schafft das schon!
Grüße, Kaya
Ach, noch was: Wie lange habt Ihr denn den Rüden schon? Vielleicht ist nicht die Kastration, sondern der Hundezuwachs der Grund für die Steigerung beim Wachverhalten? Nur so eine Idee.