Lieber Clickrfreunde, Clickergegner und Clickerskeptiker,
vor einigen Jahren hatte ich an dieser Stelle mal meinen ersten Erfahrungsbericht hinsichtlich der Verwendung des Clickers gepostet. Den damaligen Text habe ich unten drangehängt. Ich unterstreiche nach wie vor jede dieser Zeilen.Ich gebe heute mal einen Zwischenbericht ab, mal sehen, was in weiteren zwei, drei Jahren sein wird.
Situation in Verein und mit Trainingspartnern:
Im Laufe der Zeit hat es sich ergeben, dass kein einziger, dem ich die Sache mit Clicker und target mal gezeigt habe, kein einziger im Verein, der es jede Woche mitbekam, keiner der sich interessiert Vorführungen angeschaut hat, noch weiterhin mit Clicker arbeitet.
Wettkampf(Hundesport:
Je weiter es in den sportlichen Wettkampfbereich geht, umso seltener werden die Clickerer. Um hier nicht mißverstanden zu werden: ich für meinen Teil bin nicht bereit, dem Hund Dinge abzuverlangen, die er ohne nachhaltige Härten nicht bereit wäre noch zu tun, um irgendein Treppchen zu erklimmen.
Aber: wenn man sagt, dass man etwas nicht tun m ö c h t e aufgrund der Einstellung zum Tier, dann sollte man gleichzeitig so ehrlich sein auch einzuräumen, dass man bestimmte Höchstleistungen auch gar nicht erreichen k ö n n t e, selbst wenn man wollte. Die recht "tote" Clicker-SchH-egroup ist ein bezeichendes Beispiel dafür, dass sich nicht viel tut dort wo man angetreten ist, den Beweis für die Gleichwertigkeit des Clickerns auch im Hundesport zu erbringen.
Soweit ich es im Agility überblicken kann, kommt man dort in vielen Dingen wesentlich schneller ans Ziel als mit clicken und bisweilen langwierigem shapen mittels C & T.. Die letzten einwöchigen Beobachtungen bei einem Agility-Seminar mit WM-Teilnehmern brachte jedenfalls die Erkenntnis, dass da kein einziger geclickt hat.
Forentätigkeit:
Clickerer scheinen mir leider in einer gewissen Selbstüberhöhung oft davon überzeugt zu sein, „es“ besser zu wissen und zu können als andere Hundehalter. Ich habe im Laufe der Jahre einige Hunde von Clickerfans gesehen. Ich dachte früher mal, das müssen ja d i e Hunde schlechthin in den Händen d e r Experten schlechthin sein. Die Realität sah bisweilen doch anders aus, nicht zuletzt in den beiden „klassischen“ Problembereichen Jagd und Aggression. Gerade hier erfolgen auch (mit Ausnahmen) kaum Wortmeldungen, wenn Hilferufe wegen wirklicher Problemfälle erfolgten, die den betreffenden Hundehaltern sehr unter den Nägeln brannten. Ansonsten: meist beredtes Schweigen statt konkreter Vorschläge, wenn es um Hunde mit erheblichem Aggressionspotential oder Jagderfolgen ging. Hier wäre es schön, wenn man nicht immer nur genau wüßte, was man NICHT machen sollte, sondern wie es denn konkret stattdessen gehen könnte.
Wenn man sich auf die Gimmicks beschränkt und nicht den Schritt macht, das eingeübte gerade für die Arbeit an Problemfeldern zu verwenden, dann wird das ganze leider eine Episode bleiben.
Ich würde mir etwas weniger Voreingenommenheit wünschen, wenn man gerade mal wieder mit Adlerblick erspäht hat, dass da einer an der Leine gezupft oder seinen Hund angeraunzt hat. Man sollte immer selbstkritisch genug sein, ob man denn das Propagierte mit dem eigenen Hund auch vorleben kann.
Hundeschulen/Hundetrainer:
Ich habe mir eine Reihe von Hundeschulen, die Clickertraining anbieten, aus der Nähe angesehen: für die allgemeien beschäftigung des Hundes gibts auf Wunsch Clickertraining für die Problemfälle wird gerne zu MasterPlus und ähnlichem gegriffen.
Es ist zudem mit Sicherheit nicht die beste Idee, seit drei Monaten einen Clicker in der Hand zu halten und dann gegenüber Leuten, die seit Jahrzehnten mit Hunden arbeiten dem eigenen Sendungsdrang freien Lauf zu lassen, um endlich mal klarzumachen, was es mit S+ und R+ auf sich hat ...
Eigene Arbeit:
manche Übungen ließe sich mit Clicker sehr sehr gut einüben. Andere funktionierten ohne Clicker genausogut. Wieder andere erfuhren erst dann eine Wendung, als ich dabei den Clicker beiseite und ein im Kopf befindliches Schema ad acta legte.
Ein heikles Thema zum Abschluß: Clickerer folgen oft der These, dass durch negative Bestärkung nicht gelernt werde. Das kann ich nun gar nicht stehen lassen. Es gibt genug Hunde- und auch Menschenkinder, die Dinge unter Strafe sehr nachhaltig gelernt haben. Wenn man weiß wie es geht und wenn man früh genug anfängt, dann sind das die tiefsitzendsten Konditionierungen überhaupt, die -bisweilen mit schlimmen Ergebnissen- ein Leben lang anhalten.
Die Frage ist daher nicht allein eine der Effizienz, sondern auch eine der Ethik. An diesem Punkt ist anzussetzen. Wer vorschnell die Effizienz negativer Bestärkung vom Tisch wischt, der wird sich immer wieder von jenen bloßstellen lassen müssen, die in einem überschaubaren Zeitraum Ergebnisse vorweisen können.
Viele Grüße,
andreas
Animiert durch mehrere Personen habe ich skeptisch und nicht unbedingt von der Notwendigkeit eines neuen Weges überzeugt- mich dennoch möglichst unbefangen und offen daran gemacht, meinen Hund auf den Clicker zu konditionieren und einige simple Spielchen einzuüben. Um es vorweg zu nehmen: ich habe es nicht bereut, vielmehr grossen Gefallen daran gefunden und ärgere mich -aber nur ein wenig- darüber, dass ich der Sache nicht früher mal nähergetreten bin.
Das Konditionieren auf den Clicker ging erwartungsgemäss schnell.Das Bei-Fuß-gehen, mit dem ich zuvor schon zufrieden war, hat geradezu einen Sprung gemacht durch das freie Laufenlassen und das Einfangen des richtigen Begleitens durch jeweils ein click.
(Anm. es folgten seinerzeit weitere Ausführungen zu Einzelheiten)
Dies mal in Kurzform das, was sich in wenigen Tagen ereignete. Auch wenn man diese Übungen -zu Recht?- als Spielerei ansieht, so ergeben sich für mich doch zweierlei positive Ergebnisse: erstens kann ich meinen Hund rein zum Vergnügen mit den unterschiedlichsten Sachen beschäftigen. Zweitens eröffnen sich am Horizont ganz andere Möglichkeiten, die über das reine Spiel hinaus ungemein nützlich sein können.
Mein Anfangsergebnis sieht daher wie folgt aus: Der Clicker scheint mir im Bereich der positiven Bestärkung ein ungemein geeignetes Trainingsmittel zu sein, um dem Hund präzise, klar und im exakt richtigen Moment mitzuteilen, was er gerade richtig macht. Der Hund scheint durch das richtige Timing leichter zu verstehen, was denn überhaupt von ihm gewünscht ist.
Gleichzeitig muß man sich meines Erachtens im Klaren darüber sein, dass das Clickertraining als Teil positiver Bestärkung lediglich einen Teilaspekt des gesamten 24-stündigen Umgangs mit dem Hund darstellt. Wer tagtäglich in seinem Sozialverhalten Fehler macht oder gar versagt, der wird auch mit dem Clicker scheitern. Dies betrifft aber jede Ausbildungsweise und widerlegt nicht der Möglichkeiten erfolgreichen Clickertrainings.
Einen Autoritätsverlust oder gar Autoritätsverzicht kann ich ebenfalls nicht erkennen. Mein Hund kennt die Bedeutung des Wortes "nein" sehr genau. Für den weiteren Verlauf erhoffe ich mir, den Teilaspekt "positive Bestärkung"; im Umgang mit Hunden mit Hilfe des Clickers weitmöglichst ausdehnen und Verbote sowie negative Bestärkungen auf ein Minimum reduzieren zu können.
Bei dem Spass, den das ganze auch mir macht, frage ich mich allerdings, wer hier überhaupt wen bestärkt... :-)