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Help - Mein Hund wird zum Knurrhahn!

geschrieben von Bri(YCH) 
Help - Mein Hund wird zum Knurrhahn!
14. Juni 2002 06:49

Mein acht Monate alter Schäferrüde hat etwas Neues, was mich sehr beunruhigt: seit Neuestem knurrt er, wenn man an seinen Liegeplatz kommt. Meinen Mann und mich knurrt er nicht an, aber Sohn (19) und Tochter (17) und alle Besucher. Auch im Büro knurrt er, sobald meine Kollegen an mein Pult treten.

Ich bin nicht sicher wie ich geagieren soll, weil ich mich davor fürchte, dass das Knurren zum Schnappen oder Beissen ausartet. Soll ich nun ignorieren, beschwichtigen, Schnauzengriff anwenden, lautes Pfui oder was sonst?

Der Hund ist gegenüber Menschen sehr ängstlich und unsicher. Mit anderen Hunden und Katzen hat er keine Probleme. Wie kann ich in dieser Situation mir und dem Hund richtig helfen?

Danke für eure Feedbacks!


14. Juni 2002 09:19

Hi,

Ihr müsste Euch zwischendurch auf den Liegeplatz Eures Hundes legen um Ihm zu demonstrieren das Ihr überall hin dürft. Im Büro habe ich meiner Dame immer nein gesagt wenn Sie anfing zu knurren und sie auf ihren Platz geschickt.

Bei mir hat es geholfen, viel Glück.

Gruß Marion


14. Juni 2002 13:11

Hallo,

verbiete Deinem Hund das anknurren anderer Personen mit einem deutlichen "Pfui ist das!".
Wenn er davon nicht beeindruckt ist, würde ich auch nicht davor zurückschrecken, ihm gegenüber handgreiflich zu werden (auch wenn das einige hier im Forum nicht gerne hören).
Nicht prügeln oder schlagen, sondern wende entweder den Schnauzengriff an oder aber, die "Strafe" (hört sich immer so negativ an, ist aber auch eine Form der Erziehung) anwenden, die ihn wirklich beeindruckt. Ich denke, Du als sein Frauchen kannst ihn am besten beurteilen. Meine Hunde bestrafe ich mit einem absoluten "Pfui ist das", schicke sie weg und lasse sie Platz machen.
Ein Schäferhundrüde ist schon ein stattlicher Kerl, der absolut seine Grenzen kennenlernen muss. Auch ist es kein Hund, bei dem man immer mit antiautoritären Erziehungsmaßnahmen sein Ziel erreichen wird. Noch hinzu kommt, dass Dein Rüde langsam erwachsen und selbstbewusster wird und nun anfängt seine Grenzen auszutesten. Unterbinde das von Anfang an! Sonst hast Du später um so mehr Deinen "Spass" ;-((

Es muss ihm ganz klipp und klar gemacht werden, dass er keine Personen anzuknurren hat, wenn es Herrchen und Frauchen nicht erlauben.
Er hat im Prinzip nur das zu tun, was Du ihm erlaubst! Ziehe Deine Erziehung KONSEQUENT durch und Du wirst einen absolut verlässlichen Hund an Deine Seiter haben.

Viel Spass noch mit Deiner Hundemaus.

Grüße
Silke und Rasselbande, zu der ein Rotti-Rüde, eine dominante Hovi-Hündin und eine freche kleine Border-Collie Hündin gehören, auf die ich mich alle verlassen kann, weil sie wissen, was sie dürfen und was nicht.

14. Juni 2002 14:15

liebe silke und vierbeiner

vielen dank für deinen beitrag, hilft mir echt weiter! wie real ist denn die angst, das nach dem knurren das beissen kommen könnte? freunde von mir meinen ich spinne, aber ich will ja lieber nix falsch machen was ich später bereuen würde. rein intuitiv habe ich ihm nämlich schon mit pfui (aber nicht aus vollem herzen) gesagt, dass ich das nicht akzeptiere, war mir aber nicht ganz sicher ob es richtig war.

liebe grüsse auch von meinem knurrwuff, heute hat ers zwar nicht einmal gemacht, der herr scheint sich wohl wirklich mitten in der pubertären macho-phase zu befinden!



14. Juni 2002 15:29

Hi, Bri, da hast Du nun einen etwas komplex zusammengesetzten Fall:
Hier mal eine versuchsweise, probeweise Analyse - mehr tut ein Verhaltenstherapeut für Euch. (Lächerlich? Wegen einem bißchen Knurren? Denken sicher viele - und viele Hunde sitzen dann im Tierheim...oder gar nirgendwo mehr (vorsicht: lang!)
Das Haupt-Abgabealter im TH ist typischerweise 8-18 Monate...warum wohl?

a) acht Monate alter Schäferrüde
Pubertätszeit - stimmt schon, anderseits aber möglicherweise auch eine starke Unsicherheitsphase.
m.E. kommen in dieser Zeit alle Ängste, die in der Sozialisierungsphase nicht austrainiert wurden, in vielfacher Stärke zum Ausbruch.

Wer als Welpe bei der Annäherung vom Fremden nicht völlig cool blieb, versucht es oft nach dem Zahnwechsel, diese für ihn bedrohlich wirkenden Gestalten durch Knurren bzw. Scheinangriffe förmlich 'wegzupusten'.
Auch so kann man versuchen, die erwünschte Distanz herzustellen - nicht nur durch Fortlaufen! Und jetzt probieren die Joungsters die Palette ihrer Möglichkeiten eben nochmals energisch durch

b) etwas Neues
Wie hat er sich den vorher dabei verhalten??

c) an seinen Liegeplatz kommt.
Das Territorialverhalten - das sich meist erst mit 1-2 Jahren ausbildet, aber immerhin...bei Jungtieren steht hinter territorialem Gehabe bei genauerem Hinsehen meist doch nur Unsicherheit...
und der Wunsch, als gestresstes Geschöpf von den Monstern dieser Welt wenigstend nicht bis ins Bett verfolgt zu werden.
Da wir große Hunde mit grooooßen Zähnen instinktiv (vernünftigerweise) für bedrohlich halten, fällt es uns als Mensch m.M. nach oft schwer, so einen 'Angriff' 'cool' hinzunehmen und nur mit coolen Calming Signals zu kommentieren. Starren wir den Hund in solchen Situationen dagegen gestresst oder zurückdrohend an, verschärfen wir die Situation. Auch jedes Stocken unserseits, jede Körperspannung bestätigt ihn entweder in seinen Ängsten oder im Erfolg seiner Maßnahmen - höllische Situation also...

d) Sohn (19) und Tochter (17)
Leben die ständig im gleichen Haushalt? Wie stehen sie zu ihm? Arbeiten sie mit ihm? Bringen sie oft neue Personen mit ins Haus? Bewegen sie sich in Anwesenheit des Hundes temperamentvoller/lauter als ihr?
Fragen über Fragen, die nur eines klären sollen: Wieso sind sie auf der 'schwarzen Liste' und ihr nicht? Was findet er denn so besonders mies?

e) alle Besucher.
Seit wann kennt er 'Fremdenbesuch' und was durfte er bisher Positives von/mit solchen erleben? Aber er hat doch überhaupt nichts Negatives mit denen erlebt, meint nun sicher mancher?
Vergeßt es: negativ genug sind schon seine Empfindungen/Emotionen dabei, ob berechtigte Angst oder 'Albern' entscheidet leider immer noch ganz alleine der, der eben Angst hat! (Beispiel: Flugangst, Spinnenangst...)

f) Auch im Büro knurrt er, sobald meine Kollegen an mein Pult treten.
Siehe oben - seit wann ist er dort mit und was durfte er bisher mit den Kollegen Positives erleben? Insbesondere in den ersten 4 Lebensmonaten!?

g) mich davor fürchte, dass das Knurren zum Schnappen oder Beissen...
Knurren ist eine Warnung: Strenge Deinerseits bekämpft nun nicht die Ursachen, warum er sich veranlasst sieht, vor Annäherung an ihn zu warnen, sondern direkt das Knurren - möchtest Du, dass später mal jemand OHNE Vor-Warnung gebissen wird? Weil der Hund nicht mehr wagt, ihm rechzeitig zu sagen: laß das lieber?

Ehrlich gesagt, war es mir immer lieber, eine Warnung zu hören und mich danach einrichten zu können, als einen Hund zu treffen, der ohne deutliche Warnung 'plötzlich' explodierend um sich schnappt, wenn er es nicht mehr aushält, gezwungenermaßen die Klappe zu halten...
Sicher bestätigt ihn das Annehmen seiner Warnung in seinem Verhalten - aber das ist ja nicht das eigentliche Problem... sondern eben, WARUM er sich veranlasst sieht, solche Warnungen auszusprechen.

h) Der Hund ist gegenüber Menschen sehr ängstlich und unsicher.
Ich befürchte mal, hier liegt 'der Hase im Pfeffer'!!!
Und das wird Probleme geben - eigentlich HAT es schon Probleme gegeben, die eben bisher nicht so deutlich nach einer Lösung verlangt haben...
Könnte man dem Vierbeiner ja förmlich dankbar sein, dass er zumindest jetzt 'um Problemlösung knurrt' ;-)

Wenn man einen großen Hund hat, den man nicht eben mal schützend in das Brusttäschchen verstauen kann, wenn er ein Problem hat, ist es etwas unangenehm, wenn er sich fürchtet. Angstbeißer entstehen rasch!!
Und in manchen Fällen sind sie als solche kaum mehr aus ihrer Körpersprache zu erkennen: lernen sie doch rasch: aggressives Display bringt mir was!

Generell gilt: In einem Konflikt bleiben einem Lebewesen nicht so viele Möglichkeiten. In englisch sind diese so benannt, dass man sie sich besonders gut merken kann: die 4 Fs: Flight, Freeze, Fiddle around= auch Flirt genannt, und eben Fight (oder die Drohung damit).
Was wir hier sehen, ist ein Teil eines sogenannten 'aggressiven Displays, gehört also in die 'Fight-Gruppe'.

Was sonst bleibt dem durch Anwesenheit Fremder an seinem Rückzugsort denn auch von den 4 Konfliktlösungsmöglichkeiten?
Flight? Wohin denn - woanders, weg von Herrchen/Frauchen ist es ja noch stressiger für ihn!
Fiddle abound? Wie denn, Wo denn, Was denn - und muss man sich in der Enge eines Hauses oder an der Leine mit eingeschränkten Körpersprachmöglichkeiten mal trauen...
Freeze? Halten einen ja alle für 'einen braven Hund' und nähern sich weiter...das gibt man denn doch rasch auf!

Bleibt fight!
Oder zumindest die Drohung damit.

Wenn ich nun nahezu ausgewachsen bin und ein großer Hund: das bringt was, bezüglich Distanzvermehrung gegenüber 'Monstern': stocken tun zumindest mal viele von denen - Hurrah: ein Augenblickserfolg: und das ist alles, an dem Hunde interessiert sind.

Was schließt der ängstliche, aber durch 'Mut zeigen' sich aus der Situation heraushelfen wollender Hund daraus, wenn er nun gestraft wird?
(egal, wie!) Die Fremden machen H/F immer so dominant/sauer/aggressiv - die werde ich also lieber rasch wegscheuen, ehe es wieder Ärger gibt.
Seine negativen Emotionen im Zusammenhang mit Fremden bleiben erhalten, verschärfen sich vielleicht noch.
Gut Zureden stattdessen wird von ihm unpraktischerweise als Lob interpretiert werden: verschlimmert das Verhalten also auch noch.



Was tun?
m.E. zuerst mal in allen möglichen und unmöglichen Situationen an der Änstlichkeit gegenüber Fremden arbeiten.
Also käme bei mir von jetzt ab alles Gute dieser Welt nur mehr in Anwesenheit dieser 'Monster' = Spiel, Spaß und insbesondere Futter!
Am bequemsten Trockenfutter, bröckchenweise aus der Hand.
Ball werfen: aber klar - macht Herr Müller! Hund loben, ohne ihn anzuschauen, mit CS: aber klar - macht die hundeerfahrene Frau Meier.
Zuerst füütert vielleicht auch noch ihr - aber eben nur noch, wenn sich Fremde nähern.

Wenn man dies konsequent tut, sogar füttert, trotzdem der Hund schon wieder mal knurrt, nennt man das Desensibilisierung. Das ist durchaus eine erfolgsversprechende Taktik, wenn es einem logisch auch völlig daneben erscheint!
Futtern bewirkt in der Hunde-Gehrinchemie einfach eine andere Emotion als Angst - zwei davon gleichzeitig kann man schwer haben - und so kann ich (m)einen Hund auf eine andere Emotion 'grundprogrammieren': er wird schön allmählich sicherer in der betreffenden Situation.
Selbst CS zu zeigen währenddessen kann die Situation zusätzlich entschärfen, schön, dass ihr sie kennt. Auch ihn loben, wenn er solche anbietet! (So hat er eine Möglichkeit, etwas STATT Knurren zu tun - ist immer leichter, etwas stattdessen zu tun, als nur, einfach etwas zu unterlassen...)

Eine geschütztere Lage seines Liegeplatzes kann ebenfalls verbessern: denkt mal über Möglichkeiten nach. (Oben zu, seitlich versetzen gegenüber 'Drüberbeugern' usw.)
Und eine dauerhafte völlige Entfernung aller dort allenfalls außer dem Ort selbst zu verteidigenden Ressourcen (Spielzeug, Kauknochen usw.)


Wenn man dies Füttern und Beachten schafft, BEVOR der Hund jeweils zu knurren beginnt - um so besser: das nennt man Gegenkonditionierung und damit klappt es noch rascher - allerdings muss man jede einzelne Situation, jede einzelne Person da extra 'austrainieren'.

Im Freien kann man sich weiters helfen, indem man den Hund anderswo als an sich selbst befestigt, fütternd bleibt, solange er seitlich vorbeigehende Leute akzeptiert, selbst ruhig/kommentarlos zu entschreiten beginnt und ihn kurzfristig (solange er Geräusch macht) verlässt, ohne zurückzuschauen: so nach dem Motto - steh Du nur selbst für Deine unfreundlichen Worte ein, die Grossen werden Dir nicht helfen.

Äußerste Vorsicht ist bei einer solchen Therapie geboten, um den Hund nicht zu überfordern, die Distanz und das Benehmen (nicht anschauen den Buben) der Fremden immer in einer Intensität zu halten, die er gerade noch handeln kann.

Kurz gesagt: es ist halt alles so viel mühsamer, als beim Welpen, und gehört deshalb am sichersten in die Hand eines wirklich kompetenten verhaltenstherapeutisch tätigen Tierarztes und macht viel, viel Arbeit: gut, dass es Euch schon in den Anfängen auffällt!

P.S. es gibt Stoffwechselstörungen, die extrem häufig sind und die zur Unsicherheit eines Hundes erheblich beitragen können: der richtige Tierarzt weis darum, kann entsprechende Tests vornehmen und allenfalls bei Bedarf die Ursachen behandeln (die Schilddrüse z.B.)

toitoitoi!

Wiebke

www.hunde-erziehung.at