Hallo Dani,
:Wenn ich im Park Leute treffe, dann reden die von "den Hund auf den Rücken legen und an der Kehle packen, bis er sich nicht mehr rührt, auch wenn es Stunden dauert" oder "Schnauzengriff" oder "Kopf nach unten drücken". Kann ich nur so erreichen, daß mein Hund mich als Rudelführer ansieht?
Damit erreichst Du NICHT, dass Dein Hund Dich als Boss ansieht. Diese Mittel dienen der Bestrafung und sollten nur im äußersten Notfall bei wirklich schweren Vergehen angewandt werden. Dazu ist wichtig, dass Du genau weißt, WIE man dabei vorgeht, denn eine falsch ausgeführte Bestrafung wird vom Hund nicht verstanden, zerstört Euer Vertrauensverhältnis und kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass sich der Hund gegen Dich wendet. A und O bei jeder Strafe: sie muss SOFORT erfolgen, d.h. innerhalb längstens zwei Sekunden. Wo das nicht möglich ist, lass es lieber bleiben! Und Du musst in der Lage sein, SOFORT wieder auf Gleichgültigkeit umzuschalten, also keine Wutattacken!
: Gestern hat mir ein Mann erzählt, daß der Hund nicht für Leckerchen arbeiten soll, sondern weil man der Chef ist.
Da hat der gute Mann etwas mißverstanden. Richtig ist, dass der Hund nicht FÜR Leckerchen arbeiten soll. Um den Unterschied klar zu machen, ein Beispiel: willst Du Deinem Hund das "Sitz" beibringen, so geschieht dies am Anfang mit Leckerli, das Du dem Hund auch zeigst. Das bezeichnet man als "Locken". Hat der Hund verstanden, was das Kommando "Sitz" bedeutet, bleibt das Leckerli allmählich weg. D.h. es wird dem Hund nicht mehr vor bzw. bei dem Kommando gezeigt, sondern bleibt so lange in der Tasche, bis der Hund sitzt. Erst dann wird es hervorgeholt und dem Hund zur Belohnung gegeben, wenn er sich gesetzt hat. Am Anfang beim jungen Hund noch ziemlich schnell, sobald er sich hinsetzt. Später zögert man die Zeitspanne hinaus, denn der Hund soll ja solange sitzen bleiben, bis Du das Kommando wieder aufhebst. (Das Aufheben von Kommandos ist übrigens ein ganz wichtiger Bestandteil der berühmten Konsequenz und wird leider viel zu häufig vernachlässigt!) Der Unterschied besteht also darin, dass sich der Hund nicht mehr hinsetzt, weil er das Leckerli schon sieht, sondern sich wegen des Kommandos setzt, auch wenn er mit Recht dafür im Anschluss ein Leckerli erwarten darf. Später wird diese Belohnung dann nur noch hin und wieder, nach dem Zufallsprinzip gegeben, denn Sinn und Zweck ist ja, dass der Hund sich immer setzt, wenn Du das Kommando gibst und nicht nur, wenn Du auch ein Leckerli dabei hast. Außerdem bewirkt die sog. variable Bestätigung eine Festigung des Kommandos.
Ich will das mal mit dem Berufsleben vergleichen: auch wenn Dir Dein Job vielleicht viel Spass macht, würdest Du auf Dauer wohl kaum für Deinen Chef arbeiten, wenn Du dafür nicht auch bezahlt werden würdest. Die Aussicht auf Deinen Lohn bringt Dich dazu, Deine Arbeit zu erledigen. Aber natürlich drückt Dir Dein Chef nicht für jeden einzelnen Handgriff sofort immer ein paar Euro in die Hand. Ungefähr so musst Du Dir die Arbeit mit dem Hund vorstellen. Und was die variable Bestätigung angeht, so gibt es auch dafür ein Beispiel aus dem Berufsleben: Jobs, bei denen Prämien gezahlt werden, beruhen auf dem Prinzip. Gäbe es immer und regelmäßig eine feste Prämie, hätte man ja keinen Grund, sich besonders anzustrengen. Wird die Prämie dagegen nur für besonders gute Arbeit gezahlt, ist jeder bemüht, es besonders gut zu machen.
Wie man im Hund-Mensch-Rudel der Alpha wird, ist in guten Hundebüchern beschrieben. Im Grunde ist es vor allem eine Frage von Aktion und Reaktion. Soll heißen: von DIR gehen die Aktionen aus, DU bestimmst, wann und wie lange und was gespielt wird, wann Schmusen und Ruhe angesagt ist, wann und wie lange ein Kommando ausgeführt wird, welcher Weg beim Spaziergang eingeschlagen wird, wer auf welchen Plätzen sitzen/schlafen darf usw. Außerdem hast DU die Verfügungsgewalt über die Ressourchen, sprich: Futter und Spielzeug. Und dieses bekommt der Hund NUR, wenn er es sich verdient hat. Leckerli also nur nach einer erfolgreich ausgeführten Übung - zu Anfang der Ausbildung sind das schon winzig kleine Schritte in Richtung auf die spätere Übung, z.B. wenn der Hund nur einen einzigen Schritt an lockerer Leine geht - aber auch seine Futterschüssel sollte sich der Hund verdienen. Also erst z.B. "Sitz" machen, Napf hinstellen, und erst auf das Aufhebungskommando, z.B. "Friss" darf der Hund fressen. Alles dies sind nur kleine Beispiele, die aber eines gemeinsam haben: DU bist diejenige, die bestimmt. Wichtig dabei: Konsequenz!!! Gib immer nur dann ein Kommando, wenn Du sowohl in der Lage als auch willens bist, es durchzusetzen. Wer hundertmal "Hier" ruft und nicht schon nach dem ersten Ruf dafür sorgt, dass der Hund auch kommt, braucht sich nicht wundern, dass er auch zukünftig nur nach eigenem Gutdünken kommen wird. Und wer dem Hund heute erlaubt, im Bett zu schlafen und es morgen verbietet braucht sich nicht wundern, dass der Hund nicht weiß, was er darf und was nicht.
Im Grunde zeichnet einen Alpha vor allem eines aus: Selbstdisziplin! Denn nur wer sich selber so weit im Griff hat, dass er nicht heute hü und morgen hott sagt, je nach Stimmungslage, der kann dem Hund eine klare Linie vorgeben.
Hundeschulen gibt es von sehr unterschiedlicher Qualität. Oft wird da mehr Schaden als Nutzen angerichtet. Es ist daher immer von Vorteil, wenn man sich wenigstens über gute Literatur schon ein theoretischen Grundwissen angeeignet hat um im Zweifelsfall erkennen zu können, ob die Hundeschule nach modernen Gesichtspunkten artgerechter Erziehung arbeitet oder nicht. Gesundes Mißtrauen ist da durchaus angebracht - und auch der Mut, mal den Mund aufzumachen, wenn Methoden angewandt werden, die Blödsinn oder gar tierquälerisch sind.
Viel Spass
Inge + BC