: Wie sieht denn "Mobben" bei Hunden so aus? Kannst du mir das vielleicht mal erklären?
Hallo Nina,
das Mobben äußert sich im Wesentlichen in zwei verschiedenen Situationen. Am häufigsten ist folgendes: mehrere einander bekannte Hunden befinden sich gemeinsam an einem Ort (z.B. Hundewiese...). Es kommt ein neuer, fremder Hund hinzu. Ohne jede "Vorwarnung" stürzt sich die gesamte Meute auf den Neuen, meist mit viel Lärm verbunden startet sie einen Scheinangriff. Wie es jetzt weitergeht, hängt sehr davon ab, wie sich der gemobbte Hund verhält. Reagiert er panisch und rennt weg, beginnt eine Hetzjagd übelster Sorte, die allerdings selten mit einer Beißerei endet sondern vor allem deshalb unangenehm ist, weil sie über große Strecken erfolgen und damit z.B. zu Verkehrsgefährdung führen kann. Zeigt er sich dagegen zwar ängstlich, aber sendet gleichzeitig eindeutige Beschwichtigungssignale, wenden sich die "Angreifer" nach kurzer "Schnüffelkontrolle" wieder ab und i.d.R. wird der Neue dann entweder ignoriert oder er kann beginnen, sich seinen Platz in der Meute zu suchen und darf mitspielen. Ist der Neue ein selbstbewußter, vielleicht gar dominanter Hund, wird er den Angriff mit stoischer Ruhe erwarten und deutlich signalisieren, dass er sich nicht einschüchtern läßt. Dann ziehen die "Angreifer" schnell wieder ab bzw. stoppen und zeigen ihrerseits Beschwichtigungssignale und alles ist Friede, Freude, Eierkuchen *gg*. Ist der Neue ein selbstbewußter Rüde, wird er mit Sicherheit sehr betont markieren um seine Stellung deutlich zu machen. Auch hierbei geht dann alles wieder friedlich ab.
Die unangenehmste Mobbing-Situation ist, wenn der Neue mit Angst reagiert, aber ihm entweder die Fluchtmöglichkeit genommen ist (weil z.B. angeleint) oder er keine Beschwichtigungssignale aussendet (weil z.B. nicht korrekt sozialisiert). Letzteres ist auch oft der Fall, wenn ein Kleinhund oder Welpe in solch einer Situation auf den Arm genommen wird. Hoch über den anderen fühlt er sich "stark" und beginnt zu stänkern, statt zu beschwichtigen. Dann kann es tatsächlich zu einer Beißerei kommen, die vor allem deshalb problematisch ist, weil sie in eine regelrechte Massenkeilerei ausartet, bei sich mehrere Hunde auf den Neuen stürzen. Das kann schon mal unangenehm ausgehen...
Obwohl Hunde vor allem in der Gruppe zum Mobben neigen (da fühlen sie sich stark, denn mobben tun grundsätzlich nur Hunde, die NICHT dominant, also selbstbewußt sind - man kennt das ja auch von einer gewissen Sorte Menschen...), kann Mobbing auch bei der Begegnung von nur zwei Hunden stattfinden. Nach dem Motto: "Angriff ist die beste Verteidigung" startet der Hund einen Scheinangriff auf den anderen. Auch hier hängt der weitere Verlauf vom Verhalten des gemobbten Hundes ab, ist jedoch i.d.R. weniger dramatisch und vor allem von den Besitzern besser unter Kontrolle zu bringen.
Mobbing in "Reinkultur" kann man übrigens sehr häufig bei Welpenspielstunden beobachten: der Neuling, gerade mal 8 Wochen alt, vor wenigen Tagen von Mutter und Geschwistern getrennt und noch unsicher in seinem neuen Umfeld, betritt den ihm völlig fremden Hundeplatz - und wird sofort von den älteren Junghunden, die den Platz und sich untereinander schon gut kennen, sofort überfallen. Wenn dies auf dem Hundeplatz mit schöner Regelmäßigkeit bei jedem neuen Welpen so abläuft und die Ausbilder dazu dann das berühmte "Da muss er durch" von sich geben, dann gibt es nur eines: seinen Hund packen und die Hundeschule wechseln!!! So mancher Hund, der im Bemühen auf gute Sozialisierung zur Welpenstunde gebracht wurde, ist durch die Mobbingerfahrung in selbiger erst zum unverträglichen Angstbeißer geworden!!! Mobben muss vom ersten Tag an unterbunden werden - wo Ausbilder darauf nicht achten, haben sie ihren Job verfehlt! Ich rate jedem Welpenbesitzer, in solchen Situationen dem Halter des mobbenden Hundes zu sagen, dass sein Welpe nicht der Punchingball des Angreifers ist!
Trotz aller Bemühungen wird es immer wieder mal vorkommen, dass der eigene Hund entweder zur mobbenden Sorte gehört oder zur gemobbten. Man sollte dann nicht überreagieren und zum Anlass für Streit unter Hundehaltern nehmen. Ruhe bewahren, bei Begegnungen mit fremden Hunden erst mal gegenseitig abchecken, ob Kontakt erwünscht ist und auf welche Art, dann hat man meistens schon gewonnen. Wenn Hundehalter in Mobbing-Situationen hektisch herumbrüllen, verschlimmern sie alles nur. Aber nur desinteressiert daneben stehen ist auch nicht gerade der höfliche Weg. So verhalten sich vor allem diejenigen, deren Hund aufgrund von Größe eh nicht gefährdet ist. Für den Halter eines mobbenden 50 kg Rottweilers sagt es sich leicht, dass der gemobbte 8 kg Yorkie da gefälligst "durch muss"...
Wie gesagt: Mobben ist - leider - eine normale Verhaltensform bei Hunden. Das heißt aber noch lange nicht, dass wir sie dulden dürfen!
Tschüss
Inge (deren Althündin Bonnie auch mal ganz gerne mobbt, wenn Frauchen es doch nur zulassen würde...)