Hallo Christin,
auch wenn es auf die Rasse nur bedingt ankommt: wir haben aktuell selbst drei Ridgebacks.
Du durchlebst die nicht untypischen Nöte eines Ersthundehalters mit einem Welpen, der eben nicht als Kuscheltier auf die Welt kommt. (liebe Welpeninteressenten: auf alten Gäulen lernt man das Reiten...)
Unsere Hündin wurde als Notfall im Alter von vier Monaten aufgenommen. Sie bekam schnell den Beinamen "Alien", weil sie sich (nachdem sie ihre unglaubliche Angst vor mir abgelegt hatte) in dieser Manier durch die Räume schlängelte und in allen Phasen, in denen sie nicht gerade am Schlafen war, als "kleines Monster", das heisst absolut temperamentvoll, kratzend, beissend und zu permanenten Kämpfen aufgelegt, durch die Gegend tobte. Eben so lange, bis sie so k.o. war, dass sie eine Runde schlafen mußte. Danach ging es von vorne los.
Vergiss bitte mal schnell die Behauptung, die Hündin sei grundsätzlich "dominant". Oder frage zumindest genau nach, was das denn sein soll und worin sich dieser Begriff ausfüllt. Mit "Dominanz" ist man schnell bei der Hand, aber meist ersetzt diese Worthülse jede weitere Argumentation und bleibt ohne inhaltliche Ausfüllung. Hunde zeigen bisweilen situativ und zweckbestimmt dominantes Verhalten. Das heisst aber nicht, dass sie in ihrem Wesen deshalb dominant sind.
Dass Dir Hundeschulen nicht wirklich weitergeholfen haben, muss Dich nicht verwundern, das ist nämlich nicht gerade selten der Fall. Hilfe wird Dir nur dort zuteil werden, wo sich jemand mit Geduld und hinreichend Zeit um Deine Sorgen kümmert, d. h. Dich und Deinen Hund begleitet. Wenn das nicht jemand aus Interesse und Hilfsbereitschaft heraus tut, dann wird das leider teuer...
Zum Verzweifeln ist jedoch kein Anlass. Deine Hündin ist noch sehr sehr jung und hat ein langes Hundeleben vor sich. Zeit zum Lernen ist immer und damit auch die Möglichkeit für Verhaltensänderungen.
Sofern Schnauzgriffe, Alphawürde etc. nicht das gewünschte Ergebnis zeigen bedeutet das schlichtweg, dass der Hund es nicht ernst nimmt, sondern als Aufforderung zum Kräftemessen betrachtet. Dass Du Dich auf ein solches Kräftemessen einläßt, zeigt jedoch auch auf, dass Du Deine Position als Souverän bereits aufgeben mußtest. Ich kenne die Momente zur Genüge, in denen ein Hund von Schnauzgriff und Alpha-Wurf völlig unbeeindruckt ist und beides die Auseinandersetzung noch weiter anheizt. Wir sind keine Hunde und unsere Versuche, den Schnauzgriff und den Alphawurf zu imitieren, enden dann meist in einem untauglichen Gewürge und nicht in klarem, knappen und präzisen Unterbinden unerwünschten Tuns.
Wichtig ist: Der Hund erzielt künftig keine Erfolg durch seine Handlungen. Du musst bereit sein, derartige Anwandlungen auszusitzen und zu ignorieren. Der Hund darf nicht in seinem Tun dadurch bestärkt werden, dass Du ihm dann Aufmerksamkeit schenkst oder Dich gar auf Rangeleien einläßt. Es sei denn, du bist GARANTIERT in der Lage, das Tun des Hundes zu stoppen.
Sofern Du das tust, muß gewährleistet sein, dass Du absolut und ohne Zweifel das Geschehen beendest. Das mußt Du selbst beobachten, ob dies der Fall ist. Deine bisherigen Schlderunge sprechen dagegen und ich vermute, dass Du aufgrund Deiner mangelnden Erfahrung auch nicht erfolgreich durch körperliche Einwirkung sein wirst Ich habe mit meiner Hündin zwar auch ab und an herumgebalgt. Allerdings habe ich entschieden, wann dies der Fall ist und auch, wann es beendet wird. Bisweilen sind diese Spiele an einen Punkt gekommen, an dem sie umzukippen drohten, der Hund sich also zunehmend offen aggressiv verhielt. In diesem Moment gab es je nach Situation zwei Verhaltensmöglichkeiten. "Einfrieren", d. h. jede Aktion endet sofort. Ganz gleich, was der Hund noch versucht. Oder aber, und das ist mit Vorsicht zu geniessen, ich habe der Hündin meinerseits ins Ohr bzw. in die Schnauze gebissen und entsprechend drohend genurrt. Das ist nicht jedermanns Sache, weil das nicht sachte und sanft geht. Im Zweifel lass lieber die Finger von solchen Herangehensweisen.
Im Gegensatz zu einer der anderen Antworten sehe ich die Schilderung der Situation mit dem Liegeplatz Deiner Hündin in keiner Weise als Spielaufforderung. Die Hündin beansprucht "ihren" Liegeplatz und möchte diese Ressource gegen die Inanspruchnahme durch Dich verteidigen. (Das ist eigentlich ein schönes Beispiel für dominates Verhalten; die Hündin versucht den Geschehensablauf zu bestimmen und die Inanspruchnahme der Ressource "Liegeplatz" zu regeln) Sie sollte mit dieser Strategie keinen Erfolg haben. Das bedeutet, Du bleibst trotz dem Theater dort sitzen. Und stehst erst dann auf, wenn sie still ist und irgendetwas anderes tut.
Auch wenn etliche Ridgeback-Halter aufschreien werden, weil ja heute jeder Hund als "idealer Schmuse-Familenhund" verkauft wird: Ridgebacks sind keine Labradore oder Retriever. Sie haben ein gewaltiges körperliches Potential und können durchaus nachhaltig aggressives Verhalten zeigen. Du solltest dem nicht freien Lauf lassen, sondern tatsächlich bereits von Anfang an entgegensteuern. Sonst kann es Dir passieren, dass Deine Hündin ausgewachsen und mit über 20 Kilo mehr als huete von der Umwelt nicht mehr als "süß" und "niedlich" in ihrem Toben empfunden wird...
Leider bin ich derzeit im Grunde zeitlich völlig blockiert und in meinen Hilfsmöglichkeiten eingeschränkt. Du kannst mich dennoch gerne privat anmailen, ich kann aber leider nicht garantieren, dass ich jeweils sofort antworte. Was alles geht und vor allem, was man alles lieber sein läßt, ist hier nicht in Kürze darstellbar. Nur eines erscheint mir angezeigt: alles zu unterlassen, was Aufregung und Stress weiter anheizen, und das können eben eine ganze Reihe unserer Versuche sein, auf den Hund verbal und körperlich einzuwirken.
Viele Grüße,
andreas