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Hundeerziehung + Soziales

Die Anforderungen an einen alltagstauglichen, gut erzogenen Hund waren noch nie so hoch wie heute. Dadurch ist auch das Angebot an Erziehungsmethoden und –hilfsmittel immer mehr gewachsen, nicht immer steht wirkliches Fachwissen dahinter. Hier findest Du Tipps und Ratschläge, die richtige Hundeschule oder den richtigen Hundeverein zu finden, kannst Dich über Trainingsmethoden und –probleme austauschen.  
Schnappen unterm Tisch hervor
31. Dezember 2002 11:41


: das mag ja in Eurem Fall so sein. Es kann aber auch sein, daß der Hund immer unter den Tisch geht, weil er sich nur dort sicher fühlt. Meine sehr unsichere Hündin verhält sich genau so - entweder liegt sie zwischen meinen Beinen, und wenn das nicht geht eben unter dem Tisch. Nur an diesen beiden Orten ist für sie "Sicherheit". Sie ist der unterwürfigste Hund, den ich kenne.

Hallo,
es würde mich in dem Zusammenhang mal interessieren, ob Deine unterwürfige Hündin dann auch nach Leuten schnappt, wenn sie ihr unter dem Tisch zu nahe kommen (mit Fuß oder so). Meine Hündin ist nämlich eigentlich auch sehr unterwürfig und unsicher. Sie hatte schon 2 Vorbesitzer, als sie im Alter von 14 Wochen (!) zu uns kam. Von daher war sie recht unsicher und ängstlich, weil sie wohl schon ziemlich viel Prügel gekriegt hat. Wir haben dann den Fehler gemacht, daß wir sie durch die Privilegien trösten und in ihrem Selbstbewußtsein stärken wollten, weil wir ja auch dachten, daß sie das braucht und ihr das gut tut, was dann eindeutig falsch war. Jetzt mache ich viel mit positiver Bestärkung und habe gemerkt, daß positive Kontakte zu anderen Hunden ihr unheimlich viel Selbstvertrauen gegeben haben. Allerdings merke ich, daß sie manchmal so gewitzt ist, uns mit ihrer Unsicherheit manipulieren zu wollen, um sich doch irgendwelche Privilegien zu erschleichen. Nach dem Motto: "Wenn ich nicht auf Deinen Schoß darf, mit meinen 30 kg, dann bin ich einfach viel zu unsicher!"
Wenn ich dann ihre Unsicherheit total ignoriere, merke ich oft, daß ihr das völlig den Wind aus den Segeln nimmt und sie sofort umschwenkt, wofür sie dann natürlich gründlich gelobt wird.

Woran erkennst Du nun, ob Deine Hündin das wirklich braucht, oder ob sie sich nicht auch ihre Privilegien nur erschleicht?
Also, ich unterstelle nicht, das es so ist, aber ich glaube daß da eine sehr schmale Gradwanderung ist, deren Grenzen ich nicht eindeutig erkenne.

Viele Grüße und guten Rutsch!
Simone u. Laika

31. Dezember 2002 12:10

Hi,

: es würde mich in dem Zusammenhang mal interessieren, ob Deine unterwürfige Hündin dann auch nach Leuten schnappt, wenn sie ihr unter dem Tisch zu nahe kommen (mit Fuß oder so).

Nein, tut sie nicht. Sie meldet schon vorher, daß sie sich jetzt sehr unsicher fühlt mit Brummen - allerdings macht sie das nur, wenn sie jemand Fremdes anzufassen versucht oder mein Vater sich über sie beugt und sie eben Angst bekommt. Zugeschnappt hat sie noch nie. Außerdem haben wir halt jahrelang an dieser Angst und Unsicherheit gearbeitet - mittlerweile kommt sowas so gut wie nicht mehr vor. Wichtig ist dabei, dem Hund Selbstvertrauen zu geben, ohne ihm Rangprivilegien einzuräumen. Zum Beispiel kann man ihn schon mal im Spiel gewinnen lassen und dann das Triumphtragen (meine ist ein Golden, trägt sehr gerne) heftig loben - oder nicht jedes Kommando mit Druck durchzusetzen versuchen, sondern komplett auf positive Bestärkung umsteigen. NICHT aber das Absetzen vor dem Fressen aufgeben, nicht die Alltagsrituale aufgeben usw... wenn Dein Hund versucht, sich wie ein ranghohes Tier zu benehmen (Dich vom Liegeplatz wegknurrt, Futter nicht abgibt und sowas), dann ist sie nur aus Lernerfahrungen heraus unsicher gewesen und packt jetzt, in einer weniger bedrohlichen Umgebung, ihr genetisch festgelegten Wesensanteil wieder aus. Das hat man oft bei Secondhand-Hunden; sie ändern ihr Verhalten oft nach ca. einem halben Jahr im neuen Heim nochmal komplett, der "wahre" Charakter kommt zum Vorschein. Dagegen ist meine Hündin immer schon so unsicher gewesen (habe sie seit der 10. Woche), sie ist ein typisches Beispiel für einen überzüchteten Golden. Insofern kann man bei ihr gar nicht lieb genug sein und zuwenig Druck machen oder zuwenig auf Rangordnungen achten. Ein wirklich von Natur aus unsicherer Hund wird gar nicht erst versuchen, höhere Rudelpositionen einzunehmen.
Sicher versucht sie manchmal, was zu bekommen (fordert mich zum Spielen auf, bettelt) - aber das sind alles Dinge, die man sofort mit einem einfach "Laß das" abstellen kann; insofern stellt der Hund damit nicht meine Überlegenheit in Frage.

:Meine Hündin ist nämlich eigentlich auch sehr unterwürfig und unsicher. Sie hatte schon 2 Vorbesitzer, als sie im Alter von 14 Wochen (!) zu uns kam.
Kein Wunder, die schlechten Erfahrungen lagen mitten in der Prägephase. Daß die Folgen gravierend sind, ist nicht verwunderlich. Prägeerfahrungen sind teils wirklich irreversibel.

: Wir haben dann den Fehler gemacht, daß wir sie durch die Privilegien trösten und in ihrem Selbstbewußtsein stärken wollten, weil wir ja auch dachten, daß sie das braucht und ihr das gut tut, was dann eindeutig falsch war.

Da fehlt eine Unterscheidung: Dem Hund Privilegien einzuräumen ist eigentlich immer falsch. Ihn in seiner Rangposition zu verunsichern macht einen unsicheren Hund noch unsicherer (er weiß nicht mehr, was los ist - feste Regeln geben ihm Sicherheit, geben ihm Routine), einen selbstbewußten Hund verführt es zum Dominieren. Einen selbstbewußten Hund muß man unter Umständen aktiv dominieren, also vor dem Fressen sitzen lassen, Anstarren-Weggucken üben usw. Einen unsicheren Hund muß man nicht so behandeln - er ordnet sich quasi von selbst unter, wenn wir uns nur ruhig und souverän benehmen. Wenn wir mal auf seine Spielaufforderung eingehen, ist das nur gut für ihn. Bei einem sehr selbstbewußten Hund würde ich das vielleicht eher nicht tun. Was der eine Hund als Aufforderung zum Chefwerden versteht ist für den anderen nur eine gute Gelegenheit, ein bißchen selbstbewußter zu werden (und damit sicherer).
Dagegen ist es bei einem ängstlichen Hund nie verkehrt, sein Ego zu stärken, es systematisch aufzubauen. Das macht man NICHT indem man ihn wie einen Rudelchef handeln läßt, sondern in erster Linie, indem man ihn oft heftig lobt, ihn Aufgaben erfüllen läßt und das begeistert bestätigt (Sachen tragen, z.B.), überhaupt viel arbeitet (ohne jeden Druck!!).

:
: Woran erkennst Du nun, ob Deine Hündin das wirklich braucht, oder ob sie sich nicht auch ihre Privilegien nur erschleicht?
Ob der Hund wirklich unsicher ist, sieht man an ihrem Körper (Ohren, Rute, Gesamthaltung). Hunde können Unsicherheit nicht "vorspielen", sie lügen nicht. Daß sie nicht Rangüber ist (das meinst Du mit "Privilegien erschleichen", oder?) kann man leicht sehen, da sie alles sofort und immer ausgibt, sich ohne jeden Widerstand ihr Futter aus der Schnauze holen läßt (obwohl sie sehr verfressen ist), sofort alles räumt, wenn man sie nur anguckt usw. Ein Hund, der sich so verhält, ist nicht ranghoch.

: Also, ich unterstelle nicht, das es so ist, aber ich glaube daß da eine sehr schmale Gradwanderung ist, deren Grenzen ich nicht eindeutig erkenne.

Gratwanderung ist das nur bei Hunden, die "eigentlich", unten drunter in ihrem Wesen doch gerne Rudelchef wären. Bei meinem Hund eher nicht, da sie in ihrer unteren Position heilfroh ist, nicht den Boß machen zu müssen.

: Viele Grüße und guten Rutsch!
Dito

josh und Leika (:-))



31. Dezember 2002 13:05


: josh und Leika (:-))

Witzig, meine Laika ist ebenfalls ein Golden, allerdings ein Mix mit Collie und Münsterländer. :-))

Erstmal Danke, für die informative Auskunft.
Mit Privilegien meinte ich z.B. auch das Liegen unter dem Tisch, was ja von unserer Hündin wohl so aufgefasst wurde. Und natürlich auch das selbsständige "Kontaktliegen", sich rankuscheln ohne Aufforderung, selbsständig zum Spiel auffordern, usw...
Demnach ist unsere Hündin eigentlich ein dominates Tier, das durch die negative Vorprägung eben nur stark verunsichert wurde.
Andererseits spürt man, daß sie durch unser souveränes Handeln, indem wir ihr die Chefposition natürlich nicht überlassen, sehr viel Sicherheit und Geborgenheit empfindet.

Ganz schön spannend, unsre wuffies!
LG
Simone u. Laika

31. Dezember 2002 16:35

:
: Erstmal Danke, für die informative Auskunft.
: Mit Privilegien meinte ich z.B. auch das Liegen unter dem Tisch, was ja von unserer Hündin wohl so aufgefasst wurde. Und natürlich auch das selbsständige "Kontaktliegen", sich rankuscheln ohne Aufforderung, selbsständig zum Spiel auffordern, usw...

Naja, ob das alles schon "dominant" ist, weiß ich nicht. Kommt immer auf den Hund an. Ist es eher ein unsicherer Hund, so sucht er vor allem mit selbständigem Kontaktliegen, Spielaufforderung usw. Sicherheit - es ist kein Machtkampf, jedenfalls nicht, solange wir Menschen es nicht als solchen behandeln. Für einen anderen Hund, der gerne Chef wäre, kann es aber ein Weg sein, ohne große Schwierigkeiten Alpha zu werden. Wie gesagt, Hund ist nicht gleich Hund, "Privileg" ist nicht gleich Privileg. Der eine sucht nur Sicherheit (und will Dich mit seinem Rankuscheln nicht "dominieren", der andere will mit genau dem gleichen Verhalten durchaus auch sagen "Ich bestimme, was wir jetzt machen"winking smiley. Dementsprechend würde ich so ein Verhalten auch nur bei einem sehr selbstsicheren Hund konsequent ignorieren, beim unsicheren sogar eher noch positiv verstärken.

Liebe Grüße
josh

01. Januar 2003 19:31

Dementsprechend würde ich so ein Verhalten auch nur bei einem sehr selbstsicheren Hund konsequent ignorieren, beim unsicheren sogar eher noch positiv verstärken.
:
Ja, genau das finde ich ja so schwer genau festzulegen, bzw. einzustufen. Da ich mit Hunden aufgewachsen bin, kann ich natürlich einiges einordnen, ich merke aber daß mir doch in einigen Punkten ganz erheblich das Fachwissen fehlt. Diese Lücken versuche ich allerdings gerade auch zu füllen. Fakt ist, daß ich es als schwieriger empfinde einen Hund mit negativer Vorprägung zu halten, als einen, den ich selber prägen kann.
Was so Sachen wie das Kontaktliegen angeht, finde ich es ebenfalls als sehr hart, den Hund jedesmal wieder wegzuschicken. Also bin ich mit unserer Hündin dazu übergegangen, daß sie bestimmte Signale senden darf. Z.B. Vor mir erstmal absitzen, dann entscheide ich, ob sie jetzt Kontaktliegen darf oder nicht, wenn ich sie dann wegschicke, rufe ich sie aber innerhalb der nächsten 10 Min. zum rankuscheln auf.
Beim Spielen ist das allerdings schon schwieriger, weil sie da ganz schön penetrant nerven kann. Ich habe aber andererseits festgestellt, dß sie sich nicht mehr traut mit mir zu spielen, wenn ich ihre Spielaufforderung immer konsequent ignoriere. Demnach scheint sie das konsequente Ignorieren also auch zu verunsichern. Oder liege ich da falsch?
Ja, also das sind so Punkte, die ich schwer finde durchzublicken. Fest steht, daß ihr eine feste Struktur Sicherheit gibt, wie Du ja auch schon sagst. Fest heißt aber anscheinend nicht gnadenlos stur. Oder???

Viele Neujahrsgrüße
Simone

03. Januar 2003 11:30

: Hallo Josh,

vielen Dank für deine Antwort. Ich habe gerade deinen Dialog mit Simone gelesen, sehr interessant. Ich versuche bei meinem 2nd-hand Hund auch herauszufinden, ob es eher dominantes oder ängstliches Verhalten ist. Ich finde manchmal schwierig (als Laie) festzustellen, was es denn nun ist. Bei meinem denke ich eher,dass es ängstliches Verhalten ist. Ich finde die Idee mit dem Clicker ganz gut, da wir sowieso clickern. Das werde ich also versuchen.

Liebe Grüße und ein frohes neues Jahr
Marion