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Rüde mit Verhaltensproblemen

geschrieben von Ines und Otto(YCH) 
Rüde mit Verhaltensproblemen
19. November 1999 10:30

Unser 3-jähriger Münsterländer- Collie- Mix Otto ist ein Hund "mit zwei Gesichtern".
Im Haus ist Otto der liebste und gehorsamste Hund, man könnte ihn ständig knuddeln.
Kaum ist man im Garten, muss man ihn ständig im Auge behalten. Eben spielen wir noch schön zusammen fangen oder tauziehen, im nächsten Moment rast er wie ein geölter Blitz vorbei und springt über die 1,30 m hohe Gartenmauer. Rufe ignoriert er.
Dann dreht er erst mal gemütlich eine Dorfrunde und kommt auch irgendwann zurück. Dabei ist es unerheblich, ob eine der zahlreichen Hündinnen in der Nähe läufig ist oder nicht. Ottos Papa ist ein dorfbekannter Streuner, der manchmal tagelang wegblieb.
Sind wir auf dem Hof und ein Hund kommt vorbei, springt Otto über die Mauer und schnüffelt ihn an. Die Besitzer erschrecken sich und ziehen ihre Hunde schnell weiter, dann bellt Otto sie an.
Wir gehen morgens eine gute Stunde Gassi. Dabei kommt es immer wieder vor, dass Otto über die Felder sprintet und ich ihn aus dem Blickfeld verliere. Er taucht dann 5 Minuten später wieder auf. Aber in diesen 5 Minuten sterbe ich den Heldentod, mein Hund könnte auf Spaziergänger treffen und sie anbellen. Ab ca. 8 m Abstand ignoriert er alle Kommandos.
Rüden gegenüber ist er agressiv, besonders den Größeren. Er hat aber auch Kumpel, einen kleinen Mischling und einen alten Collie. Hundedamen mag er alle, aber die wollen immer nur spielen und Otto will schnüffeln.
Sind Hündinnen läufig, macht Otto ein paar Tage Diät und muss noch strenger bewacht werden. Er "singt" dann sogar, was sonst nicht sein Ding ist.
Ich denke auch über eine Kastration nach, dann würde sich doch sicher wenigstens das Streunen bessern.

Otto ist mein erster Hund und ich hänge sehr an ihm. Hundeschulen und Übungsplätze gibt es in unserer Nähe nicht. Ich bin also auf mich allein gestellt und will unbedingt etwas ändern.
Ich bin dankbar für jeden Rat!





19. November 1999 11:49

Hallo Ines,

ich glaube nicht, daß es Dir oder dem Rüden etwas bringt Otto kastrieren zu lassen.

Das Streunen liegt nicht nur am Geschlechtstrieb, wie Du ja selbst sagst, ist es völlig unerheblich, ob eine Hündin läufig ist oder nicht...

Ich denke, Du solltest nochmal das komplette Erziehungsprogramm konsequent von vorne abspulen, und solange der Hund sich nicht zuverlässig abrufen läßt, darf er nicht mehr von der Leine.

Es scheint, daß er überhaupt nicht im Gehorsam steht, denn ansonsten würde er sich nicht in Deinem Beisein abseilen.

: Wir gehen morgens eine gute Stunde Gassi. Dabei kommt es immer wieder vor, dass Otto über die Felder sprintet und ich ihn aus dem Blickfeld verliere. Er taucht dann 5 Minuten später wieder auf. Aber in diesen 5 Minuten sterbe ich den Heldentod, mein Hund könnte auf Spaziergänger treffen und sie anbellen.
Das Anbellen von Passanten ist meiner Meinung nach nicht das schlimmst, aber was ist, wenn er mal einer Katze hinterherhetzt (und diese hoffentlich nicht erwischt), dabei auf die Straße kommt und er in ein Auto läuft. Nicht nur, daß Du krassen Ärger bekommen wirst (ein unangeleinten Hund, der nicht im Gehorsam steht, verstößt gegen die StVO) wenn er einen Unfall verursacht - Dein Hund könnte auch erheblich verletzt werden.

Ich kann Dir nur professionelle Hilfe empfehlen und wenn das nicht möglich ist, dann kaufe Dir das Buch "Was tu ich nur mit diesem Hund" von Eric H.W. Aldington aus dem Gollwitzer-Verlag in Weiden und fange mit ihm ganz von Vorne an....denn so sollte es auf keinen Fall weiter gehen - schon zur Sicherheit Deines Hundes....

Sicher wissen auch die anderen Forumsteilnehmer noch eine ganze Menge beizusteuern und können Dir vielleicht noch bessere Literatur empfehlen... aber unternehmen solltest Du auf alle Fälle etwas.

Liebe Grüße,
Me, der Thai-Bär und die 8 Pelze

19. November 1999 12:07

Wie Me bin ich auch der Meinung, dass eine Kastration nicht (zwingend) etwas bringt. Unser Rüde (inzwischen leider gestorben) wurde bereits in jungen Jahren kastriert, trotzdem blieb er sein Leben lang ein "Streuner". Zwar war er absolut zuverlässig, wenn wir mit ihm unterwegs waren, da er aber tagsüber mit meinen Eltern im Hotel war, gelang es ihm immer wieder, zwischen ein paar Gästebeinen Hotel oder Garten zu verlassen...Manche Gäste nahmen ihn auch absichtlich mit und liessen "den so gut erzogenen lieben Hund" trotz all unserer Warnungen jeweils von der Leine..so manches (vor allem andere Hunde) war interessanter als Leute, die er kaum kannte. Zum Glück war es bei uns "kein grosses Problem", weil er absolut menschen-, hunde-, katzen-, wild-, kleintiere- und autoverträglich war und "stadtbekannt".
Ich denke, den Hang zum Streunen kannst Du Deinem Otto kaum abgewöhnen. Aber Du kannst ihn so weit bringen, dass er Deine Befehle befolgt (vielleicht findest Du in Büchern oder im Forum eine Erziehungsmethode, die Dir und dem Hund zu sagen). Dazu ist aber auch wichtig zu wissen, bei welchen Gelegenheiten er entwischt und was er denn genau macht, auf seinen Touren: jagt er? sucht er andere Hunde? geht es um die Bewegung?
Versuche auf jeden Fall, die Fluchtmöglichkeiten des Hundes zu verhindern, damit er sich nicht in Gefahr bringt.

Viele Grüsse auch an Otto (dem wie allen Streunern trotz allem meine Sympathie gehört - ein Satz für den mich manche "lieben" werden, ich weiss)

Luna

19. November 1999 20:43

Halloechen,

vielleicht ist deinem Otto auch langweilig und dann sucht er sich selber seine Beschaeftigungen :-(
Das du mit der Erziehung nochmal von vorne anfangen sollst ist dir ja schon geschrieben worden ausserdem wuerde ich (ist nur ein Vorschlag) viel mit ihm machen.
Wenn er Baelle mag spiele mit ihm unterwegs jeder Spaziergang muss fuer ihn von DIR interessant gestaltet werden damit er garnicht auf die Idee kommt ausbuechsen zu gehen.
Du hast geschrieben er kommt frueh eine Std. raus zum Spazieren gehen, ist das alles???? Wenn ja, wuerde ich mindestens Nachmittags ebenfalls eine Std. mit ihm Spazieren gehen evtl. sogar noch laenger.
Sollte er wirklich nur eine Std. bekommen, dann kann ich mir gut vorstellen dass er einfach unterfordert ist.

Liebe Gruesse
Bine

22. November 1999 08:45


:
: Wenn er Baelle mag spiele mit ihm unterwegs jeder Spaziergang muss fuer ihn von DIR interessant gestaltet werden damit er garnicht auf die Idee kommt ausbuechsen zu gehen.
: Du hast geschrieben er kommt frueh eine Std. raus zum Spazieren gehen, ist das alles???? Wenn ja, wuerde ich mindestens Nachmittags ebenfalls eine Std. mit ihm Spazieren gehen evtl. sogar noch laenger.
: Sollte er wirklich nur eine Std. bekommen, dann kann ich mir gut vorstellen dass er einfach unterfordert ist.
:
Hallo Bine,
Danke für den Tip, aber: Otto interessieren beim Gassi gehen nur Düfte und Spuren. Er bekommt die Nase nicht mehr hoch und zerrt mich zu jeder Fährte. Wie beschäftigt man einen Hund, der beim Freilauf noch nicht mal sein Lieblingsspielzeug (Fußball, Spieltau) anguckt? Keine Stöckchen, nichts ist interessant. Nur immer schnüffeln. Es ist sehr schwer, seine Aufmerksamkeit zu erregen.
Zu hause spielt er schon gern.

Und zum Gassi gehen: Wir gehen früh spazieren, tagsüber ist er viel auf dem Hof und bewacht das Grundstück und abends drehen wir noch mal eine Dorfrunde.

Vielen Dank für Deine Meldung

23. November 1999 13:18

Hallo

: Unser 3-jähriger Münsterländer- Collie- Mix Otto ist ein Hund
: "mit zwei Gesichtern".

Ich denke nicht, daß Dein Hund ein Verhaltensproblem hat. Ich glaube,
es sind neben den Erziehungsproblemen viel wahrscheinlicher auch
Bindungsprobleme im Hinblick auf das hundliche Verständnis der sozialen
Zusammengehörigkeit.
BTW: Das ist häufig bei Hunden, die den ganzen Tag im Zwinger verbringen
oder auch ständig alleine im Garten verweilen. Der Glaube, daß man einem
Hund einen Gefallen damit tut, wenn er tagsüber im Garten ist, ist ein
beliebter Irrtum.

: Ich denke auch über eine Kastration nach, dann würde sich doch
: sicher wenigstens das Streunen bessern.

Nein! Die Rüdenkastration beeinflußt NUR Testosteron-Abhängige
Verhaltensweisen, sonst ändert sich nichts.

: Otto ist mein erster Hund und ich hänge sehr an ihm. Hundeschulen
: und Übungsplätze gibt es in unserer Nähe nicht. Ich bin also auf
: mich allein gestellt und will unbedingt etwas ändern.

Das ist dann natürlich sehr schwer. Literatur ohne fachmännischen
Beistand läßt imho viel zu viel Freiraum für Fehlinterpretationen
und falsche Rückschlüsse, die mitunter die Situation auch verschlimmern
können. Gleichermaßen ist Literatur abzulehnen, die alle Probleme
*allein* über den Hund zu lösen versucht.

Die Ursachen für Probleme sind annähernd zu 100% immmer beidseitig
zu finden, also sowohl beim Hund als aber auch (viel mehr) beim
Hundehalter.

Ganz sicher ist Aldington lesenswert, in einigen Betrachtungen auch
empfehlenswert, aber wie so oft bei alten Schriften haben sich die
Zeiten geändert. Ich würde "Was tue ich mit diesem Hund" nicht als
Non-Plus-Ultra und Lösungs-Garantie für alle Probleme sehen. Es
beschreibt ganz nett einen Weg um Dominanzen des Hundes zu beenden
bzw. das Übergeordnetsein / Untergeordnetsein - Verhältnis wieder zu
Gunsten des Menschen auszurichten. Es läßt aber das Verständis des
Lehrens und des Lernens vollkommen außer acht, die Verstärkung operanten
Verhaltens wird nicht berücksichtigt, die Grundlagen der Kommunikaton
ist viel zu gering betrachtet. Lediglich "Zeig ihm wer der Boß ist" ist
eben nur die halbe Miete; selbst dann, wenn E.W.A. es schön langsam
angeht.

Imho ist aber nicht nur der Hund zu schulen, sondern immer auch der
Mensch.

: Ich bin dankbar für jeden Rat!

Der einzige Rat den ich geben kann, ist, versuche (auch im weiteren Umkreis)
einen Hundplatz zu finden, die Deine Ausbildung vornehmen und Dir bei der
Ausbildung Deines Hundes helfen. Vermeide alle Plätze, in denen mit
Kasernenton rumgebrüllt wird, mit Leinenruckerei am Hund gearbeitet
wird, wo Elektrogeräte eingesetzt werden und wo die Hunde mit gesenkten
Kopf, hängender Rute, lustlos hinter/neben ihrem Menschen herschleichen.

Ein guter Ausbilder wird Dir immer gerne zeigen, daß sein Hund draußen
genauso freudig folgsam ist, wie auf dem Übungsplatz, daß sein Hund
ständig auf alle seine Signale achtet, sich sehr gut bei Kontakt mit
anderen Hunden verhält usw, usw.
Wenn Hund allerdings nur auf dem Übungsplatz "funktioniert"....say good bye.

Was anderes kann ich Dir leider nicht raten......

....trotzdem viel Glück
Thomas