Hallo Elke,
das Problem bei der Polizei ist folgendes: Die Staatskassen sind leer, bei allem muß gespart werden, auch beim Ankauf von Diensthunden. Geeignete Hunde gibt es genügend, nur sind die so teuer, daß die Diensthundeschulen ihr Jahresbudget Ostern schon ausgeschöpft hätten, würden sie diese kaufen. Die Anforderungen an einen Diensthund sind aber vom gesundheitlichen Aspekt und von seinen Triebveranlagung und mentalen Belastbarkeit her sehr hoch. Folglich kaufen sie halt oft auch "verkorkste" Hunde an, bei denen der Vorbesitzer meistens einige Sünden in der Ausbildung und auch Sozialisierung begangen hat. Da muß dann einiges ausgebügelt werden, und daß solche mental starken Hunde dabei auch mal "zur Sache gehen", sprich ernsthaft gegen den Hundeführer, ist gar nicht so selten. Die müssen aber nun mal lernen, daß sie nicht der Chef sind, schließlich müssen diese Hunde später im Einsatz von ihren Hundeführern beherrschbar sein, und möglichtt auf eine Art und Weise, daß dadurch niemand zu Schaden kommt, der Hund nicht und auch nicht der bzw. die Ausbilder.
Die Art und Weise der Leinenarbeit hast Du sehr gut beobachtet, sie ist völlig korrekt. Der Hund war durch zwei Hundeführer abgesichert, dadurch konnte er Euch und Euren Hunden nicht gefährlich werden. Der zweite Hundeführer mit der langen Leine dient dazu, den anderen Hundeführer zu schützen. Wahrscheinlich ist dieser Hund im Verlauf der normalen Ausbildung an seinen Hundeführer gegangen (was dann wahrscheinlich auch der Grund war, warum der Vorbesitzer ihn verkauft hat), wenn dieser sich unfreundliches Benehmen anderen Hunden gegenüber verbittet hat. Geht der Hund gegen andere Hunde und/oder den Hundeführer (mancher Hund sucht sich einen Ersatz, wenn er nicht zum Ziel kommt), wird die zweite Leine um den Bauch herum angezogen und, das ist jetzt eine psychologische Wirkung, der Hund merkt zum ersten Mal in seinem Leben, daß er nicht zum Erfolg kommt, wenn er gegen seinen Hundeführer geht, er kommt ja nicht so ran wie er denkt (und auch die Situation, wenn er einen anderen hund angreifen will, ist plötzlich völlig fremd für ihn). Der Hundeführer kann dabei relativ gelassen bleiben und reagiert gar nicht großartig auf die Hampeleien (Beißen etc.) des Hundes, außer daß er die Leine zurücknimmt. Der Hund ist dadurch zwischen den Leinen fixiert. Das verunsichert einen Hund, der zuvor mit Einschüchterungsversuchen seinem Hundeführer gegenüber Erfolg gehabt hat, in Bezug auf die soziale Stellung ungemein, die angekauften Hunde müssen sich ja erst über die soziale Rangfolge klar werden. Kann sich ein Hundeführer in solch einer Situation dem Hund gegenüber cool zeigen, ist die Chance groß, daß er als Alpha akzeptiert wird, auch von einem relativ verkorksten und dabei mental starken Hund. Daß der Hund dabei nicht gelobt werden sollte ist eigentlich logisch, man will ihm ja bewust machen wo er rangmäßig steht, in dem Loch soll er ja für 'ne Weile drin bleiben und nicht sofoer twieder Oberwasser gewinnen. Und sollte er zudem in ein Meideverhalten fallen, wäre Loben doppelt falsch, denn niemals sollte ein Hund im Meiden gelobt werden, dadurch wird das Meiden verstärkt.
Sieh es mal von der Seite, daß das Ganze für diesen Hund vielleicht eine letzte Chance ist, er durchaus ein guter und verlässlicher Diensthund werden kann, während es früher oder später bei seinem Vorbesitzer für ihn vielleicht nur eine Möglichkeit gegeben hätte...
Viele Grüße
Antje