: Hallo Tanja!
: Während des Trainings mit Artgenossen zu kommunizieren ist ja wohl genau das, was ich überhaupt nicht will. Der Hund soll mit mir kommunizieren und schon gar nicht den Kopf wegdrehen.
: Das alles kann er beim spazieren gehen.
Unter "Kommunizieren" verstehe ich nicht "Kokolores machen oder mal eben am anderen schnuffeln", sondern einen anderen Hund beschwichtigen, wenn der z.B. zu eng an dem Hund vorbeigegangen ist und es ihm unwohl wird. Lies mal bei Turid Rugaas nach oder schau Dir ihr wirklich gutes Video an, dann weißt Du, was ich meine.
: Weiter unten erklärst du, wie du dem Hund mittels Discs oder ähnlichem was vermittelst. Und hier redest du von Schmerz / Schreck?
Bei den Discs geht es um Verhaltensabbruch von streng verbotenen Handlungen wie Jagen oder Anspringen (Discschellen bei Anspringen sind unsere letzte Konsequenz). Nicht vernünftig an der Leine laufen halte ich nicht für eine streng verbotene Sache. FAlls Du glaubst, wir wären eine "Eiteitei-Hundeschule und bitte immer nur sanft und lieb zum Hund", dann irrst Du Dich. Wir setzen ein Nein absolut durch und bringen das auch unseren Kunden bei. Aber ein Nein ist ein Notsignal z.B. bei Jagen, Unrat fressen u.ä., nicht weil der Hund Platz statt Sitz gemacht hat.
Komischerweise finden es viele Leute nicht schlimm, einen Leinenruck zu geben, aber sie finden unseren Vorschlag schlimm, einen hartnäckigen "Herrchen-Nichtbeachter" mal über "Dein Futter und Dein Spiel kriegst Du nur, wenn Du Dich an mir orientierst" aufmerksam zu machen. Wenn ich nämlich sage "spätestens nach drei Tagen hat der Hund derart Hunger, dass er schauen wird!" dann tut ihnen das arme Tier leid. Ist wohl so, dass im übergewichtigen, an Nahrung überquellenden Deutschland "Futterentzug" furchtbar zu sein scheint. Und auf diesen Satz kommen garantiert jede Menge Postings, bin schon gespannt!
: Und muss seinem Kunden auch erklären können, warum sie überflüssig sind und den Hund verunsichern, auch wenn es den Hund nicht gleich von den Füßen holt. Das ist schließlich ein Teufelskreis: Leineruck verunsichert den Hund und nun traut er sich natürlich gar nicht mehr, den Blickkontakt zu halten, also muss man wieder mehr rucken usw.
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: Ist das tatsächlich so????? Verunsichert ????
Ja, das ist so. Ich hatte mich vor ein paar Monaten mal nicht im Griff mit unserem Axel. Axel war ein dermaßener Ignorant (mit fünf Monaten bekommen, er war ziemlich unabhängig), dass ich ihn an die lange Leine nahm. Ich versuchte, das "Hier" mit ihm zu üben, aber er scherte sich einen Deubel um mich. Und dann platzte mir der Kragen, ich rief erst freudig "Hier" und als er sich nicht unmittelbar in Bewegung setzte ruckte ich wirklich ziemlich heftig an der langen Leine. In einem bösen Eck meines Hirns hoffte ich nämlich, dass er es sich dann doch überlegen würde und auf mein Hier lieber herankommen würde. Axel hatte ein Brustgeschirr an, natürlich, aber den kleinen Kerl waffelte es doch ziemlich. Er kam allerdings nicht zu mir, so hoch ich auch flötete, sondern flüchtete sich zu Katia und traute ich drei Tage nicht mehr, mich anzusehen. Damit war ich dann endgültig geheilt.
Mit Wonda habe ich auch mal etwas anderes erlebt. Ich wollte mit ihr Dogdance üben, aber sie war total abgelenkt und geierte ständig nur zu meiner Freundin. Und dann war ich so sauer, dass ich ihren Kopf nahm, ihr ziemlich wütend in die Augen starrte und sie barsch anfuhr, dass ich die Faxen jetzt aber dicke hätte und sie sich gefälligst konzentrieren solle. Sie schaute mich an, maulte mich einmal kurz an (sie grölt gerne und es hörte sich für mich nach "ist ja schon gut!"
und dann arbeitete sie mit. Ich sagte Katia auch, sie solle mal schauen, ob Wonda beim Arbeiten beschwichtige, aber sie war ganz locker. Hat mir natürlich auch zu denken gegeben, aber ich bin trotzdem nach wie vor der Meinung, dass ein Leinenruck kein Mittel ist, einen Hund wirklich aufmerksam zu machen. Denn bei dem besagten Beagle, um den es ja im Ursprung bei dieser Diskussion ging, wird es wohl kaum bei einem einmaligen Rucker bleiben. Frauchen muss sich einfach etwas einfallen lassen, um die Aufmerksamkeit des Hundes zu bekommen, und zwar dauerhaft.
: Kann es nicht sein, daß ein Leinenruck auch signalisieren kann: jetzt aufpassen und konzentrieren, es wird gearbeitet. Und wenn der Hund gerne arbeitet, warum sollte ihn das verunsichern?
Wenn der Hund gerne arbeitet, dann genügt schon ein aufmunterndes Wort oder ein Klopfen an den Schenkel. Dann brauche ich keinen Ruck und ohne Leine habe ich dann auch immer ein Signal, mit dem ich den Hund zur Arbeit auffordern kann.
Wenn natürlich schon gar nichts paßt, weder die Beziehung zum Hundeführer, noch die Ausbildung und Arbeitsbereitschaft an sich, dann kann ich dir in punkto Verunsicherung vielleicht zustimmen.
Darum geht es mir. Wir geben den Leuten wirklich viele Tipps, wir zeigen ihnen viel und stehen ständig auch telefonisch zur Verfügung. Aber gerade die Besitzer von "Nasenhunden" hatten bei der Anschaffung so eines Hundes keinen blassen Schimmer, was sie erwartet und sind nun desillusioniert. Sie merken auf einmal, dass es anstrengend sein kann, ein "Nasenhund-Arbeitsprogramm" zu machen und wollen nun eine schnelle Lösung, damit sie ungestört von den Ansprüchen des Hundes spazierengehen können. Wenn ich walken gehe, dann habe ich Wonda immer an der Flexileine an meinem Joggergurt, denn da denke ich so vor mich hin und habe keine Lust, auf den Hund zu achten. Da ich aber weiß, dass sie Unaufmerksamkeit gerne für ihre Zwecke nutzt, verhindere ich so etwas einfach. Sie hat einen guten Radius um mich und ich kann walken. Passt.
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: Ich hab manchmal das Gefühl, daß viele von den total überforderten Hundehaltern ausgehen, die sich von ihren Hunden durch die Gegend zerren lassen und in letzter Hilflosigkeit ständig am Hund rumzerren und rucken.
Gibt es auch andere? ;o)))) Nein, im Ernst, solche Fälle wie der Beagle sind bei uns Gott sei Dank selten. Die meisten Kunden sind fleißig und engagiert, schaffen die Kurse gut und üben auch weiter. Aber ich muss mich in manchen Fällen leider immer wieder damit abfinden, dass es Leute gibt, die ich gar nicht oder nicht auf Dauer erreiche. Da überlege ich natürlich schon, woran es gelegen haben kann, aber ich versinke nicht in Depressionen, "weil ich so eine schlechte Trainerin" bin.
Ciao, Franziska