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bellen - schimpfen oder ignorieren?

geschrieben von karin & emma(YCH) 
bellen - schimpfen oder ignorieren?
17. April 2003 10:41

hallo,

ich habe ein problem mit meiner kleinen schnauzer-terriermischlingshündin emma: sie ist ein sehr nervöser hund, den ich aus dem tierheim geholt habe, als sie 5 monate alt war (sie wurde ausgesetzt in der wiener innenstadt). jetzt ist sie 2,5 jahre alt.

da wir lange am stadtrand gewohnt haben, und ich es leider verabsäumt habe, sie anständig auf alle möglichen reize zu sozialisieren, bellt sie jetzt alles an, was ihr angst macht: radfahrer, skater, motorräder, menschen, die anders gekleidet sind, menschen, die laut reden,... das kann mitunter extrem anstrengend sein, vor allem, wenn das in geschlossenen räumen passiert. wenn sie bellt, dann steigert sie sich da so rein, dass sie sich auch durch nix ablenken lässt. weder spielzeug, noch kekse, einfach gar nix. das einzige, das nützt, ist sie anzuschreien. das ist allerdings weder für mich noch für sie sehr lustig, aber echt die einzige möglichkeit, den hund ruhig zu stellen. ich hab's echt mit allem probiert, gefruchtet hat aber leider bis jetzt nur diese - allerdings recht rabiate - methode.

jetzt meine fragen: hat noch jemand anderer diese problem, und vor allen: hat jemand anderer dieses problem in den griff gebracht, bzw. lösungsvorschläge.

vielen dank schon vorab.
karin



17. April 2003 11:50

Hallo Karin,
ich würde sagen, dass was du versäumt hast, musst du JETZT mühsam nachholen und aufarbeiten. Es nützt nichts, den Hund der jetzt in der Stadt wohnt -vor Alltagsgeräuschen zu schützen !! Also ran- geht in eine Hundeschule, vermutlich wurde auch eine gute Erziehung versäumt :-(
Für dich heisst das im Klartext- dem Hund Skater, Radfahrer ect. zu zeigen.. Also schick Freunde auf diese fremdartigen Dinger und führe sie langsam heran. Schiebe erst einmal ein Fahrrad neben ihr.. lass es von ihr beschnüffeln...mir ist zwar unklar,wie ein 2,5j. Hund kein Fahrrad kennt, aber so macht man es mit Welpen. Dann langsam schieben, Hund loben... bellt sie- "NEIN" mit fester Stimme und über die Schnauze greifen. Belasse sie an der Leine... und gehe wenn sie anfängt evtl. sogar einfach in eine andere Richtung- und dann wieder langsam heranführen.
Dies mit all den Objekten machen, die sie hysterisch anbellt.
Zusätzlich würde ich dem Hund das "bellen" beibringen... Also auf "gib laut" darf sie bellen... natürlich NICHT in einer Situation wo sie schon bellt, sie bestärken mit dem Kommando, sondern das erlernte Gebelle soll in den Situationen wo es unerwünscht ist umgekehrt werden in- "ruhig" "Still" "NEIN" was auch immer.
Also mit dem Hund spielen- in einer unverfänglichen Situation- mancheHunde beginnen dabei schon das kläffen... mit Spielzeug reizen und mit dem Kommando"gib laut" verknüpfen. Auf Still oder Nein- das Spiel SOFORT unterbrechen ,zur Salzsäule erstarren- und loben wenn der Hund still ist... Dies muss aber wirklich konzequent geübt werden, damit es in anderen Situationen dann klappt!!!
Den Hund mit Leckerli ablenken ist totaler Quatsch...nur auf gute Arbeit gibt es Leckerli...also ein verstummen auf das Kommando "NEIN" -verdient ein Leckerli und riesen Lob.
Ein guter allgemein Gehorsam ist auch in solchen Fällen wirklich ideal, also auf in die Schule und evtl. BHPrüfung ansteuern.
Viele Hunde sind unterfordert und suchen nach einer geistigen Beschäftigung- ein Spaziergang von 1-2 Stunden ist für die wenigsten Hunde wirklich "erfüllend".
Fürmeine Hunde ist ein Spaziergang von 1-2 Stunden Erholung und keine Beschäftigung.
Einen nervösen Hund gibt es in dem Sinne nicht, da ist die Haltung oftmals Schuld daran.
Gruss Malaika

17. April 2003 12:52

hallo malaika,

vielen dank für deine anmerkungen. ja, du hast sicherlich recht: ich habe es absolut verabsäumt, sie ordentlich zu erziehen und das fällt mir jetzt echt auf dem kopf. von der armen emma mal ganz zu schweigen.

was ich vor allem nicht getan habe, war, streng auf gewisse unarten zu reagieren. das mit nein und hand über den fang mach ich jetzt ja, und es wirkt sehr gut. und bin ich jetzt halt im ton sehr streng. früher hat mich das immer nervös gemacht, wenn sie herumgekläfft hat, und das hat sich ja natürlich auch auf den hund übertragen. jetzt bleib ich viel ruhiger und es geht deutlich besser.

ich war mir halt einfach nicht sicher, ob ich wirklich streng sein sollte, oder es mit anderen mitteln probieren muss. es ist auch schon viel besser geworden. und seitdem ich strenger mit ihr bin, ist sie allgemein viel aufmerksamer und sieht öfter zu mir her, wenn wir unterwegs sind.

alles in allem müssen wir sicher sehr viel üben, aber ich hoffe, dass wir das in den griff kriegen.

lg, karin

17. April 2003 15:53

Hallo Karin,

:: ich habe ein problem mit meiner kleinen schnauzer-terriermischlingshündin emma: sie ist ein sehr nervöser hund, den ich aus dem tierheim geholt habe, als sie 5 monate alt war (sie wurde ausgesetzt in der wiener innenstadt). jetzt ist sie 2,5 jahre alt............da wir lange am stadtrand gewohnt haben, und ich es leider verabsäumt habe, sie anständig auf alle möglichen reize zu sozialisieren, bellt sie jetzt alles an, was ihr angst macht: radfahrer, skater, motorräder, menschen, die anders gekleidet sind, menschen, die laut reden,... ::

Ich möchte dir UNBEDINGT davon abraten deine Hündin zu "bestrafen", wenn sie scheinbar bedrohliche Dinge anbellt.

Ihr Verhalten deutet eindeutig auf Unsicherheit hin. Glaubst du, dass ihr Sicherheitsgefühl sich vergrößert, wenn sie bald lernt, dass zu der Bedrohung durch diese fremden Dinge/Menschen etc. jetzt auch noch regelmäßig eine Bedrohung durch ihr Frauchen dazukommt?

Oder betrachte es jetzt einmal von der "hündisch-wölfischen Seite". Kannst du dir vorstellen, dass ein ranghöheres Tier ein Rangniedrigeres bestrafen würde, wenn dieses Angst, oder Unsicherheit zeigt und das artikuliert?

Nein, Karin, das ist der völlig falsche Weg. Vergiss Geschimpfe, Schnauzengriff und Co. Solche Tipps kommen aus dem Bauch und sind wenig reflektiert!

Deine Hündin muss jetzt dringend, aber behutsam an verschiedenste Umweltreize herangeführt werden. Dabei musst du folgende Dinge dringend beachten:

1. Du musst das Verhalten bestärken, das dir in solchen Situationen gefällt. Dazu musst du mit der nötigen Distanz operieren.

2. Du musst unerwünschtes Verhalten ignorieren! Selbst in diesen Situationen absolute Gelassenheit signalisieren. Deine Aufregung, wenn du sie zu schimpfen beginnst überträgt sich ja auch auf deine Hündin (Anders Hallgren hat das einmal wunderbar beschrieben und dazu demonstriert. Es ging um die Szene: Es klingelt an der Türe und Herrchen schreit mit dem bellenden Hund. Der denkt sich vermutlich: "Ja! Herrchen bellt auch mit!" Und wenn er fürs bellen scheinbar bestraft wird: "Oh! Ich bell ihm noch nicht laut genug!"winking smiley

3. Du solltest dir immer eines vor Augen führen:

VERHALTEN WIRD DURCH SEINE KONSEQUENZEN BESTIMMT!

Also, beobachte deine Hündin und überlege dir, WARUM könnte sie bellen? welchen (scheinbaren) Erfolg hat das Gekläffe aus ihrer Sicht.
Deine Hündin macht SICHERLICH etwas aus ihrer Sicht richtiges. Also musst du das Erfolgserlebnis ihres unerwünschten Verhaltens verhindern.

Beispiel:

Briefträger kommt! Hund bellt! Breifträger geht (natürlich, er will ja weiter!) Klasse!!! Bellen hilft Briefträger zu vertreiben.

Hier wäre gegenteiliges Verhalten des Briefträgers erforderlich:

Briefträger kommt. Hündin bellt. Briefträger wartet. Irgendwann hält sie vielleicht kurz inne. JETZT geht der Briefträger.

Anderes Beispiel:

Unser Terror-Terrier Ronni kläffte wie ein Verrückter, wenn ich Abends von der Arbeit nach Hause kam. Was hab ich gemacht. Vor der Türe regungslos gewartet. Die Klinke bereits in der Hand. Irgendwann war er kurz ruhig UND SIEHE DA, die Türe ging auf und er konnte mich begrüssen. Sein Bellen wurde immer kürzer.

Heute komm ich nach Hause und höre KEIN Geräusch mehr aus dem Haus (ausser gieriges Schnuffeln beider Hunde unter dem Türspalt durch ;-))).

Überleg dir das bitte! Aber führ dir unbedingt vor Augen, dass du einem gestressten Hund nicht durch dein Verhalten NOCH mehr Stress/Unsicherheit/Angst machen solltest.

Noch was zum Schnauzengriff:

Dieser kann in manchen Situationen durchaus sinnvoll sein. Aber hundeverständlich ist er nur, wenn er in solchen Situationen angewandt wird, in denen Hunde untereinander so agieren. Welche sind das?

Wenn ein Junghund, oder ein deutlich Rangniedrigerer zu aufmüpfig GEGENÜBER dem Ranghöheren, oder Alttier wird. Das macht die Hündin dir gegenüber doch überhaupt nicht. Also wie sollte sie deine Reaktion dann verstehen???

Viele Grüsse nach Wien

Alex & Aris




18. April 2003 09:44

Hi Karin,

zu aller erst: es gibt (fast ;-) ) nix, was nicht hinzubekommen wäre smiling smiley
Es dauert halt nur länger, wenn Du später damit anfängst und ein wenig geschludert hast. Dann ist absolute Konsequenz Deinerseits gefragt. Ein "hab ich jetzt gerade keine Zeit für..." oder "jetzt sind mir zu viele Leute drum herum" oder oder oder darf es einfach nicht geben.

Aber nix ist unmöglich wieder auszubügeln :-)

Halte durch & Du wirst belohnt werden mit vielen schönen Jahren, in denen das Zusammenleben mit Deinem Hund zu allen Zeiten Spass macht und stressfrei verläuft!

Ich habe übrigens bei meinem Fiedelchen festgestellt (seeeeeeeeehr sensibel und ängstlich anfangs), dass ihm Regeln und ein fester Platz im Rudel sehr gut tun & Sicherheit geben. Er kann sich auf mich verlassen, sei es nun, dass ich ihn vor fremden Hunden oder Situationen beschütze (wenn er den Ärger nicht anfängt und sich hinter mich stellt!), es immer die gleichen Grenzen für ihn gibt (wo ich dann auch motze, wenn diese überschritten werden) und niemals nachtragend bin.
Er weiss, dass ich bei schlechtem Verhalten seinerseits motze und ihn bestrafe, ihm aber nie was böses tun würde. Bestrafen heisst ja nicht quälen, sondern korrigierende Einwirkung und Verdeutlichung, wie ernst man es meint.

Damit das "beschützen" meinerseits nicht falsch verstanden wird: ich vertüddel ihn nicht, aber er weiss, dass ihm nix passieren kann, wenn ich bei ihm/er bei mir ist.
Beobachte, wenn es Dir möglich ist, mal mehrere Hunde untereinander (am schönsten, zwei, die zu einem Rudel gehören) und schau Dir an, wie dort "bestraft" wird. Da kann auch mal leichte körperliche Einwirkung dazugehören, aber kurz nach der "Bestrafung"/"Korrigierung" ist auch wieder alles gut.

Ich will jetzt auch keine Romane schreiben, kann halt nur von meinen Erfahrungen mit Hunden berichten (Fiedelchen ist nicht mein erster Hund, aber der "bestgelungenste" smiling smiley )

Ich habe ihn übrigens bestraft (ggf. ganz ruhig am Nacken packen und einfach auf den Boden drücken, bis er ruhig ist) wenn er gebellt hat und zumindest anfangs gelobt, wenn er ruhig war. Mitschreien bringt wohl wirklich wenig, er muss schon verstehen, was Du meinst & was Du korrigieren willst. Alles ist ohne grosse Aufregung meinerseits passiert, schliesslich ist an Fahrrädern, Haustürklingeln etc. wirklich nix aufregendes dran.

Es erfordert sicherlich Konsequenz und Geduld, aber es lohnt sich!

LG,
Kine & nicht (mehr) bellender Fiete (Westi-/Cairn-Terrier-Mix)