Hallo Anja,
angstbedingte Aggression ist ebenso wenig tolerierbar wie jede andere Form aggressiven Verhaltens. Für den betroffenen Mitmenschen ist es nämlich völlig egal, warum er von einem Hund angegangen wird.
Auch bei einem angstaggressiven Hund nutzt es nicht als Typus "pädagogische Fee" vorzugehen und den Hund aufgrund seiner (vermeintlichen) Ängstlichkeit zu huscheln. Bei angstaggressiven Hunden passiert genau das, was du schilderst: zuerst haben sie nur Angst und verdrücken sich, später bekommen sie ein wenig mehr Mut, gegen vorwärts und haben darin bisweilen Erfolgserlebnisse, die sie in diesem Tun bestärken.
Gerade auch ein unsichere Hund erlangt Sicherheit dadurch, dass man selbst Führung zeigt und ihm damit klarmacht, das es nicht seine Aufgabe ist, Problemsituationen zu bewältigen. Gerade ein Hund, der nicht das psychische Format dazu hat, sollte nicht in eine Führungsrolle gebracht werden, weil man diese nicht selbst ausfüllt.
Du beschreibst, dass einige Kommandos deinem Hund bekannt sind. Die kannst du dann doch verwenden, um dem Hund eine Alternative zu seine Ausrastern aufzugeben. Das bedeutet dann eben üben üben üben. Zuhause wird der Hund in eine Ecke und nicht unbedingt in Nähe der Tür oder Fütterungsstellen ins Platz geschickt, wenn Besuch kommt. Aufstehen darf, er wenn der Besuch drin ist, begrüßt wurde und der Hund ruhig ist.
Draussen bei Begegnugnen übst du bei Fuß gehen, ganz egal wer oder was sich nähert. Je mehr du das übst, desto zuverlässiger wird der Hund folgen. Er kann nur eins von beiden: bei Fuß gehen oder pöbeln; im Platz liegen oder Besucher anfallen. Verstehst du?
Der Hund bekommt keine Aufmerksamkeit für sein aggressives Tun. Das Zielobjekt darf ihn bestenfalls ignorieren. Sollte der Hund trotz klarer Vorgaben von dir dennoch auf den anderen losgehen, kann man das mit einem Helfer trainieren, der sich mit einer Sprühflasche "bewaffnet". Der Angriff des Hundes auf den "Feind" führt dazu, dass er von diesem einen Wasserstrahl ins Gesicht bekommt. Wirkt oft Wunder und führte bei dem letzten Hund, der mich fast im Sekundentakt anfiel dann dazu, das die Sache nach 1, 2 Minuten erledigt war und wir vernünftig mit dem Hund arbeiten konnten.
Ds ist aber nur der Einstieg, um überhaupt in eine Übungssituation gelangen zu können. Danach heisst es Vorgaben in Form von Alternativhandlungen zu machen und den Hund *schrittweise* zu desensibilisieren. Die Betonung liegt durchaus auch auf "Vorgaben". Nicht der Hund bestimmt, wie der äußere -und damit einhergehend auch innere- Konflikt gelöst wird.
Wie das im Einzelfall dann konkret aussieht, ist aus der Ferne natürlich schwer zu beurteilen. Beobachte den Hund und schau, ab welcher Distanz zu anderen der Stress für ihn beginnt. Versuche die Übungseinheiten möglichst so aufzubauen, dass die Distanz anfangs groß gewählt wird und nur so weit verringert wird, das der Hund gerade noch ruhig bleibt und deinen Vorgaben zu folgen in der Lage ist.
Beispiel: Dir kommt auf der Strasse ein anderer Hund entgegen.
Gib`deinen Hund bei Fuß vor, wechsle die Strassenseite und passiere den anderen auf diese Weise.
Nächster Schritt, gleiche Situation. Du wechselst nicht mehr die Strassenseite, sondern machst auf der gleichen Seite einfach einen Bogen um die parkenden Autos herum, auch alles bei Fuß.
Nächster Schritt: du verläßt nicht mehr den Gehweg, sondern läufts nur einen kleinen Bogen bis zum Rande. Alles bei Fuß und dein Hund auf der Seite von dir, die dem anderen Hund abgewandt ist.
Nächster Schritt
ie Bögen werden merklich kleiner, bis du geradeaus weitergehen kannst.
Wenn ihr am anderen Hund vorbei seid, wird dein Hund jeweils belohnt, wenn er seinem Kommando brav und ohne Pöbeln gefolgt ist. Bisweilen hilft es, dann mal ein paar Meter zu rennen und sich gemeinsam zu freuen, hilft beim Spannungsabbau.
Andere Möglichkeit: man geht auf Distanz zum anderen Hund parallel zu diesem udn verringert die Distanz immer weiter, jeweils in dem Maße, wie dein Hund noch bei Fuß geht und nicht austickt. Kann man sonntags auf einem Parkplatz üben.
In jedem Fall würde ich bis zu diesem Stadium immer in Bewegung bleiben udn den Hund in den für ihn stressbeladeen Situation nicht ins Sitz oder Platz befehlen. Wenn es in Bewegung funktioniert, dann kann man auch das angehen.
Man sollte versuchen, jede Zögerlichkeit und jedes übermäßige Grübeln während des Trainierens abzulegen. Nachdenken und Strategien entwickeln kann und sollte man im Vorfeld. oder während Unterbrechungen, Pausen. Je klarer und bestimmter man in seinem Handeln ist, umso eher folgt der Hund. Das hat nichts mit Härte oder Gewalt zu tun!
Viele Grüße,
andreas