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Psychose meiner Hündin 7.5 Monate alt

geschrieben von Eddie The Beagle(YCH) 
Psychose meiner Hündin 7.5 Monate alt
01. Juli 2003 22:02

Hallo zusammen,

meine Collie-MIxirgendwas-Hündin ist jetzt 7.5 Monate alt.
Ich habe sie aus einer wohlbehüteten Familie mit 8 Wochen
ausgewählt. Cora hat immer Panik. Egal vor was. Am meisten vor
Fremden -- egal ob Mann oder Frau. Oder wenn sich was vom Wind
plötzlich bewegt, dann macht sie einen Satz.
Ich war schon 100x mit ihr in der Stadt, aber immer hat sie den Schwanz eingekniffen.
Zuhause bellt sie jeden Fremden an. Sie hört überhaupt nicht mehr auf. Man sieht ihr an, dass sie sich ja dem Fremden nähern möchte, sich aber nicht überwinden kann. Wenn dann auch noch was unvorhergesehenes passiert (z. B. der oder die Fremde macht eine Bewegung) dann geht das Spiel von vorne los. Selbst Bekannte und Freunde erkennt sie erst sehr spät und nach gutem Zureden (erstmal wird verbellt). Die aufkommende Panik und der Stress hämmt die natürliche Gabe, jemandem am Geruch zu identifizieren. Denn riechen, sehen und hören kann sie ganz gut -- das habe ich bei TA testen lassen, weil ich zuerst dachte, es ist auf einen Defekt zurückzuführen.
Draußen ist es genauso mit jedem Fahrradfahrer und Fußgänger. Alle werden hochgradig angeknurrt und verbellt. Dabei hat sie jedoch eine Bürste und den Schwanz nicht eingeklemmt.
Den gutgemeinten Rat der Hundeschule, es einfach zu ignorieren, greift einfach nicht. Komischerweise reagiert sie auf ein lautes "Schluss jetzt" noch am besten. Es gibt vielleicht 3-4 Menschen, die sich ihr nähern dürfen, ohne dass sie gleich ausrastet.
Das tut mir immer sehr leid. Z.B gehe ich häufig grillen und wir verbringen mit 8-10 Leuten den ganzen Tag in einem riesigen Garten
wo meist noch ein weiterer 'normaler' Hund herumläuft.
Aber meine Hündin bleibt partout unter einem Sitz versteckt (muss noch nicht mal meiner sein .. da, wo sie sich bei unserer Ankunft als erstes hin verkrochen hat). Da bleibt sie dann. Wenn es sein muss bis spät am Abend. Sie verweigert dabei jeglicher Art der Kommunikation (guckt immer demonstrativ weg) und verweigert die Nahrungsaufnahme (selbst Wasser trinkt sie nicht). Wenn ich gehe, dann locke ich sie mit einem fröhlichen 'Ja komm meine Süße ...etc...' und nach der 5. Wiederholung kommt sie zitternd im Gänsefüßchenmarsch auf mich zu.
Draußen geht es dann wieder. Sie schüttelt sich und die Rute geht auch wieder nach oben. Aber nur, wenn niemand in der Nähe ist.
Oft werde ich gefragt, ob mein Hund eine schlechte Erfahrung gemacht hat. Aber ich habe ihr selbstverst. nie ein Leid zugefügt und der Besitzer bzw. die Besitzerin ist eine ganz Liebe (die ganze Familie ist sehr Hundeerfahren und die Hunde sind auch alle sehr klasse)
Die ist einfach so. Leider geht der Streß, den sie ja damit hat ziemlich auf die Lebensqualität und, machen wir uns nichts vor, natürlich auch auf die Lernfähigkeit.
Ich möchte ihr gerne helfen, aber ich weiss nicht wie. Insgeheim hoffe ich, dass es sich mit zunehmenden Alter und der nötigen Reife bessert.
Vor allem indem ich ihr weiterhin mein uneingeschränktes Vertrauen, Liebe und Geduld schenke

Vielleicht hat ja zu meiner Story jemand eine Lösung oder eine gute Idee.
Vielleicht hat ja selbst jemanden so einen kleinen Paranoiahund
oder Erfahrungen damit machen können.
- Danke -
Eddie

01. Juli 2003 22:14

Hi,
meine Hündin (Golden) war auch so als Baby. Helfen kann viel Training ausschließlich über Lob - Clickern wäre sehr gut und schrittweise Desensibilisierung. Wenn sie das Grillen noch nicht packt und dabei immer wahnsinnig Streß hat, dann darfst Du sie vorerst da eben nicht hinmitnehmen. Für sie wird das ganze mit jeder so gemachten Streß-Erfahrung noch schlimmer!! Sie verknüpft Streß immer noch mehr mit anderen Menschen. Solche Probleme müssen schrittweise, ganz langsam mit zunehmendem Angstreiz bearbeitet werden. Zu vergleichen mit extremer Schußangst: Wenn Du so einen Hund neben einen Schießplatz setzt und das täglich wiederholst, so wird sich das Verhalten vermutlich wenig bis gar nicht bessern. Er wird ein Streßfrack, mehr nicht. Wenn Du aber erstmal mit Schüssen in 200, dann in 180m usw. Entfernung langsam (!!) arbeitest, dann wäre was zu machen.

Ganz wichtig: Zeigt der Hund die Angst, so muß er unbedingt ignoriert werden. Schimpfen ist genauso kontraproduktiv (auf Dauer) wie beschwichtigen und trösten.

Vielleicht wäre es in diesem Extremfall angebracht, über eine Therapie mit Psychopharmaka nachzudenken - sozusagen um eine Therapie überhaupt erst zu ermöglichen. Muß dann langsam wieder runterdosiert werden, versteht sich. Ist aber nur der allerletzte Ausweg.

Vielleicht auch interessant: Tellington Touch. Hilft manchmal bei Streßhunden ganz enorm.

Lieben Gruß
josh

02. Juli 2003 00:49

Was hier beschrieben wird, ist ein extrem schlecht sozialisierter Hund, der wenig angeborene Wesensstärke mitbringt, mit der er das ausgleichen bzw. kaschieren könnte, der dazu jetzt in der Pubertät eine Phase zusätzlicher Unsicherheit durchmacht und vermutlich häufig auch noch überfordert und zusätzlich für sein Verhalten bestärkt worden ist.

Was dagegen jetzt noch zu tun ist? Wie Josh schon meint: einen guten Verhaltenstherapeuten aufsuchen - einen darauf spezialisierten Tierarzt - der einem mit einem exakten Trainingsprogramm und vermutlich auch dem unterstützenden vorübergehenden Einsatz von Psychopharmaka hilft, hier eine allmähliche Änderung einzuleiten. Tellington-Touch und Bachblüten können da zusätzlich unterstützend wirken, damit alleine wird es in der bisherigen Situation wohl kaum gehen.

Tja, eine 'behütete' Jugend ist so ziemlich das Schlimmste, was man seinem Welpen antun kann. So können alle Eddie dankbar sein, dass er hier einmal detailliert für sie beschreibt, was daraus werden kann, wenn man bei einem Welpen in Zucht und Aufzucht nicht auf ein gutes Wesen und eine ausführliche richtig gestaltete Sozialisation achtet: viel Stress für Mensch und Hund, ein eingeschränktes Zusammenleben ebenfalls für beide und viele nachträgliche Kosten...

Manchmal hat man trotz Mängeln in der Aufzucht Glück - ihr zwei hattet das offensichtlich nicht.
Viel Glück beim Weg aus dieser verzwickten Lage

Pascal



02. Juli 2003 07:23

Hallo Eddie

Ich habe einen ganz ähnlich gelagerte Hündin - gute Welpenstube, keine schlechten Erfahrungen, aber eine genetische Veranlagung zur Ängstlichkeit. Besonders schlimm war es ebenfalls mit fremden Menschen - bei Besuch mussten wir sie sogar einsperren bis die Personen in der Wohnung waren, da sie sonst vor Angst ihre Analdrüsen geleert hat.

Sie ist nun 8 jährig und es hat sich wesentlich gebessert, wenn auch die Angst nicht ganz verschwunden ist. Wir gehen seit klein mit ihr zwei Mal die Woche in den Hundesport (Agility), diese Umgebung hat sie positiv verknüpft und geht nun dort sogar auf ihr wenig bekannte Menschen zu und lässt sich streicheln. Ich bin auch der Meinung, dass das Agility ihr sehr geholfen hat mit klappernden, wippenden Objekten umzugehen.

Überfordere Deinen Hund nicht, aber bringe sie immer wieder in Kontakt mit Fremden. Dabei sollen sich diese dem Hund auf keinen Fall nähern, sondern sich desinteressiert zeigen. Evtl. kannst Du sie auch mit Gudis oder Spielzeugen ausstatten. Auch mit diesen dürfen sie sich dem Hund nicht aufdrängen, sondern evtl. mit sich selbst spielen, bis der Hund selber Interesse zeigt. Sollen solche Übungen etwas bringen, musst Du sie regelmässig durchführen - am meisten Verständnis und Versuchspersonen findest Du im Hundesportverein oder der Hundeschule.

Was wir verpasst haben, ist ihre Angewöhnung an Kinder (hatten keine in der Umgebung). Auch wenn sie mit Erwachsenen heute nur noch wenig Probleme macht, empfindet sie Kinder als sehr bedrohlich (auch hier keinerlei schlechte Erfahrungen vorhanden). Solange sie flüchten kann ist dies auch kein Problem - aber angeleint müssen wir enorm aufpassen. Falls Du die Möglichkeit hast, sie auch in diesem Bereich zu desensibilisieren würde ich das unbedingt tun.

Liebe Grüsse

Brigitte

02. Juli 2003 09:33

Danke für die Antworten.
Mit behüteter Jugend meinte ich das Aufwachsen der ersten 8 Wochen.
Damit wollte ich zum Ausdruck bringen, dass eventuelle schlechte Erfahrung im Babyalter nicht die Ursache für ihr Verhalten sein können.

Die Sache mit dem Schießplatz kann ich nachvollziehen. Natürlich
war Coras erster Menschenkontakt nicht die Grillgruppe. Ich habe sie seit Januar und habe sie von Anfang an mit zu einzelnen Bekannten genommen.
Anfangs habe ich sie ab und an mit mir herumgetragen - vielleicht war das ein Fehler.

Wie es jedoch aussieht, bleibt uns ein Gang zum Therapeuten nicht erspart.
Danke & GRüße
Eddie

02. Juli 2003 09:23

Hallo.

Ich kenne auch so einen Schisser, sein Name ist Leo und er ist ein Chow-Mix.

Er ist zwar keinesfalls aggressiv -knurrt nicht, bellt nicht - aber er hat Panik vor allem Fremden und flüchtet, wenn er kann.

Leo ist in einem Hunderudel ohne menschlichen Kontakt (oder nur mit sehr wenig) aufgewachsen. Er hat ein super Sozialverhalten anderen Hunden gegenüber, aber Menschen sind ihm mehr als suspekt.

Er wird jetzt 4 und so langsam wird es besser, sprich er springt nicht mehr voller Panik in die Leine, wenn beim Gassigehen auf der gleichen Gehwegseite ein Mensch entgegen kommt.

War ein langer Weg, Hundeschule, Einzeltrainig etc. hat nicht geholfen, nur die stete Wiederholung.

In die Stadt gehen kann man mit ihm nicht, und wird es auch nie können... Da bekommt er Panik hoch 3.

Gruß
tessa

PS: Unter Collies gibt es eine angeborene Wesensschwäche, die sich in extremer Ängstlichkeit widerspiegelt. Google mal danach.