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Ela und Eule

geschrieben von Tina II(YCH) 
Ela und Eule
27. August 2000 16:08

Der Regen prasselt an die Fensterscheiben, es donnert und immer wieder zucken blendende Blitze über den schwarzen Nachthimmel. Die kleine Ela hat es sich in ihrem Zimmer gemütlich gemacht. Sie sitzt in einer Ecke und liest. Harry Potter. Das ist spannend! Der hat eine Eule, die Hedwig heißt. Doofer Name, findet Ela. Aber die Eule ist cool. Die kann Nachrichten überbringen, wie praktisch. Und außerdem ist es ein liebes Haustier. Gerade, als Ela eine Seite umblättert, hört sie das Brummen eines Autos, das unten in der Garage einparkt. Papa!
Ela stürmt die Treppen hinunter, nimmt gleich zwei Stufen auf einmal. Sie düst in Richtung Garage. Endlich kommt Papa aus Australien zurück. Sie rast durch das offene Garagentor und will ihrem Papa um den Hals fallen. Doch sie hält inne. Was hat Papa da auf dem Arm? Es ist ein zitterndes, rötlich-braunes Hündchen!
"Papa, was ist das?", fragt sie ohne Begrüßung.
"Ein Hund. Siehst du doch. Er ist noch ganz jung." Der Hund drückt sich fest in Papas Arme.
"Aber, woher ...", beginnt Ela, wird aber dann von einem lauten Donner übertönt. Das Hündchen drückt sich noch fester in Papas Arme.
"Ein australischer Farmer wollte ihn nicht mehr haben. Sein Vater war ein Dingo, weißt du, und Schäferhunde mit Dingblut taugen nichts", sagt Papa und streichelt dem zitternden Hündchen über den Kopf. "Du wolltest doch immer einen Hund."
‚Ich wollte nie einen Hund’, denkt Ela. Aber in dem Fall ... der Kleine ist ja so niedlich!
"Es ist eine Sie", sagt Papa beiläufig.
Oh, die Kleine. "Wie niedlich", sagt Ela.
"Du kannst ihr einen Namen geben", strahlt Papa großzügig.
‚Einen Namen... Hedwig!’, Schießt es Ela durch den Kopf. Aber der Name ist doch doof. "Eule!", sagt sie bestimmt. "Ich werde sie Eule nennen."
Ela und Papa tragen das zitternde Fellbündel ins Haus. Es bekommt eine Plastik-Schüssel für`s Futter, und eine für`s Wasser. Zu Fressen bekommt Eule die Spagetti-Reste vom Mittagessen. Das dürfte für einen so kleinen Hund reichen. Und ... voilá! Sie frisst alles auf. Anschließend macht sie ein kleines Geschäftchen auf dem Boden.
Mama schnaubt vor Wut.
Papa ist leicht säuerlich.
Ela ist gerührt.

Zwei Wochen später ist Eule stubenrein. Das ist gut. Ela hat es ihr beigebracht. Und überhaupt: Ela mag Eule am liebsten, und Eule mag Ela am liebsten. Ela ist auch mit Eule beim Tierarzt gewesen. "Gesund und sechs Monate alt", hat er gesagt. Das ist auch gut.
Eule folgt Ela auf Schritt und Tritt. Sie lässt sie keine Sekunde aus den Augen. Das ist eigentlich auch gut, aber wenn Ela zur Schule geht, weint Eule ihr lautstark nach. Ela weiß nichts davon, aber Papa weiß es. Er ist nämlich immer noch ein bisschen länger zu Hause, als Ela, wenn das Haus verlässt und zur Schule geht. Er hasst es, wenn Eule weint. Auch die Nachbarn hassen es. Das weiß Papa. Darum sperrt er Eule von heute an immer im Badezimmer ein, wenn sie anfängt zu weinen. Er hat sich da mit Mama abgesprochen. Die holt Eule immer aus dem Badezimmer raus, bevor Ela aus der Schule kommt, damit Ela nicht denkt, Eule wäre eingesperrt. Mama ist nämlich den ganzen Tag zu Hause. Darum geht das. Aber Eule mag Mama nicht. Darum weint sie. Mama mag Eule auch nicht. Auch Papa mag Eule nicht mehr, weil er gemerkt hat, dass Eule viel Arbeit und Ärger macht.
Aber wenn Ela nach Hause kommt, ist alles wieder gut. Dann ist Eule voll happy. Denn Ela ist lieb.

Als Eule acht Monate alt ist, geht Ela mit ihr zum ersten mal auf den HUNDEPLATZ. Das ist schon ein seltsamer Ort. Hier gibt es sehr viele Zwei- und Vierbeiner. Eule ist verwirrt. Aber Ela ist bei ihr. Da kann gar nichts passieren.
Dann kommt so ein Typ. Der will überprüfen, was Eule alles kann.
Ela sagt: "Sitz!" Eule kennt das. Das hat Ela mit ihr geübt. Eule setzt sich.
"Bei Fuß!" Das kann Eule noch nicht.
"Na gut", sagt der Typ. "Du musst noch etwas üben, aber dann könnt ihr in einem halben Jahr die Begleithundeprüfung machen."

Ela und Eule üben. Das ist nicht immer leicht, denn Eule ist etwas stur und unabhängig. Eben mit Dingoblut.
Als Eule 1 ½ Jahre alt ist, machen Ela und sie die Begleithundeprüfung. Das ist doch ein Klacks! So ein bisschen im Kreis rumlaufen und durch die Straßen latschen. Wie einfach! Aber Eule ist jetzt erwachsen, ein verkehrssicherer Begleithund eben.

Eine Woche später. Eule hat wieder geweint. Und Mama und Papa haben Eule wieder eingesperrt. Im Badezimmer. Aber Eule ist schlauer geworden. Sie kann jetzt Türen öffnen. Ela hat es ihr beigebracht. "Für den Notfall", hat sie gesagt. Sie weiß nicht, dass Eule sich fast täglich in einer "Notfallsituation" befindet. Eule öffnet die Tür. Nichts leichter als das! Hinter dem Rücken der telefonierenden Mama springt sie durch das offene Küchenfenster ins Freie. Stromert sie ein bisschen herum?
Zwei Stunden später. Ela sitzt in ihrem Klassenzimmer und langweilt sich. Physik! Wie öde!
Da lauscht sie plötzlich auf. Ein Bellen! Die ganze Klasse horcht. Das Bellen klingt sehr nah. Aber sind Hunde auf dem Schulgelände nicht verboten?
Ela weiß, wem sie dieses Bellen zuordnen soll. Sie stürmt zum Fenster. Obwohl der Rest der Klasse sich ein bisschen wundert, stürmen die meisten ihr hinterher. Und vom zweiten Stock, in dem der Klassenraum ja liegt, sieht Ela ihre geliebte Eule, die bellend unter dem Fenster hin- und herspringt.
"Euleeeeeeeeeeeeeee!", schreit sie und lehnt sich sehr weit aus dem Fenster Zu weit, denn in dem Moment bekommt sie ein sehr flaues Gefühl im Magen, es reißt ihr den Boden unter den Füßen weg und sie stürzt. Während sie fällt, fliegt ihr Leben an ihr vorbei wie ein Film. Ein Gedanke schießt ihr durch den Kopf: ‚Werde ich das überleben? Nein, wahrscheinlich nicht. Aber das letzte, an das ich gedacht habe, war Eule!" In dem Moment landet sie mit dem Rücken in den Büschen und Sträuchern, die unterhalb der Fenster wachsen. Sie fangen den Aufprall sehr stark ab, aber ein Ast bohrt sich in Elas gebrochene Rippen. Aber sie spürt keinen wirklichen Schmerz.
Sie hört Schreie, und etwas später ihren Namen, dann ein Tatütata. Während der ganzen Zeit leckt Eule ihr durchs Gesicht, leckt das Blut und den Schweiß ab. Sie weint, aber sie wird nicht eingesperrt. Eule ist dankbar. Ela wagt nicht, die Augen zu öffnen. Sie weiß nicht, ob sie lebt oder schon tot ist. Sie weiß nur, dass sie davon getragen wird.

Es dauert einige Monate, bis Ela aus dem Krakenhaus entlassen wird. In der Zwischenzeit ließt sie den dritten Harry Potter Band und geht fast jeden Tag mit Eule und ihren Eltern im Krankenhauspark spazieren. In das Krankenzimmer darf Eule leider nicht. Ihre Eltern sperren aus irgendeinem Grund Eule nicht mehr ein. Sie wissen selbst nicht so recht, warum.




Fortsetzung folgt bestimmt.



27. August 2000 21:52

Wunderbar!!!

Eine wahre Geschichte?

Grüßli Inge