Hallo,
durch Mellis posting über den Kangal wurde ich grade extrem an einen Hund erinnert, dessen Geschichte ich hier erzählen möchte.
Es ist einige Jahre her, da bekam ich einen Anruf. Eine Hundebesitzerin , die zwei Straßen weit von mir entfernt wohnte, hätte eine schwere Fußverletzung und suche für 3 - 4 Wochen jemand, der ihren Schäferhund 2x täglich ausführt.
Nun gut, ich konnte das Geld gut brauchen und machte mich auf den Weg. Als ich in die wohnung kam, wurde mir fast schlecht. Ich bin nicht pingelig, aber das ganze war doch recht heftig. Am schlimmsten aber war der Hund dran.
Ein einjähriger Altdeutscher Schäferhund, angekettet im Flur. Die Besitzerin ließ ihn frei und er sprang wie ein Bekloppter über Tisch und Sessel. War gar nicht zu bändigen.
Sie erzählte mir dann auch gleich, daß er krank sei (eine Gelenkkrankheit, ähnlich HD) Daher dürfe er auch nicht die Bewegung haben, die er eigentlich brauche. Es sei nicht abzusehen, ob es sich bessern würde. Und er wäre nur an der Kette, damit er nicht rumflippe also zu seinem Schutz (!).
Sie betonte auch gleich im ersten Gespräch, daß falls es schlimmer werden würde und Panja tatsächlich Schmerzen hätte, sie ihn sofort erlösen lassen würde (die einzige Alternative war eine unbezahlbare OP, bei der auch der Erfolg zweifelhaft war).
Nun gut, ich lief das erste Mal mit Panja und war nachher ziemlich fertig. Er war ein wilder Bursche voller Power, was ja auch nicht verwunderlich war.
Beim nächsten Mal lief ich mit ihm zu mir nachhause und holte meine Hündin ab. Zuerst gab es Riesentheater. ER benahm sich als wolle er sie schlachten, auch als wir schon ein ganzes Stück gelaufen waren. Dann hatte ich die Schnauze voll und ließ ihn einfach mal los. Und siehe da, er himmelte sie an.
Das war sowieso der Punkt: Panja adoptierte uns quasi. Fellow und ich, das war seine Welt. Für uns hätte er schon am zweiten Tag seine "Familie"verlassen. Und er lebte wohl nur noch für die zwei Male am Tag, die ich ihn abholte.
Die ersten Male war es richtig schön, er freute sich des Lebens, sprang durchs den nahen kleinen Park u. schwamm wahrscheinlich das erste Mal in seinem Leben.
Leider zeigte sich schon nach 2 wochen regelmäßigen Laufen das es ihm deutlich schlechter ging. Er fing schon nach kurzer Zeit an deutlich zu lahmen.
Ich lief dann einige Tage allein mit ihm, immer nur kurz, setzte mich dann auf eine Bank und schmuste einfach nur mit ihm. Ich wünschte mir so sehr irgendwas für ihn tun zu können.
Dann, die abgesprochene Zeit, in der ich mit ihm laufen sollte, war noch nicht vorbei, ging ich eines Abends mit ihm in den Park. Nachdem wir ca. 10 Min. gelaufen waren ging nix mehr. Er hatte ganz eindeutig Schmerzen, schrie einmal sogar auf.
Ich schmuste noch einmal ausführlich mit ihm und ging dann zurück. Entschlossen mit seiner Besitzerin zu reden, anzubieten, den letzten Gang mit ihm zu gehen.
Nur ihre (erwachsene) tochter war da. Sie versprach mir ihrer Mutter das so weiterzugeben und mir Bescheid zu sagen bzw. den Hund schnell erlösen zu lassen.
Panja schrie mir regelrecht nach, er konnte wohl nicht fassen, daß wir nur so kurz rausgingen.
In den nächsten Wochen hörte ich ihn immer wieder anschlagen, wenn Fellow und ich dort langgingen. Es brach mir fast das Herz. Aber ich wußte auch, daß vernünftiges Reden nicht möglich war mit diesen Leuten.
Ich alarmierte dann den Tierschutz (den Verein für den ich jetzt auch arbeite) und unsere Leiterin fuhr hin, redete ne ganze Weile und sagte der Besitzerin noch einmal, daß wir bereit wären, mit Panja zum Arzt zu fahren.
Zunächst erklärte sie sich bereit, wollte noch mal mit ihrer Tochter reden, als unsere Chefin dann nachfragen wollte, wurde einfach aufgeknallt.
Aber ich hörte ja, daß Panja immer noch lebte und sicherlich litt. Also blieb nur die Möglichkeit, das Vet-amt zu alarmieren. Als die dann dort klingelten, war man empört. Panja war einen Tag vorher endlich erlöst worden. Wochen nachdem er diese unerträglichen Schmerzen hatte.
Ich habe mich so oft gefragt, ob ich mehr hätte tun können. Ich wünschte ich hätte ihn einfach am letzten Tag nicht zurück gebracht. Es tut immer noch weh an ihn zu denken. An seine unendliche Liebe zu mir und Fellow. An sein elendes Leben bei diesen Menschen.
Etliche Wochen später hielt die Besitzerin mich auf der Straße an, pöbelte rum. Wie ich das hätte tun können, Panja hätte mich so geliebt. Ich versuchte ruhig zu bleiben und sagte nur: Grade weil ich ihn auch geliebt habe.
Ich hätte ihr gern deutlich gesagt, daß sie nix für seine Krankheit konnte, aber ihn viel zu lange unnötig gequält hatte. Aber das brachte ich nicht fertig, ich hätte wahrscheinlich nur geheult. Und ich wußte tief im Inneren, daß diese Frau auch sehr wohl wußte was sie getan hatte.
Jedes Mal wenn ich in dem kleinen Wald bin, in dem wir so oft waren (im normalen Park waren wir anfangs nicht, weil er bei jedem Hund ein Riesengetöse machte) hab ich das Gefühl, daß Panja bei mir ist.
Es tut furchtbar weh wenn man weiß, daß ein Hund nur so ein kurzes Leben hatte und so wenig davon genießen durfte. Die drei Wochen mit uns waren wohl wirklich der Höhepunkt für ihn. Und ich hoffe dort oben hinter der Brücke darf er wieder Fellow anhimmeln und wartet mit ihr zusammen auf mich.
Mit Tränen in den Augen nach all den Jahren
Wilma