Dobermann aus Tierheim
03. Juli 2001 19:41

Hallo,

derzeit klappern wir die Tierheim ab, da wir ja doch nicht so recht ganz ohne Hund auskommen können und spätestens nach unserem Sommerurlaub werden wir wohl ernst machen. Nun haben wir im Tierheim einen einjährigen Dobermann-Rüden gesehen, vielmehr er sah meinen Mann. Jedesmal, wenn er am Zwinger vorbeiging, wuffte er ihn an, als ob er auf sich aufmerksam machen wollte. Letztendlich sind wir dann mit ihm eine Stunde spazieren gegangen. Sein Verhalten anderen Hunden gegenüber war an der Leine bellend und stark ziehend, jedoch nach unserer Ansicht nicht aggressiv. Er hat kaum Erziehung bisher genossen, da sich die Vorbesitzer nicht um ihn gekümmert haben und er stunden- bis tagelang alleine war. Aufgrund seiner Belltiraden wurde er nach Beschwerden der Nachbarn eingezogen. Der Hund selbst machte auf uns einen sehr lieben und für einen Dobermann sogar sehr zutraulichen Eindruck. Er ließ sich anstandslos und fast mit Genuß kraulen. Es gelang uns auch immer wieder für kurze Momente, seine Aufmerksamkeit zu erhalten. Zum Ende des Spaziergangs entfernte sich einer von uns immer mal wieder etwas und er schaute aufmerksam, wo derjenige blieb.

Uns ist klar, daß dieser Hund noch keine großartige Erziehung genossen hat. Ob er für wenigstens vier Stunden alleine bleiben kann, wissen wir auch nicht. Kinderfreundlichkeit muß erst noch getestet werden, da unser Sohn beim ersten Mal nicht dabei war. Er zieht wie irre an der Leine, was auch am Bewegungsmangel liegen kann, wer weiß das schon.

Wer hat Erfahrungen mit Dobermännern aus Tierheimen gemacht? Kann man einen Hund, der solche Schockerfahrungen mit dem Alleinsein hat, wieder human daran gewöhnen?

Was habt Ihr für Erfahrungen damit gemacht.

Ich danke Euch schon mal im voraus!

Liebe Grüße


Micky



03. Juli 2001 20:52

Hallo,

bei uns auf dem Platz sind immer wieder Dobermänner aus dem Tierheim. Manche sind schwierig, manche völlig unkompliziert, je nach Vorgeschichte und vor allem je nachdem wie konsequent die neuen Besitzer sind. Auf jeden Fall sind sie durchschnittlich nicht schwieriger oder einfacher als Dobermänner, die direkt vom Züchter kommen.

Unser Chaque ist wohl ein positives Beispiel: Er stammte aus dem Hundehandel, wurde als Welpe an der Grenze beschlagnahmt, wurde dann an einen jungen Mann vermittelt, der ihn aber nach ca. 1 Jahr wieder abgab. Anschließend kam er in eine Großfamilie mit 4 Kindern. Man kommt prima miteinander aus. Das einzige wirkliche Problem ist sein enormer Jagdtrieb. Insgesamt ist er ein ängstlicher Hund, aber alles andere als aggressiv.

Viele Grüße

K. Keck

03. Juli 2001 20:58

Hallo Micky,

na das klingt doch schon mal ganz gut.
Was das aufgedrehtsein betrifft, das hat wirklich fast jeder Tierheimhund. Arno war die ersten Wochen auch wie aufgeputscht (halbes Jahr Tierheim).
MIr tat so einige Male der Arm weh, besonders nach Radtouren (die linke weil ich damit krampfhaft gegensteuerte *g*)
Und auch er wurde abgegeben, weil er nicht allein bleiben konnte. Angeblich jaulte er und im Garten ist er abgehauen. Ich habe dagegen null Probleme mit bellen oder jaulen bei ihm. Im Gegenteil, ich habe selten einen Hund erlebt, der so wenig bellt.
Ich halte das auch nicht für rassespezifisch (Arno ist ja kein Dobi). Mit etwas Geduld würde der Dobi bestimmt lernen allein zu bleiben. Bei einem Fundhund wäre das erfahrungsgemäß schwieriger. Wichtiger dürfte sein, wie er auf Euer Kind reagiert.
Und letzlich insgesamt dürfte ein Dobermann um einiges leichtführiger sein als ein Hovawart. Wobei Ihr sicher wißt, daß diese Rasse sehr sensibel ist.
Ich hoffe für Euch und den Dobi (der ja derzeit sehr schlechte Vermittlungschancen hat), daß es klappt.
Viele Grüße
Wilma u. Arno

04. Juli 2001 13:13

Hallo Micky,


es ist natuerlich unmoeglich eine fuer alle Hunde der Rasse Dobermann geltende Antwort zu geben. Aber - generell und ganz allgemein: ein Dobermann braucht sehr viel Bewegung, um daheim ruhig und ausgeglichen zu sein. Er liebt lange Spaziergaenge (am besten auch am Rad) und muss auch ein wenig "arbeiten" koennen, damit meine ich - sein Kopf braucht Auslastung. Es handelt sich meistens um sehr intelligente Hunde.
Warum sind so viel Dobermaenner im Tierheim? Nicht alleine wegen der derzeit herrschenden Vorurteile, sondern auch, weil diese Tiere einerseits sehr sensibel sind und zugleich eine sehr konsequente Erziehung brauchen. Sie muessen unbedingt ihren Rag in der Rudelordnung kennen. Sie binden sich sehr fest an ihre Bezugspersonen und koennen daher unter Umstaenden Probleme mit dem alleine sein haben.
Bei dem Tierheim, wo ich derzeit aushelfe, sind sechs Dobermaenner und nur ein einziger Ruede haelt es aus fuer ein, zwei Stunden alleine zu sein.
Du holst dir mit einem jungen Rueden ein Powerpaket ins Haus, dass gefordert sein moechte. Keinen Hund der "nur so nebenbei" gehalten werden kann. Dann macht er Probleme.

Ich schreibe das alles, nicht um Dich davon abzuhalten, sondern einfach, damit Du dir das gut ueberlegst.

Liebe Gruesse,
Michaela

04. Juli 2001 18:13

Hallo Michaela,

danke für Deine Antwort. Natürlich hast du recht mit dem Bewegungsbedürfnis. Ich habe jedoch eine ungefähre Vorstellung davon, was da auf uns zukommt, da ich vor Jahren einen vierjährigen Hovawart-Rüden übernommen hatte, der das Wort Bewegung erfunden haben dürfte. Ferner ist uns klar, daß dieser Hund Beschäftigung benötigt, aber hier in Berlin gibt es auf jeden Fall mehrere Hundeplätze, auf denen man das Nötige an Aufgabenstellungen finden kann, wozu wir gerne bereit sind.

Aufgrund des Schichtdienstes meines Mannes ist er auch nur jede zweite Woche für vier Stunden alleine.

Bevor wir uns weitere Gedanken darüber machen können, brauchen wir erst einmal die Zustimmung unseres Vermieters. Wir sind gespannt.

Liebe Grüße

Micky


04. Juli 2001 18:42

Hallo Wilma,

heute waren wir wieder beim Dobi (er hat noch nicht einmal einen Namen). Heute war auch unser Sohn bei und wir konnten feststellen, daß er absolut kinderlieb ist. Er hat sich ihm gegenüber nicht anders verhalten als bei uns. Auch das Verhalten gegenüber anderen Tieren empfinde ich bisher als gut. Ein Pony (allerdings hinterm Zaun) hat er nach anfänglichem Schnuppern sogar zum Spielen aufgefordert (hatte wohl die richtige Größe). Auch die Begegnung mit einem Husky-Rüden verlief soweit positiv. Er zeigte zwar leichtes Dominanzverhalten, jedoch keine Aggression. Wir sind also recht angetan von dem "kleinen" Kerl, der noch reichlich verspielt und albern sein kann. Geschmust haben wir aber auch schon (er hat sich auf den Rücken gelegt und sich den Bauch kraulen lassen, wenn das nichts ist).

Nun muß nur noch der Vermieter grünes Licht geben, wir sind gespannt.

Bis bald

Liebe Grüße

von der noch hundelosen Micky