Hallo Monika,
: Danke für die schnelle Antwort. Ich bin nicht sicher, ob
:ich das richtig verstanden habe.
*grins* Bin mir auch nicht sicher, ob ich’s richtig erklärt habe... Hoffe, es kommt jetzt richtig rüber (unter Zeitdruck beim Schreiben stehe ich eigentlich immer).
: Machen die DSHs Platz weil sie sonst davonlaufen oder
: nochmals beissen würden? Oder wie sehen solche
:Übersprungshandlungen aus im Unterschied zu den Malis?
Haben sie Angst vor der Reaktion des Führers?
Ins Platz gehen sie, weil sie das so gelernt haben. Aber die Frage ist, warum man es ihnen so beigebracht hat, das hat ja immer einen Grund. Wenn ein Hund abläßt, dann will er eigentlich gleich wieder anbeißen. Der Hund, der sich wohlfühlt in seiner Haut und der richtig ausgebilet wurde, der „treibt“ seine „Beute“, sprich den Hetzarm und somit den Helfer. Im Optimalfall verbellt er überzeugend und drangvoll, versucht über den Helfer (= gleichstarker Sparringspartner im Kampf um die Beute) zu dominieren. Dazu muß er aber innerlich „loslassen“ können, um dann, wenn die Situation es gebietet, blitzschnell wieder zuzufassen. Er muß also innerlich herunterschalten können, obwohl er hoch im Trieb steht, um dann wieder blitzschnell situationsbedingt raufschalten zu können. Dieser Mechanismus funktioniert aber nur, wenn der Hund sich dabei immer in seiner Haut wohl fühlt. Der Hund, der in seiner Nerventätigkeit nicht herunterschlten kann, wenn er hoch im Trieb steht, tut sich schwer, sich vor dem Helfer zu beherrschen. Er ist wie ein Wasserkesselchen auf der heißen Platte, welches fest zu ist und keinen Dampf ablassen kann. In den Arm darf er nicht, dort im Anbiß würde er sich jetzt wohlfühlen, aber er hat gelernt, abzulassen. Da er sich nicht wohl fühlt in seiner Haut, hat er einen Konflikt und dadurch kann es zu den dämlichsten Übersprungshandlungen kommen, vom Umkreisen des Helfers, Drehungen um die eigene Achse des Hundes, Knaffen in den Schutzarm (allerdings wenig überzeugend, da im Konflikt) oder den Schutzanzug des Helfers, starkes Orientieren oder gar Zurücklaufen zum Hundeführer usw. Der Hund meidet, was in diesem Fall heißt, daß er sich nicht wohlfühlt. Er meidet also nicht den Helfer, den Ärmel oder den Hundeführer, sondern die Situation, mit welcher er nicht fertig wird. Hier kann es auch zu einem „Versagen“ des Hundes kommen, indem er aus so einer Situation heraus nicht in der Lage ist, einen Angriff des Helfers überzeugend zu vereiteln. Das alles würde mich dazu veranlassen, so einen Hund (der ja durchaus andere Qualitäten haben kann) nach dem Aus ins Platz zu nehmen. Vielen Übersprungshandlungen wird hier schon der Zahn gezogen, einige können trotzdem noch auftreten (Orientierung zum Hundeführer, Schnüffeln am Graß oder den Hosenbeinen des Helfers usw.). Auch ein Nichtablassen oder Wieder-in-den-Arm-gehen kann eine auf Meiden basierende Übersprungshandlung sein, „Nicht Ablassen ist auch eine Schwäche“.
Das ist jetzt, mal ganz grob erklärt, eine Ursache dafür, warum heute so viele DSHs nach dem Aus ins Platz genommen werden, obwohl der Traum eines jeden Hundeführers ja immer der drangvoll und energisch verbellende Hund ist. Natürlich kann das Platz nach dem Aus auch lediglich ausbildungstechnisch bedingt sein, um den Hund den Konflikt zu nehmen, zu nahe am Ärmel zu sein, er beherrscht sich dann besser. Die meisten Hunde werden aber nur eine gewisse Zeit nach dem Aus ins Platz genommen, später sitzen sie wieder und/oder verbellen. Diese Hunde zeigen aber auch aus dem Liegen heraus ein gutes Bannen.
Diese Einschränkung in der Beweglichkeit der Nerventätigkeit ist für mich heute das größte Manko, welches der DSH dem Malinois gegenüber hat. Der Mali schaltet nervlich hoch und runter so wie er es gerade braucht. Damit rettet er sich auch oft über Situationen hinweg, in denen er meidet. Der DSH bleibt nach dem Meiden oft lange „in einem Loch“, ist nicht frei, der Mali meidet und geht anschließend zur Tagesordnung über.
: Und überhaupt, wieso und wen/was meiden die Hunde? Hat man ihnen das Auslassen mit Gewalt beigebracht aber sie möchten den Ärmel trotzdem? Sind sie in einem Konflikt?
S.o. Sie meiden meistens eine Situation. „Meiden“ bedeutet in diesem Fall „sich nicht wohl fühlen“ (wenn gleich mein Chef reinkommt und ich sitze hier am Computer, dann meide ich auch, obwohl ich erst mal einfach weiterschreibe, vielleicht merkt er ja nix; richtig konzentrieren kann ich mich dabei aber nicht mehr...) „Konflikt“ ist hier schon das richtige Wort, wobei ein Konflikt an und für sich gesehen nix Schlechtes ist; bei der Ausbildung brauchst Du Konflikte, um den Lerneffekt zu steigern, und für die Persönlichkeitsbildung sind Konflikte enorm wichtig. In der Ausbildung provozierst Du ja in allen Bereichen Übersprungshandlungen, damit de rHund lernt, mit Konflikten umzugehen. Schlecht sind nur für den Hund unlösbare Konflikte (die aber leider und oftmals nur am Hundeführer liegen). Der Konflikt „Ablassen, obwohl ich im Ärmel bleiben will“ ist für den Hund ja nicht unlösbar, er lernt, mit seinem Verhalten den Helfer dazu zu bringen, sich wieder zu bewegen (so realisiert das zumindest der Hund). Ein Konflikt ist das schon, aber, wenn der Hund nerventätig entsprechend ausgerütet wurde, ein lösbarer. Ein Hund, der nervlich unbeweglicher ist, tut sich mit so einem Konflikt schon schwerer.
Ein vernünftig ausgebildeter Hund bekommt das Ablassen nicht mit Gewalt beigebracht, er meidet weder Helfer noch Hundeführer. Ein sehr gut veranlagter Hund wird mit den Konflikten, die ihm der Schutzdienst bringt, sehr gut fertig werden. Bei allem ist es aber nicht verkehrt, wenn man die Nerventätigkeit und Belastbarkeit der einzelnen Rassen und auch Linien gut kennt. Weniger die Triebveranlagung als die Nerventätigkeit ist es, welche die Rassen so stark unterscheidet.
Viele Grüße
Antje