Hallo Nora,
: Vor etwa 12 Jahren begann ich mich für den DSH zu
: interessieren, doch nachdem ich selber von einem gebissen
: wurde (auch so ein Zwingerhund), bin ich den DSH leid
: gewesen. Dazu kam dann noch, dass meine Hündin auch noch
: angefallen wurde.
Wenn ich so denken würde, dann würde ich Golden Retriever und auch Cocker nicht mehr mit der Beißzange anfassen. Alleine EINER meiner Hunde wurde im Alter zwischen 3 und 9 Monaten DREIMAL von Golden Retrievern bzw. einem Golden Retriever-Mix angefallen, völlig ungerechtfertigt und undimensioniert. ABER ich führe das eher auf die Tatsache zurück, daß die Besitzer unfähig waren einen Hund entsprechend zu prägen und aufzuziehen als auf die Rasse, die sie zufälligerweise halten (in diesem Fall zufälligerweise die gleiche Rasse).
: Theoretisch mag es vielleicht noch stimmen, dass der
: Schäferhund, nach deinen Worten " So vielseitig wie diese
: Rasse ist keine andere!" ist, aber in der Praxis sieht es wohl
: nicht mehr so aus. Nehmen wir wieder die Blindenhunde *g*.
: Dort werden doch mittlerweile Pudel und auch Retriever (mit
: diesem Thema habe ich mich auch beschäftigt) eingesetzt als
: DSH.
Jep, kenne mich da auch ein bisschen aus. Von zwei Führhundschulen liegen uns permanent Anfragen nach geeigneten DSH vor, eine von denen bildet übrigens auch Pudel aus (Königspudel sind tolle Hunde...). Im Ausland gibt es viele Führhundshculen, die weiterhin ausschließlich mit DSHs arbeiten, und der Golden Retriever ist hier bei uns als Blindenführhund bereits wieder auf dem absteigenden Ast. Ich denke auch mal, daß viele Rassen die für diese Arbeit notwendigen Veranlagungen haben, welche Rasse jemand dann aber letzendlich wählt hängt von vielen Begleitumständen ab. Jemand, der nicht gerne läuft, wird sich als Führhund eine Rasse wählen, die im Schnitt etwas weniger bewegungsfreudig ist als andere Rassen. Jemand, der täglich 20 km Joggen geht (auch Blinde tun das!) wird mit einer etwas bequemeren Rasse nicht zufrieden sein. Beim Führhund ist es ja so, daß sich Unzufriedenheit des Hundes qualitativ auf seine Arbeti auswirkt, und auf die ist der Mensch angewiesen. Hier wählen die Leute "ihre" Rasse einfach mit mehr Bedacht, weil ihre Lebensqualität davon abhängt. Wird ein Haushund angeschafft wird oftmals nicht so sorgfältig abgestimmt, was welche Rasse braucht und ob man ihr gerecht wird.
: Auch bei Polizei, Rettungshunden etc. Woran liegt es denn nun?
Bei der Polizei hat sich das Rassenspektrum stark eingeschränkt. Während früher auch Airedale Terrier, Rottweiler, Dobermänner und sogar Hovawarte geführt wurden, siehst Du heute fast nur noch DSH und Mali. Und warum der Mali häufiger angekauft wird hatte ich ja schon beschrieben. Es ist nicht nur der Ankauf, sondern auch die um einige Monate längere Dienstzeit des Malis, der ihn kostengünstiger macht (zumindest die Exemplare ohne Ahnentafel). Ich glaube, in NS haben sie errechnet, daß der Mali ca. 10 Monate länger seinen Dienst tut. Rechne das um auf die Anzahl der Hunde, die regelmäßig pro Jahr neu angekauft werden muß (weiß ich nicht, vielleicht irgendwas zwischen 20 und 40), und da kommen da eine ganze Menge Dienstmonate heraus, die eingespart werden. Ein wichtiger Faktor bei chronisch leeren öffentlichen Kassen, weniger wichtig für den einzelnen Hundeführer, der ein paar Monate mehr oder weniger in der Dienstzeit seines eigenen Hundes gar nicht so registriert.
: Vor 100 Jahren gab es wohl noch nicht so viele Rassen,
: deswegen war der DSH wohl auch DER Hund schlechthin,
: trotzdem laufen ihm doch immer mehr Rassen den Rang ab,
: oder?
*lach* Vor 100 Jahren gab es DEN Deutschen Schäferhund noch gar nicht! Da war das ein zusammengewürfelter Haufen von steh- und schlappohrigen Hütehundschlägen, hier und da ein Mali mit dabei, und die ganze Mischpoke war hauptsächlich wolfsgrau und weiß..... Und daß sich die Rassevielfalt wandelt ist ja auch kein Nachteil, oder? Was hat man denn früher als Haushund gehalten? Dackel, Pudel, Spitz, Foxel! Und heute mußt Du ja schon vorsichtig sein, wenn Du glaubst, eine gut gelunge Mischung zu treffen, denn warscheinlich ist es ein waschechter Südchinesischer Hühnerwürger mit ellenlanger Ahnentafel, den man da trifft. Natürlich vollzieht sich das Gleiche auch im "Arbeitsbereich", denn schließlich will ja auch der Südchinesische Hühnerwürger, sofern er hier Liebhaber findet, irgendwie beschäftigt werden. Und wenn er sich als Rettungshund eignent, warum denn nicht...?
: Als Sporthund mag der DSH zwar noch gefragt sein, doch nach
: meiner Meinung nach wird der DSH im "wirklichen" Leben bald
: nicht mehr viel zu sagen haben wird.
Ja und? Ist doch völlig zu begrüßen!!! Es gibt hunderte von Rassen, die geeigneter sind als der DSH, unterbeschäftigt ein Leben auf dem Sofa zu fristen. Der DSH ist eine Arbeitsrasse und als diese sollte er gehalten werden! Probleme entstehen immer dort, wo den Bedürfnissen der Rasse nicht nachgekommen wird! Natürlich bekommt es auch anderen Rassen nicht, wenn sie auf dem Sofa vergammeln, aber bei einem Workoholic artet es mit Sicherheit in einer Katastrophe aus. Meienr Meinung nach wäre es nur ein Vorteil, wenn die Rasse weniger häufig gehalten wird!
: Ich glaube auch, dass du da etwas voreingenommen bist. Das
: ist jetzt wirklich nicht böse gemeint, aber welcher Hundehalter
: schwärmt nicht für seine Rasse und verteidigt auch diese.
Da verkennst Du mein Ansinnen etwas. Ich möchte lediglich, daß man relativiert. Es gibt nun mal viele DSHs, sehr viel sogar, und dann ist es völlig logisch, daß man auch häufiger auf ein Exemplar trifft, welches krank ist oder sich daneben benimmt. Für mich ist der DSH nicht DIE Rasse schlechthin, er hat, wie jede andere Rasse auch, nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile, udn auch im Verband und in der Zucht ist nicht alles Gold was glänzt. Der DSH ist eine Rase, die sehr sehr große Anforderungen an seine Halter stellt, er ist kein "Allerweltshund" und kann bei falscher Zuchtselektion und/oder falscher Haltung/Prägung viele Probleme bereiten. Das trifft eigentlich so auf jede Rasse zu, nur die Bedürfnisse anderer Rassen sind von "Otto Normalverbraucher" oftmals einfacher zu erfüllen. Für mich ist der DSH ein Spezialist, der auch so gezüchtet, gehalten, ausgebildet und beschäftigt werden muß.
Viele Grüße
Antje