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Herdenschutzhunde-Information

geschrieben von Hundefreund(YCH) 
Herdenschutzhunde-Information
24. November 2002 18:50

An Alle, die sich mit dem Gedanken beschäftigen einen Herdenschutzhund zu sich ins Haus oder Wohnung zu holen, sollen die unten stehende Informationen dazu dienen, sich vorher eine Vorstellung zu machen was Herdenschutzhunde für rassetypische Eigenschaften besitzen.

Der Kangal, ebenso wie der etwas schlankere und längerhaarige "Bruder", der Akbash, gehören zu den Herdenschutzhunden. Unter anderem gehören auch die russischen Owtscharka-Rassen, der Komondor, der Kuvasz, und einige polnische sowie slowenische Rassen zu ihnen.Diese Rassen wurden über mehrere Jahrtausende dazu gezüchtet, dass sie völlig auf sich gestellt bei den grossen Schaf- und liegenherden zurück blieben, um diese ab Einbruch der Dunkelheit gegen Bären oder Wölfe auf Futtersuche zu verteidigen. Um diese Aufgabe zu erfüllen, bedarf es eines mutigen Hundes, der nicht die Nerven verliert, der nicht bei der kleinsten Bewegung lauthals ohne Ende kläfft und womöglich allem Fremden hinterher jagt und dabei nach der halben Nacht am Ende seiner Kräfte ist und keinen Schutz mehr für seine ihm anvertrauten Tiere darstellt.
Herdenschutzhunde sind sehr selbstständige Hunde - Hunde, die sich mit dem empfangen und sofortigen Ausführen von Befehlen schwer tun.
Diese Hunde hatten immer wenig Kontakt zu Menschen, waren es also gewohnt, eigenständig zu entscheiden, zu beurteilen, abzuwägen und zu
handeln. Das heisst nicht, dass diese Hunde nicht gehorchen. Sie müssen aber aus der Sicht ihrer Halter so akzeptiert werden, wie sie nun
einmal sind. Und dazu gehört kein Gehorsam a la Schutzhund.
Ein Herdenschutzhund ist kein aggressiver Beisser, er ist ein auf den ersten Blick leicht träge erscheinender Hund, den man für etwas
tumpig hält. Die Hunde liegen gerne erhöht auf ihrem Grundstück, betrachten die gesamte Umgebung, registrieren kleinste Veränderungen
und - bleiben weiter ruhig liegen. Sollten sie aber der Meinung sein, ihrem Rudel (in diesem Fall ihren Menschen) oder ihrem Territorium nähert sich etwas Bedrohliches, Unbekanntes, dann sind sie blitzschnell da, bereit zu verteidigen, einzugreifen. Der Kangal beisst nicht wild um sich, macht aber jedem Eindringling klar: Bis hierher und nicht weiter......
Ich möchte Ihnen als potentiellen Hundehaltern wirklich keine Angst machen, indem meine Beschreibung zu drastisch klingt, aber Halter,
die diese Hunde bei sich aufnehmen wollen, müssen einfach wissen, dass es sich nicht um ein Wollknäuel für die Kinder zum spielen
handelt und auch nicht um einen Ball apportierenden Hund. Die Herdenschutzhunde müssen in ihrer manchmal etwas unnahbar
erscheinenden Art und ihrem kaum vorhandenen Spieltrieb von ihren Haltern respektiert und akzeptiert und auch geliebt werden.
Eigenheiten, die über Jahrtausende herausgezüchtet wurden , kann kein
unzufriedener Besitzer abgewöhnen oder ab-erziehen. Generell stellt sich wie bei so vielen anderen Hunderassen natürlich auch hier die Frage: Was
haben diese Rassen eigentlich in einem so überbesiedelten Land wie Deutschland verloren? Aber diese Frage stellt sich bei allen
Schlittenhunden, bei den meisten Meutehunden, bei vielen Jagdhunden, bei vielen Rassen, die früher zu Kämpfen mit anderen Tieren verwendet
wurden usw. Es ist letztendlich wie mit Reisen, Autos o.ä. Die Menschen möchten eben gerne etwas Ausgefallenes besitzen, etwas, dass der Nachbar
nicht vorweisen kann. Ich möchte noch einmal kurz die Ansprüche
dieser (und anderer Herdenschutzhund-Rassen ebenso) formulieren:

Sie sollten einen solchen Hund nicht übernehmen wollen, um sich mit einem grossen Hund einer unbekannten Rasse zu schmücken. Sie sollten
vielmehr geprägt sein von Respekt und Bewunderung gegenüber genständigen Hunden.
Eine Schutzhundausbildung sollte den neuen Haltern völlig fern liegen. Diese Hunde sind mit genügend natürlichem Schutztrieb
ausgestattet, den man nicht durch anstacheln noch erhöhen sollte.
Es wäre schön, wenn die zukünftigen Halter ein Grundstück besitzen würden, nicht gerade in der Stadtmitte. Man sollte vom neuen
Familienmitglied nicht erwarten, dass es Ballspiele oder mit den Kindern wilde Jagden macht.
Diese Hunde ruhen in sich selbst, was aber auch nicht heisst, dass man sie den ganzen Tag im Garten "vergessen" kann. Diese Rasse darf
keinesfalls in einen Zwinger abgeschoben werden. Freiheitsliebend wie sie sind, würden sie darin zugrunde gehen. Sie brauchen (wie
jeder Hund) ausgedehnte Spaziergänge, damit sie sich nicht zu Tode langweilen und dadurch Verhaltensauffälligkeiten (wie jeder Hund)
entwickeln.
Die neuen Halter sollten keine unerfahrenen Hundehalter sein. Sie sollten in der Lage sein, einem Hund ohne Gewalt und mit Geduld zu
zeigen, was von ihm erwartet wird. Die Rangordnung sollte geregelt werden können, kleinste Signale, die auf Verschiebungen hindeuten, sollten erkannt werden. Sie sollten dem neuen Hund Zeit lassen, sich einzuleben und ihn nicht bedrängen, bis dieser von alleine zu verstehen gibt, dass er sich langsam zum Rudel dazugehörig fühlt. Diese Punkte, die ich hier extra erwähne, treffen auch auf jeden anderen Hund zu, nur ist es ein Unterschied, ob ein Pudel oder ein Hund dieser Grösse falsch
behandelt werden und u.U. dann reagieren.

24. November 2002 19:40

Hallo Hundefreund,

ich finde deinen Beitrag gut und wichtig.
Hinzufügen kann ich noch einen Buchtipp "Die alten Hirtenhunde. Verstehen. Erziehen. Mit ihnen leben." von Gudrun Beckmann.
Sehr gutes Buch, wodurch wir uns die Sache mit einem HSH auch nochmal überlegt haben. Fürs erste ;-)

Viele Grüsse
Christine und Silas

25. November 2002 14:18

Hallo,

super Vortrag kann ich nur bestätigen, ich habe einmal in unserem Welpenkurs ein Kangal erlebt er ist bestimmt kein einfacher Hund.

26. November 2002 15:42

Hallo Hundefreund,

DANK für diesen Beitrag. Vielleicht trägt er dazu bei, daß der eine oder andere HSH vor einer Haltung bewahrt wird, die seinem Naturell in keiner Weise entspricht und an deren Ende oft der für solche Hunde nahezu unerträgliche Aufenthalt in einem Tierheim oder die Tötungsspritze steht!

Viele Grüße
Gaby mit Beira

04. Dezember 2002 15:17

Hallo Hundefreund,

seit nunmehr 8 Wochen sind wir stolze (und das meine ich wörtllich) Besitzer eines nunmehr 16 Monate alten Kangal-Mix - nicht ohne vorher mit Züchtern zu sprechen und alle möglichen Internetseiten zu lesen.

Am liebsten hätte ich mich nun gleich ans Telefon gehängt und bei Dir angerufen - aber das geht ja nicht - leider!!!

Nun werde ich es hier in Kurzfassung einfach mal darstellen, in der Hoffnung, daß Du es liest und mir viell. antworten kannst.

Der Hund wurde von ausländischen Mitbürgern als Welpe im Ausland geholt - genaues hierzu weiß ich nicht.
Angeblich hat er die Vorbesitzer gebissen, woraufhin er mit ca. 7 Monaten kastriert wurde. Das hatte nicht den gewünschten Erfolg und so landete er im Tierheim.
- bis hierher weiß ich alles nur vom hörensagen -

Vor 8 Wochen, also mit 14 Monaten haben wir ihn, nach einigen Probetagen, zu uns nach Hause geholt. Im häuslichen Bereich ist es glaube ich der bezauberndste Hund den man sich vorstellen kann. Unsere Gäste und Angestellten werden akzeptiert und Besuche bei Verwandten sind auch ruhig verlaufen.

Nur außer Haus haben wir ein paar kleine Problemchen: Er mag keine Kinder, keine fremden Hände, keine Hunde, überhaupt keine anderen Tiere - weshalb wir ihn nicht von der Leine lassen können. Wir haben auch den Eindruck, daß er vom Vorbesitzer mit allen zur Verfügung stehenden Dingen geschlagen wurde.

Wir haben hier also nun einen Hund der uns "liebt" - das beruht auf Gegenseitigkeit - der aber nicht ganz einfach zu handhaben ist.

Seit ca. 6 Wochen besuchen wir eine Hundeschule nach der Animal Learn Methode und wir haben den Eindruck, daß unser Hund schon etwas ruhiger und ausgeglichener ist.

Du siehst, hieraus würden sich nun unzählige Fragen ergeben, die den Rahmen dieses Forums vermutlich - zumindest zu Beginn - sprengen würden.

Meine Bitte nun an Dich!!! Wenn Du Lust und Zeit hast, gebe mir ein paar Ratschläge, die aus Deiner Sicht für die HSH-Erziehung/Haltung wichtig sind!!!

Gruß
maus


08. Dezember 2002 09:02

sorry,

ich habe deinen eintrag erst jetzt entdeckt.

ratschläge sind sehr schwierig und wären auch sehr vermessen von mir unbekannterweise dies zu tun.

ich kann nur aus eigene erfahrung sprechen/erzählen.

hsh sind eigentlich sehr stolze und selbständige hunde, die nie mit gewalt erzogen werden dürfen (gilt eigentlich auch für allen rassen). was ich erfolgreich (teilweise) empfinde, durch lob leckerlies und spiel den hund zu motivieren und ablenken. ich habe meine hunde z.b. immer wieder mit in die stadt genommen und zwar mit öffentlichen verkehrsmittel(zeitlang nur mit maulkorb), damit die hunde sich an den menschen und deren geruch und benehmen gewöhnen können.

was andere hunde betrifft hatte ich leider keine gute erfahrungen und somit musste ich immer aufpassen, daß wir keine andere hunde begegnen. bei mir war immer leinenpflicht sobald wir ev. hunde oder menschen antreffen konnten, die wir nicht kannten. in der dunkelheit war es immer brenzlig. dabei blieb es.

was kinder betrifft bin ich etwas überrascht, daß euer hund so agressiv reagiert.

was man aber bei hsh-hunden nicht vergessen darf. die hunde sind
von haus aus sehr wachsam und verteidigungs/angriffsbereit und vorsichtig, was haus hof territorium und familie betrifft. wichtig ist, den hund nur positiv motivieren und ganz auf gewalt verzichten.

noch ein hinweis von mir, bitte denke daran daß die hsh's nicht nur reagieren sondern auch selbständig agieren. d.h. der entscheidet von fall zu fall wann und wie er sich benimmt/unternimmt. die hunde sind eigentlich sehr schlau und aufmerksam und erfassen eine situation viel schneller, als die menschen es können.

wenn der hund der meinung ist, daß seine umgebung bedroht wird er sehr schnell zur stelle sein und agiert meistens selbständig. meine hunde haben nur auf mich gehört und meine umgebung haben die nur akzeptiert bzw geduldet soweit die situation dies erlaubte.

aber wehe, daß der/die hunde der meinung waren, daß unsere familie bzw haus bedroht wurde.

was die kinder betrifft, würde ich es immer wieder verversuchen den hund mit kinder zusammen zu bringen, dabei aber auf hut sein, damit der hund nicht unkontrolliert agieren kann. deswegen würde ich absolute leinenpflicht ev. auch maulkorb in unsicheren situationen als ein muss betrachten.

jede hund ist ein individum deswegen kann ich nur aus eigene erfahrung erzählen/sprechen. aber vielleicht sind die eine oder andere hinweise für dich auch umsetzbar und ev. hilfreich.

ansonnsten würde ich euch bücher empfehlen die über hsh geschrieben wurden und sich mit deren erziehung und wesen beschäftigen.

ich wünsche euch viel erfolg und geduld und dem hund wünsche ich daß er sich bei euch einleben und arrangieren kann.

hsh's sind für mich wunderbare hunde die man nur lieben kann incl. ihren macken und eigenschaften.