Hallo Daniela.
Ich selbst habe noch keinen Herdenschutzhund gehalten, das wären auch keine Hunde für mich, obwohl ich sie sehr schön finde.
Bei uns im Haus lebte eine Sozialarbeiterin mit Familie, die mit Heimkindern Ferienausflüge machte. Ein solcher Ausflug ging nach Polen und von dort brachte sie einen süßen, puscheligen weißen Welpen mit.
Snoopy war eine "sie" und ein reinrassiger Owczarek Podhalanski. Snoopy wuchs also in einer Familie mit 2 eigenen Kindern und 2 Katzen bei uns im Hause auf. Sie besuchte eine Welpenschule und einen Junghundekurs und galt als lieber, netter Hund. Sie war stur, eigensinnig und dickköpfig - aber lieb.
Mit etwa 10 Monaten wurde sie erstmals läufig und ihr Charakter änderte sich grundlegend. Sie wurde erwachsen und begann, ihre Aufgabe - das Beschützen ihres Rudels - sehr ernst zu nehmen. Ohne dass ihr das jemand gezeigt hätte.
Sie war weiterhin sehr lieb und toll zu "ihrer" Familie - aber kein Fremder (auch die anderen Bewohner des Hauses) durfte "ihrer" Wohnung und "ihren" Menschen zu nahe kommen.
Niemand durfte die Wohnung betreten, sie hat gebellt, geknurrt und auch zugebissen.
Sie beanspruchte bald ein Territorium von ca. 1 km rings um ihre Wohnung nur für sich und jeder, wirklich jeder - ob Mensch oder Tier - wurde von ihr aus diesem "Bannkreis" mit Bellen und Knurren vertrieben.
Fuhr die Besitzerin mit ihr nach Außerhalb zur Hundewiese, war Snoopy wieder friedlich.
Snoopy musste bald im Haus (wegen Bedrohung der anderen Hausbewohner im Hausflur, es war echt gefährlich) und in der Umgebung der Wohnung einen Maulkorb tragen. Sie war auch kaum an der Leine zu halten, wenigstens von Frauchen nicht.
Die Familie ist dann weggezogen, Snoopy lebt heute mit ihrer Familie auf einem großen Grundstück. Sie darf auch ins Haus, aber oft möchte sie draußen bleiben. Sie ist sehr unabhängig und eigenständig und sucht selten die Nähe ihres Rudels, möchte aber alles im Blick haben.
Das mit einem hohen Zaun gesicherte stets verschlossene Grundstück ohne Aufforderung der Besitzer zu betreten, ist ein Wagnis, dass ich nicht eingehen würde!
Wenn Besuch kommt, wird Snoopy in den hinteren Teil des Gartens gesperrt, weil sie wirklich niemand Fremden in ihrem Reich akzeptiert.
Sämtliche Hundetrainer, bei der sie mit Snoopy war sagten ihr, dass dieses Verhalten für einen Herdenschutzhund ganz normal sei, sie seien eben dafür gezüchtet worden, eigenständig und unabhängig ihr Rudel zu bewachen und das tun sie. Manche mehr, manche weniger.
Der zweite Herdenschutzhund den ich kenne ist ein Pyrenäenberghund, er wurde von der Tochter einer Nachbarin gekauft, weil er so süß aussah, wie ein Pandabär mit seinen grauen Ohren.
Sie hatte vorher schon einen Schäferhund, einen Pudel und einen Kleinen Münsterländer gehabt, aber einen solchen Hund noch nie. Der Hund wuchs im Haus und Garten auf und hielt sich bald freiwillig nur noch im Garten auf. Auch er entwickelte einen derartigen Wachtrieb, dass niemand mehr aufs Grundstück durfte. Da die Familie oft Besuch bekam und der Hund keinen Besuch akzeptierte (und dann auch zubiss), pachteten sie von einem Bauern eine 3000 qm große Wiese an, zäunten die auf 1,80 m ein, stellten eine Hütte darauf und dort lebt der Hund jetzt. Nur die Besitzerin kann das Grundstück gefahrlos betreten.
Der Hund hat schon einmal den Zaun überwunden, nachdem Leute seiner Grenze seiner Ansicht nach zu nahe gekommen waren, seitdem ist der Zaun oben drauf mit einem Weidezaun-Stromgerät gesichert.
Dann kenne ich noch die beiden Kangals der Schwester einer Vereinskollegin. Diese beiden sind hervorragend erzogen, außerhalb ihres Grundstücks sehr gehorsam aber ziemlich desinteressiert an ihrer Umgebung. Sie gehen nur ohne Leine, nur hinter "ihrem" Menschen und stören sich an nichts und niemandem, sehr beeindruckend.
Ihr Grundstück bewachen sie aber ebenfalls sehr, sehr heftig und kompromisslos - auch sie müssen weggesperrt werden, wenn Besuch kommt.
Sie haben auch schon den 1,80 m hohen Zaun überwunden und einen AmStaff zu Tode gebissen, der ihren Zaun markiert hatte. Das war vor der LHV und es wurde keine Anzeige gemacht. Dieses Grundstück würde ich ohne Aufforderung auch nicht betreten.
Auch die Kangals sind lieber draußen als drinnen, sie mögen wohl mal gestreichelt werden, aber lieber liegen sie auf ihrem Aussichtshügel im Garten und beobachten ihr Reich.
Soviel hab ich bisher von Herdenschutzhunden mitbekommen - natürlich sind das nur persönliche Erfahrungen und die sind nicht repräsentativ.
Gruß
tessa