Hallo Jörg,
: Es gibt Polizeischulen, die eigene DSH-Zuchtlinien unterhalten, und dort heißt es knallhart: "bei "Verdacht" auf HD,ED u.s.w. Zuchtverbot". Das ist konsequent.
Meines Wissen züchtet nur das Land Nordrhein-Westfalen einen kleinen Anteil ihrer Diensthunde selbst (i.d.R. mit "Privatrüden"
, das Land Niedersachsen besitzt eine Zuchthündin.
: Ein Hund, der nicht ganz den "den Farbton getroffen" hat wird nicht zur Zucht zugelassen, aber kranke Tiere - wir sollten es einmal klipp und klar aussprechen, ein Hund mit HD ist krank und ein Hund der die genetische Disposition dazu hat, verbreitet die Krankheit kann es zu hoher Zuchtwertschätzung bringen, da er einige wichtige Ausstellungen gewonnen hat.
Die Zuchtwertschätzung beläuft sich vorerst einzig und allein auf HD, es werden keinerlei andere Daten wie Schau- oder Leistungserfolge einbezogen. Das nächste Merkmal, welches in die Zuchtwertschätzung einfließen wird, ist wohl die radiologische Beurteilung der Vorhand (eine Versuchsreihe dazu wurde gerade beendet). Dann erhält aber jedes Tier zwei getrennte Werte, eines für die Hüfte und eines für die Vorhand, die auch getrennt gewertet werden.
Bisher war ein großes Problem bei der HD, daß es auch Träger dieser Krankheit gegeben hat, die selbst gute Hüften hatten. Und, wie Prof. Beuing meinte (der kein Schäferhund-Mann ist, sondern Prof. für Tierzucht an der Justus-Liebig-Universität in Gießen), beim DSH kann eine schlechtere Hüfte zum großen Teil auch von schlechteren Aufzuchtsbedingungen abhängen. Seiner Meinung nach ist solch ein Tier u.U. wichtiger und besser für die Zucht als ein optimal aufgezogenes Tier mit besserem oder gleichem Hüftstatus. Das schlägt sich auch heute in den Zuchtwerten nieder (wobei hier ein hoher Wert "schlecht" bedeutet). Es gibt viele Hunde mit einwandfreier Hüfte, die einen Zuchtwert von 100 und darüber haben (bei der Verpaarung darf der addierte Wert von Vater und Mutter geteilt durch zwei einhundert nicht überschreiten).
Man wird sehen, was die Zukunft bringt. Bei vielen anderen Rassen (und nicht nur bei den Hunden, entwickelt wurde sie ja im Bereich der Nutzviehhaltung) hat die Zuchtwertschätzung viel Gutes gebracht, nicht nur bei der HD, auch bei anderen Erbkrankheiten. Die Züchter haben jetzt jedenfalls einen Anhaltspunkt, auf erbgesündere Tiere hin selektieren zu können und auch die Welpenkäufer können die genauen Zuchtwerte der Elterntiere jederzeit abrufen. Bei einem Welpen aus einer Verpaarung der Zuchtwerte 75 und 80 wird die Warscheinlichkeit, einen HD-kranken Hund zu erwerben, deutlich niedriger sein als bei einer Verpaarung von 100 und 98 (wobei allerdings auch diese Verpaarung schon eine unterdurchschnittliche, vom Mittel der Rasse ausgehend, Erbbelastung darstellt). Trotzdem sollte eine vernünftige Aufzucht nicht aus den Augen gelassen werden, denn die Ausprägung von HD ist auch aufzuchtsbedingt.
: Letzendlich, habe ich mit den Zuchtzielen fast aller Rassezuchtvereine so meine Probleme. Es wird nur noch rein auf das Aussehen gezüchtet, seitenlange Beschreibung der Äußeren Merkmale, aber nicht ein Wort zum angestrebten Charakter oder den Hemmschwellen. Beim DSH wurde zwar die angestrebte abfallende Hinterhand als Zuchtziel definiert (so weit ich gehört habe ist man da aber wieder abgegangen, da es nicht gelungen ist dieses Merkmal erbfest zu züchten) - HD-Freiheit stand hier aber noch nie zur Debatte.
Ich denke, die meisten Züchter, vor allem im Leistungsbereich, haben bisher versucht, möglichst eine geringe HD-Belastung in ihren Linien zu haben. I.d.R. wurden Tiere mit "noch zugelassen" nur mit ganz sauberen Hüften verpaart und auch nur dann, wenn wirklich gute Leistungsveranlagungen bei den Welpen zu erwarten waren. Allerdings war es, auch bei absolut sauberen Hüften, nie ganz vorauszusagen, wie die Zuchttiere in dieser Hinsicht wirklich vererbten. Ich selbst hatte z.B. eine Hündin mit einer sehr schöner Hüfte. Aus den Verpaarungen, welche die Vorbesitzer mit ihr gemacht haben, wußte ich aber, daß ich bei der Kombination mit bestimmten Linien aufpassen mußte (man drückte das dann so aus, daß man bestimmte Linien nicht miteinander kombinieren sollte). Heute weiß ich, daß die Hündin einen Zuchtwert von über 110 hatte, also eigentlich ein starker Merkmalsträger war. Mein Glück war, daß der Rüde, mit dem ich den Wurf gezogen hatte, anschließend einen sehr niedrigen Zuchtwert erhalten hat (obwohl er selbst ein "fast normal" hatte, also selbst eine schlechter Hüfte als die Hündin). Die Auswahl der Zuchttiere lediglich anhand ihres eigenen Hüftstatus ist also auch nicht so ganz das Gelbe vom Ei.
Daß die abfallende Rückenlinie nicht "erbfest" gezüchtet werden kann ist bestimmt kein Grund, sie wieder aus dem Standart genommen wurde. Ich glaube, jeder Quatsch kann erblich gefestigt werden. Vielmehr gab und gibt es innerhalb des SV's zwei Lager, die Schau- und die Leistungszüchter. Letztere haben schon immer den Hund mit dem "Leistungsgebäude" bevorzugt, die Schauleute stattdessen den ultimativen Traber (der nun mal am "schönsten" mit Fließheck trabt), der auch möglichst groß, kräftig und imposant sein soll. Heute wird wieder der Hund in Mittelgröße angestrebt. Die stark abfallende Rückenlinie zeigt bei manchen Tieren Veränderungen im Querschnitt der Hüfte, das höhere Gewicht verursacht auch eine stärkere HD-Belastung (Rüden sind aufgrund ihres höheren Gewichtes bei allen Rassen übrigens generell stärker HD-gefährdet als Hündinnen, selbst bei gleichem genetischen Bachground und gleicher Aufzucht), Hunde mit "Schaugebäude" haben Probleme mit der Bewegungsdynamik im Leistungssport (wer will schon einen Traber bei der lange Flucht...) und somit war der Verband gezwungen zum Handeln, alleine schon wegen der Unruhe im Verein. Es wird zwar auch in naher Zukunft keine Schäferhunde geben, die aussehen wie Stammvater Hektor Linksrhein (obwohl manche Hunde aus dem Leistungssektor immer noch eher ihm ähneln als den heutigen V-Auslese-Hunden), aber ich hoffe, daß sich diese Übertypisierung wieder relativiert. Auch für den Fan der DHS's mit gerader statt mit abfallender Rückenlinie gab und gibt es immer noch Möglichkeiten, einen entsprechenden Welpen zu erwerben (der schaut dann i.d.R. aber nicht aus wie Kommissar Rex).
Wie werden sehen, was die Zukunft bringt (hoffentlich viele gesunde, wesensfeste, leistungsfähige und DUNKELGRAUE Schäferhunde).
Viele Grüße
Antje